Zahn­pfle­ge bei Kin­dern, auf was soll man ach­ten?

In­ter­view mit Dr. Hu­ber­tus van Waes

Geschwister beim Zähneputzen
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swiss­mom: Wie wird Ka­ri­es ver­ur­sacht? Wie kön­nen El­tern ver­mei­den, dass Bak­te­ri­en mit dem Spei­chel von ih­nen auf das Kind über­tra­gen wer­den?

Dr. med. dent. Hu­ber­tus van Waes: Ka­ri­es wird durch ver­schie­de­ne Bak­te­ri­en in der Mund­höh­le ver­ur­sacht. Wenn die­se Bak­te­ri­en Zu­cker aus der Nah­rung ver­dau­en kön­nen, pro­du­zie­ren sie un­ter an­de­rem Säu­ren, wel­che den Zahn auf­lö­sen und so zu ei­nem Loch füh­ren. Die An­zahl der ge­fähr­li­chen Bak­te­ri­en bei ei­nem Kind hängt nicht zu­letzt da­von ab, wie vie­le Bak­te­ri­en von der Mut­ter auf Kind über­tra­gen wer­den. Je we­ni­ger Bak­te­ri­en die Mut­ter in ih­rer Mund­höh­le hat und je we­ni­ger sie Löf­fel, Nug­gi etc. ab­schleckt und dann dem Kind in dem Mund bringt, des­to we­ni­ger Ka­ri­es gibt es beim Kind. Eine gute Mund­hy­gie­ne der Mut­ter hat so­mit nicht nur eine Vor­bild­wir­kung, son­dern hilft dem Kind auch di­rekt.

swiss­mom: Wie soll man Milch­zäh­ne pfle­gen?

Dr. med. dent. Hu­ber­tus van Waes: So­bald Zäh­ne in der Mund­höh­le er­schei­nen, wer­den sie von Bak­te­ri­en be­sie­delt. Eine Rei­ni­gung soll­te also dann ein­set­zen. Dies kann mit ei­ner Klein­kin­der­zahn­bürs­te oder not­falls mit ei­nem Tuch er­fol­gen. 

Zur Per­son

Hubertus van Waes 01

Dr. Hubertus van Waes ist Leiter des Schulzahnärztlichen Dienstes der Stadt Zürich und Leiter der Station für Kinderzahnmedizin am Zahnmedizinschen Zentrum der Universität Zürich.

swiss­mom: Soll man Koch­salz und Zahn­pas­ta mit Flu­or ver­wen­den?

Dr. med. dent. Hu­ber­tus van Waes: Un­be­dingt. Fluo­ri­de sind ein Grund­pfei­ler der Ka­ri­es­vor­beu­gung. Das Fluo­ri­de die­se Wir­kung ha­ben macht uns die Na­tur seit Jahr­tau­sen­den vor: Dort wo das Trink­was­ser mehr Fluo­ri­de ent­hält, hat­ten die Leu­te schon im­mer we­ni­ger Ka­ri­es. Auf­grund die­ser Be­ob­ach­tung ha­ben die Zahn­ärz­te das dann über­nom­men. In un­se­ren Ge­gen­den ent­hält das Trink­was­ser we­nig Fluo­rid, so­dass mit­tels Koch­salz und Zahn­pas­ta nach­ge­hol­fen wer­den soll. Al­ters­mäs­sig an­ge­pass­te Kin­der­zahn­pas­ten ent­hal­ten die op­ti­ma­le Men­ge an Fluo­ri­den. 

swiss­mom:  Bis wann sol­len El­tern die Zäh­ne ih­rer Kin­der mit­put­zen bzw. nach­put­zen?

Dr. med. dent. Hu­ber­tus van Waes: Bei al­lem gu­ten Wil­len der Kin­der sind die meis­ten bis ins Al­ter von 6-8 Jah­ren nicht im­stan­de eine ef­fek­ti­ve Rei­ni­gung durch­zu­füh­ren. Vor al­lem die hin­ters­ten und frisch durch­bre­chen­den Zäh­ne wer­den oft un­ge­nü­gend ge­rei­nigt. Dar­um sol­len die El­tern un­be­dingt nach­put­zen, vor­zugs­wei­se abends. 

swiss­mom: Wie lan­ge sol­len Zäh­ne ge­putzt wer­den?

Dr. med. dent. Hu­ber­tus van Waes: Die alt­be­kann­te Re­gel, dass man drei Mi­nu­ten put­zen soll gilt an sich auch heu­te noch. Viel wich­ti­ger als die Zeit ist aber, dass si­cher­ge­stellt wird, dass alle Zahn­flä­chen wirk­lich in­ten­siv und lü­cken­los ge­rei­nigt wer­den.

swiss­mom: Häu­fig wird falsch ge­putzt, Schrub­ben, zu viel Druck, zu har­te Bürs­ten. Wie putzt man rich­tig? 

Dr. med. dent. Hu­ber­tus van Waes: Har­te Bürs­ten sind grund­sätz­lich nicht zu emp­feh­len, weil sie eher Schä­den an Zahn­fleisch und Zäh­nen ma­chen. Wei­che Bürs­ten er­rei­chen die kri­ti­schen Stel­len zwi­schen den Zäh­nen und am Zahn­fleischrand zu­dem bes­ser. Op­ti­mal ist, wenn mit ei­ner wei­chen Bürs­te mit­tels Auf- und Ab-Be­we­gun­gen die Aus­sen- und In­nen­flä­chen ge­rei­nigt wer­den. Die Kau­flä­chen wer­den am bes­ten mit leicht krei­sen­den Be­we­gun­gen ge­rei­nigt.

swiss­mom: Wie ab­ra­siv soll eine Zahn­pas­ta sein (Wie vie­le Schmir­gel­stof­fe darf sie ent­hal­ten)? Was be­wirkt eine zu ab­ra­si­ve Zahn­pas­ta? Was be­deu­tet der RDA Wert, wel­cher auf Zahn­pas­ten an­ge­ge­ben wird?

Dr. med. dent. Hu­ber­tus van Waes: Je hö­her der RDA-Wert, des­to stär­ker die Schleif­wir­kung der Zahn­pas­ta. Bei Kin­dern spielt die­ser Fak­tor aber eine un­ter­ge­ord­ne­te Rol­le. Kin­der- und Ju­nior­zahn­pas­ten sind dies­be­züg­lich auf die Er­for­der­nis­se der Kin­der ab­ge­stimmt. Müt­ter sol­len aber für sich selbst auf ei­nen nied­ri­gen oder mitt­le­ren RDA-Wert ach­ten (am bes­ten mal im Su­per­markt die Pro­duk­te ver­glei­chen). 

swiss­mom: Um Zahn Zwi­schen­räu­me zu rei­ni­gen, ver­wen­det man Zahn­sei­de oder In­ter­den­tal­bürs­ten. Was ist bes­ser? 

Dr. med. dent. Hu­ber­tus van Waes: Bei Kin­dern kommt ei­gent­lich bei­des sel­ten zum Ein­satz, weil die An­wen­dung tech­nisch schwie­rig ist und so­gar Zahn­fleisch­ver­let­zun­gen re­sul­tie­ren kön­nen. Im Ein­zel­fall wer­den aber bei Be­darf ent­spre­chen­de Emp­feh­lun­gen durch Den­tal­hy­gie­ne-Pro­fis ab­ge­ge­ben, zu­sam­men mit ei­ner sorg­fäl­ti­gen In­struk­ti­on. 

swiss­mom: Neu gibt es Schall­zahn­bürs­ten, die für Kin­der ab vier Jah­ren ge­eig­net sind. Wie rei­ni­gen die­se Schall­zahn­bürs­ten und wie un­ter­schei­den sich die­se Schall­zahn­bürs­ten von den elek­tri­schen Zahn­bürs­ten?

Dr. med. dent. Hu­ber­tus van Waes: Schall­zahn­bürs­ten sind die wich­tigs­te Neue­rung auf dem Ge­biet der Mund­hy­gie­ne. Die Rei­ni­gungs­wir­kung ist be­son­ders gut und vor al­lem muss kei­ne spe­zi­el­le Be­we­gungs­tech­nik er­lernt wer­den. Es ge­nügt, die Bürs­ten mit we­nig Druck über alle Zahn­flä­chen zu füh­ren. Wis­sen­schaft­li­che Stu­di­en an der Uni­ver­si­tät Er­lan­gen ha­ben ge­zeigt, dass die Rei­ni­gung des­halb auch bei klei­ne­ren Kin­dern sehr gut funk­tio­niert, vor­aus­ge­setzt es wird lan­ge ge­nug ge­putzt. Ech­te Schall­zahn­bürs­ten rei­ni­gen auch bis zu ei­nem ge­wis­sen Grad zwi­schen den Zäh­nen und ver­ur­sa­chen kei­ner­lei Schä­den an Zahn­fleisch und Zäh­nen.

swiss­mom: Auf was muss beim Kauf ei­ner Schall­zahn­bürs­te ge­ach­tet wer­den? 

Dr. med. dent. Hu­ber­tus van Waes: Es soll­te eine Bürs­te ge­wählt wer­den, die ge­nü­gend stark schwingt. Dies ist für die Kon­su­men­ten schwer zu be­ur­tei­len, wes­halb ein ent­spre­chen­des Gü­te­sie­gel ge­schaf­fen wer­den soll. Im Zwei­fels­fall wie­der­um die Pro­fis fra­gen: In Zahn­arzt­pra­xen kann man sich dies­be­züg­lich kom­pe­tent be­ra­ten las­sen

swiss­mom: Gibt es Bürs­ten, die sich für Kin­der be­son­ders eig­nen? Wel­che Vor­tei­le die­ser Bürs­ten ma­chen das Zäh­ne­put­zen für Kin­der be­son­ders at­trak­tiv?

Dr. med. dent. Hu­ber­tus van Waes: Spe­zi­el­le Schall­zahn­bürs­ten für Kin­der sind noch sehr we­ni­ge auf dem Markt. Ich ken­ne per­sön­lich nur eine, die auch mei­ne ei­ge­nen Kin­der brau­chen. Die­se ist at­trak­tiv rot und hat eine kin­der­freund­li­che Grös­se und Er­schei­nung. Als be­son­de­res High­light hat sie eine Me­lo­die, wel­che an­zeigt, wann ge­nü­gend lan­ge ge­putzt wur­de. Die­se Putz­zeit ver­län­gert sich für die Kin­der un­merk­lich von Mal zu Mal, bis die op­ti­ma­le Dau­er er­reicht ist.

swiss­mom: In­ter­es­sant ist auch die Ein­füh­rung der Schall 3-Kopf Zahn­bürs­te, was für Vor­tei­le bringt die­se Bürs­te?

Dr. med. dent. Hu­ber­tus van Waes: Drei­ko­pf­büs­ten ken­nen wir seit lan­gem als Hand­zahn­bürs­ten. Der Vor­teil ist hier, dass die Bürs­te durch ihre Form op­ti­mal auf der Zahn­rei­he ge­führt wird und meh­re­re Flä­chen gleich­zei­tig putzt. Al­ler­dings hat­ten die­se Bürs­ten Schwä­chen im Zahn­zwi­schen­raum. Die­sen Nach­teil ver­mei­den die Schall­va­ri­an­ten, weil hier durch die Schwin­gun­gen der Bors­ten eine grös­se­re Flä­che er­reicht wird und die Bors­ten sehr viel häu­fi­ger über die zu rei­ni­gen­den Flä­chen be­wegt wer­den.

Letzte Aktualisierung: 24.01.2020, AS