Das Abpumpen von Muttermilch
Tipps zum Kauf (oder Mieten) der Milchpumpe, zum richtigen Abpumpen, zur Hygiene und Aufbewahrung von Brustmilch
Wenn Sie noch nie ein Baby gestillt haben, ist der Gedanke, eine Milchpumpe zu benützen, erst einmal ziemlich befremdlich. Später aber werden Sie feststellen, dass das Gerät in vielen Situationen äusserst nützlich ist. Kaufen müssen Sie im Voraus jedoch noch nichts, denn erst wenn Sie stillen, wird sich zeigen, welche Art von Pumpe für Ihre Bedürfnisse am besten geeignet ist und ob Sie besser ein Gerät mieten oder kaufen.
In welchen Situationen braucht man eine Milchpumpe?
Viele Frauen schliessen bereits auf der Wöchnerinnenstation Bekanntschaft mit der Milchpumpe, andere benötigen sie erst, wenn der Berufsalltag wieder beginnt. In folgenden Situationen leistet eine Milchpumpe gute Dienste:
Ernährung von Frühgeborenen
Babys, die vor der 37. Schwangerschaftswoche zur Welt kommen, profitieren ganz besonders von den wertvollen Inhaltsstoffen der Muttermilch. Zudem helfen die darin enthaltenen Abwehrstoffe beim Aufbau des Immunsystems. Sehr früh geborene Babys haben jedoch noch nicht die Kraft, um von der Brust zu trinken. In diesem Fall sollten Sie möglichst bald nach der Geburt damit beginnen, Muttermilch abzupumpen, damit Ihr Baby damit gefüttert werden kann und die Milchproduktion in Gang kommt. Dies gelingt jedoch nicht immer auf Anhieb. Manchen Müttern hilft es, wenn sie nach dem "Känguruhen" abpumpen, bei manchen fliesst die Milch besser, wenn sie das Baby beim Pumpen sehen können, wieder anderen reicht es, ein Foto des Babys anzuschauen.
Die Milchbildung anregen
Der beste Weg, um die Milchbildung anzuregen ist es, das Baby möglichst häufig anzulegen, also etwa alle 1,5 bis 2 Stunden. Wenn das Baby jedoch immer nur kurz trinkt und die Brust folglich nur wenig entleert, kommt die Milchproduktion nur langsam in Gang. In diesem Fall kann es sinnvoll sein, am Ende jeder Stillmahlzeit abzupumen, um die Milchbildung zu steigern. Je besser die Brust entleert wird, desto stärker wird die Milchbildung angeregt. Dies gelingt am besten, wenn Sie eine elektrische Doppelmilchpumpe verwenden.
Zu viel Milch
Falls die Muttermilch schon sehr reichlich flilesst, sollten Sie die Pumpe nur sehr gezielt einsetzen, um zu verhindern, dass die Milchbildung zusätzlich angeregt wird. In manchen Fällen kann aber Abpumpen durchaus angezeigt sein. Ist die Brust so voll, dass das Baby die Brustwarze nur sehr schwer fassen kann oder sich an der vielen Milch verschluckt, können Sie unmittelbar vor der Stillmahlzeit die Vormilch abpumpen. So gelingt das Anlegen besser und das Baby bekommt die fettreichere Hintermilch, die länger sättigt. Auf diese Weise können die Abstände zwischen den Mahlzeiten vergrössert werden, wodurch die Milchbidlung allmählich reduziert wird. Verweigert das Baby die zu volle Brust gänzlich, können Sie die Milch regelmässig abpumpen und mit dem Becher oder dem Fläschchen geben. Wenn Sie bei jedem Pumpen etwas weniger abpumpen, wird die Milchbildung schrittweise gedrosselt.
Bei einer sehr starken Überproduktion wird zuweilen das sogenannte Blockstillen durchgeführt. Diese Methode sollten Sie jedoch nur unter Anleitung einer Stillberaterin oder Hebamme anwenden, da das Risiko besteht, dass es zu einem Milchstau kommt. Beim Blockstillen wird folgendermassen vorgegangen: Zuerst werden beide Brüste mithilfe der Milchpumpe entleert und unmittelbar danach wird das Baby angelegt, damit es möglichst viel kalorienreiche Hintermilch bekommt. Anschliessend wird das Baby während drei Stunden zwar wie gewohnt nach Bedarf gestillt, jedoch stets an der gleichen Brust. Die Brust, an der das Baby nicht trinkt, wird dadurch sehr voll. Ein in der Muttermilch enthaltenes Protein, der sogenannte "Feedback Inhibitor of Lactation (FIL), signalisiert dem Körper, dass genügend Milch vorhanden ist und hemmt die Milchbildung. Lässt sich die Milchmenge dadurch noch nicht reduzieren, werden die Zeiträume, während derer das Baby nur an einer Brust trinkt, schrittweise auf vier, sechs oder acht Stunden erweitert.
Abpumpen bei Milchstau und Brustentzündung
Wenn sich die Milch staut oder es gar zu einer Brustentzündung kommt, kann die Milchpumpe eingesetzt werden, um die Brust zu leeren, nachdem das Baby getrunken hat. Erwärmen Sie die Brust vor dem Stillen / Abpumpen mit einem feucht-warmen Umschlag, um die Milchgänge zu erweitern und den Milchfluss zu fördern. So lassen sich auch Verhärtungen leichter sanft ausmassieren. Im Anschluss hilft ein Quarkumschlag, die Brust zu kühlen. Dadurch ziehen sich die Milchgänge wieder zusammen und die Schmerzen werden gelindert.
Wunde Brustwarzen
Sind die Schmerzen aufgrund wunder Brustwarzen so gross, dass das Anlegen schwierig wird, kann vorübergehendes Abpumpen mit einer elektrischen Milchpumpe Linderung verschaffen. Wichtig ist, dass sich die Pumpe so regulieren lässt, dass das Abpumpen nicht schmerzt. Angefangen wird auf der niedrigsten Stufe, dann kann die Saugstärke allmählich soweit gesteigert werden, wie es für Sie erträglich ist. Pumpen Sie nur so lange ab, wie die Milch fliesst, um die Brustwarzen nicht übermässig zu beanspruchen. Achten Sie unbedingt darauf, dass der Pumpaufsatz die richtige Grösse hat, denn wenn dieser zu gross oder zu klein ist, kann dies die Situation verschlimmern. Hygiene beim Abpumpen ist bei wunden Brustwarzen besonders wichtig, da die feinen Risse eine Entrittspforte für Bakterien sein können.
Flach- und Hohlwarzen
Bereitet das Anlegen Schwierigkeiten, können Sie die Brustwarze mithilfe einer elektrischen Milchpumpe leicht stimulieren und auf die Stillmahlzeit vorbereiten. Lassen Sie sich von der Stillberaterin zeigen, wie dies am besten geht. Auch wenn das Baby in den ersten Tagen nach der Geburt noch nicht gut trinkt, weil das Anlegen sich noch nicht eingespielt hat, kann eine elektrische Doppelmilchpumpe gute Dienste leisten. Mit ihrer Hilfe können Sie die Milchbildung in Gang bringen. Vielfach gelingt das Anlegen besser, wenn die Milch schon reichlich fliesst.
Abpumpen auf Vorrat
Ein Muttermilch-Vorrat kommt Ihnen sehr gelegen, wenn Sie wieder zur Arbeit gehen, wenn Sie Ihr Baby einem Babysitter anvertrauen oder für einige Tage weg sind. Fliesst die Milch ohnehin schon reichlich, ist es meist kein Problem, zusätzliche Milch am Ende einer Stillmahlzeit abzupumpen oder an der einen Brust zu pumpen, während das Baby an der anderen trinkt. Schwieriger ist es, wenn die Milch ohnehin schon knapp ist und Sie nicht riskieren wollen, dass das Baby hungrig bleibt, weil Sie zu viel für den Vorrat abgepumpt haben. Versuchen Sie, pro Tag ein- bis zweimal ca. 50 Milliliter abzupumpen, am besten etwa eine Stunde nachdem das Baby getrunken hat. So sollte bis zur nächsten Mahlzeit wieder ausreichend Milch vorhanden sein und Sie regen die Milchproduktion durch das zusätzliche Pumpen nicht übermässig an. Gut zwei Wochen vor dem beruflichen Wiedereinstieg sollten Sie damit anfangen, Milch auf Vorrat abzupumpen und einzufrieren. Mit der Milch, die Sie während der Arbeit abpumpen, wird der Vorrat danach laufend ergänzt.
Abruptes Abstillen
Manchmal kommt es vor, dass das Abstillen ganz plötzlich geschieht – sei es, weil schwerwiegende gesundheitliche Gründe vorliegen, sei es, weil das Kind sich selber abstillt, beispielsweise, weil ein Geschwisterchen unterwegs ist und der Geschmack der Muttermilch sich verändert hat. Mithilfe der Milchpumpe können Sie in diesem Fall verhindern, dass es zu einem Milchstau kommt. Pumpen Sie jeweils nur so viel ab, dass sich die Brust angenehm anfühlt und keine Milch gestaut wird und vergrössern Sie die Abstände zwischen dem Abpumpen schrittweise, bis die Milchproduktion versiegt.
Wenn die Mutter Medikamente einnehmen muss...
...ist dies in der Regel kein Grund zum Abstillen, denn in sehr vielen Fällen lässt sich eine Therapie finden, die das Weiterstillen erlaubt. Bei manchen Medikamenten kann es jedoch nötig sein, eine Stillpause einzulegen. Versuchen Sie nach Möglichkeit, im Voraus einen Milchvorrat abzupumpen, damit das Baby auch dann Muttermilch bekommt, wenn Sie nicht stillen können. Um die Milchbildung aufrecht zu erhalten, pumpen Sie während der Medikamenteneinnahme regelmässig ab, schütten die gewonnene Milch jedoch weg.
Die Milchpumpe: Elektrisch oder handbetrieben?
Pumpen Sie nur gelegentlich ab, reicht eine Handpumpe vollauf. Die meisten Modelle sind klein und handlich und daher sehr praktisch, wenn Sie unterwegs sind und nur kleine Mengen abpumpen wollen. Auf Dauer kann es jedoch recht anstrengend sein, die Muttermilch auf diese Weise zu gewinnen. Darum sind Handpumpen weniger geeignet, wenn Sie regelmässig bei der Arbeit abpumpen wollen.
Für diesen Zweck ist eine tragbare elektrische Milchpumpe die beste Wahl. Sie braucht wenig Platz und ermöglicht es Ihnen, die Milch in relativ kurzer Zeit abzupumpen. Am schnellsten geht es, wenn Sie eine Doppelmilchpumpe verwenden.
Wenn sich schon bald nach der Geburt herausstellt, dass Sie regelmässig abpumpen müssen (z. B. um Brustentzündungen vorzubeugen oder um die Milchbildung anzuregen), mieten Sie am besten eine leistungsstarke Doppelmilchpumpe. Vermutlich hatten Sie bereits auf der Wöchnerinnenstation Gelegenheit, den Umgang mit der Milchpumpe unter fachkundiger Anleitung zu lernen. Mietgeräte erhalten Sie in Apotheken, Drogerien sowie im Spital.
Eine hochwertige elektrische Milchpumpe simuliert das Saugverhalten des Babys. Sowohl der Saugrhythmus als auch die Saugstärke sollten stufenlos verstellbar sein, damit Sie die Pumpe so einstellen können, wie es für Sie angenehm ist. Viele Milchpumpen arbeiten mit zwei Phasen – einer Stimulationsphase, die den Milchspendereflex auslöst und einer Entleerungsphase, während derer die Milch abgepumpt wird.
Worauf Sie beim Pumpset achten sollten
Ganz wichtig ist, dass der Pumpaufsatz die richtige Grösse hat. Bei einem zu kleinen Trichter passt die Brustwarze nicht in den Tunnel, sie reibt sich an der Tunnelwand, was zu Schmerzen oder Verletzungen führen kann. Ist der Pumpaufsatz zu gross, wird nicht nur die Brustwarze, sondern auch der Warzenhof in den Tunnel gezogen. Dies kann Schwellungen und Verletzungen verursachen. Ob zu gross oder zu klein – mit dem falschen Pumpaufsatz wird die Brust beim Abpumpen nicht gut entleert.
Bei einem gut sitzenden Pumpset füllt die Brustwarze den Tunnel aus, hat aber noch eine gewisse Bewegungsfreiheit. Die passende Grösse können Sie auch ermitteln, indem Sie die Brustwarze (ohne den Warzenhof) mit einem Messband ausmessen. Viele Hersteller geben an, welcher Pumpaufsatz für welche Brustwarzengrösse geeignet ist. Es ist durchaus möglich, dass Sie für jede Brust eine unterschiedliche Grösse benötigen oder dass der Aufsatz, der zu Beginn der Stillzeit noch perfekt war, später nicht mehr passt.
Sehr günstige Milchpumpen haben oft nur ein Standard-Pumpset. Wählen Sie unbedingt eine Pumpe, zu der Aufsätze in unterschiedlichen Grössen erhältlich sind.
Hygiene beim Abpumpen von Muttermilch
Auch wenn es Ihnen zuweilen aufwändig erscheint, achten Sie beim Abpumpen unbedingt auf gute Hygiene, damit die abgepumpte Milch für Ihr Baby unbedenklich ist und länger haltbar bleibt.
Reinigen Sie das Pumpset vor dem ersten Gebrauch gründlich mit heissem Wasser und einem gut hautverträglichen Spülmittel. Dieses sollte wenn möglich frei von künstlichen Farb- und Duftstoffen sein. Sie können das Set auch in der Spülmaschine reinigen.
Kochen Sie die Auffangbehälter (Glas- oder Plastikflaschen) vor dem Gebrauch aus oder verwenden Sie passende Muttermilchbeutel, in denen Sie die Milch gleich einfrieren können.
Waschen Sie vor jedem Abpumpen die Hände gründlich mit warmem Wasser und Seife. Zuweilen wird auch dazu geraten, die Brust vor dem Abpumpen mit klarem Wasser zu waschen. Dies ist jedoch nicht zwingend erforderlich.
Reinigen Sie nach jedem Abpumpen alle Einzelteile des Pumpsets gründlich mit heissem Wasser und Spülmittel und trocknen Sie alles gut mit einem sauberen Handtuch oder einem saugstarken Haushaltpapier ab. Alternativ können Sie die Einzelteile auch auf einem sauberen Handtuch an der Luft trocknen lassen. Sie können das Set auch im Geschirrspüler reinigen und anschliessend gut trocknen. Falls Sie das Pumpset in einem Behälter verstauen wollen, achten Sie unbedingt darauf, dass es ganz trocken ist. Der Verbindungsschlauch zur Pumpe muss nur gereinigt werden, wenn sich darin Kondenswasser oder Milch angesammelt hat.
Desinfizieren Sie alle Teile, die mit der Brust oder mit Milch in Berührung kommen, einmal täglich. Kochen Sie die Teile dazu in einem Topf mit Wasser bedeckt während 5 bis 10 Minuten aus oder verwenden Sie einen Dampfsterilisator.
Milchpumpe mieten oder kaufen?
Der Kauf einer Milchpumpe, wie sie auf der Wöchnerinnenstation im Einsatz sind, lohnt sich in der Regel nicht, denn diese Geräte sind sehr teuer. Mietgeräte sind in Apotheken, Drogerien und im Spital erhältlich. Wenn Sie eine ärztliche Verordnung haben, ist ein Teil der Mietkosten durch die Grundversicherung der Krankenkasse gedeckt. Für den Kauf einer Handpumpe erstattet die Krankenkasse in diesem Fall einen einmaligen Beitrag von Fr. 30.60. Falls Sie eine Zusatzversicherung haben, werden möglicherweise weitere Kosten übernommen. Erkundigen Sie sich bei Ihrer Krankenkasse.
Ohne ärztliche Verordnung tragen Sie die Kosten für die Milchpumpe selbst. Allerdings sind sowohl tragbare elektrische Pumpen als auch Handpumpen relativ kostengünstig. Die Anschaffung zahlt sich schnell einmal aus, wenn Sie häufig abpumpen und dafür kein Milchpulver für Ihr Baby einkaufen müssen.