Mut­ter­mund­schwä­che / Zer­vi­x­in­suf­fi­zi­enz

Wenn Mut­ter­mund und Ge­bär­mut­ter­hals sich vor­zei­tig öff­nen, kann es zu ei­ner Früh­ge­burt kom­men. Die Zer­vix­län­ge wird des­halb re­gel­mäs­sig be­ur­teilt.

Schwangere liegt und streicht sich mit der Hand über den Bauch

Eine Mut­ter­mund­schwä­che oder Ge­bär­mut­ter­hals­schwä­che (Zer­vi­x­in­suf­fi­zi­enz ) kommt am häu­figs­ten zwi­schen dem 4. und 6. Schwan­ger­schafts­mo­nat vor. Es han­delt sich um eine Schwä­che und vor­zei­ti­ge Öff­nung des Ge­bär­mut­ter­hal­ses (Zer­vix). Nor­ma­ler­wei­se ist die ca. drei Zen­ti­me­ter lan­ge Zer­vix bis zum Be­ginn der We­hen fest ver­schlos­sen, um die Ge­bär­mut­ter und das Kind vor In­fek­tio­nen zu schüt­zen. Bei ei­ner Zer­vi­x­in­suf­fi­zi­enz öff­net sich der Ge­bär­mut­ter­hals je­doch manch­mal be­reits in der 15. Schwan­ger­schafts­wo­che und kann die schwe­re Ge­bär­mut­ter mit dem un­ge­bo­re­nen Kind nicht mehr hal­ten. Die Fol­ge ist mög­li­cher­wei­se eine Fehl­ge­burt oder eine sehr un­rei­fe Früh­ge­burt. Schät­zungs­wei­se ein Vier­tel al­ler Früh­ge­bur­ten wird durch eine Mut­ter­mund­schwä­che ver­ur­sacht.

Was ver­ur­sacht eine Mut­ter­mund­schwä­che?


In den meis­ten Fäl­len ist die Ur­sa­che nicht be­kannt. Ge­le­gent­lich lässt sich die­ser De­fekt auf eine Ope­ra­ti­on (z. B. Ko­ni­sa­ti­on des Mut­ter­munds), eine Kom­pli­ka­ti­on am Mut­ter­mund bei frü­he­ren Schwan­ger­schaf­ten oder eine va­gi­na­le In­fek­ti­on (z.B. mit Chla­my­di­en, Go­no­kok­ken, Gard­ne­rel­la va­gi­na­lis) zu­rück­füh­ren. Er­höht ist das Ri­si­ko bei Mehr­lings­schwan­ger­schaf­ten, äl­te­ren Schwan­ge­ren und wer­den­den Müt­tern, die rau­chen oder stark über­ge­wich­tig sind. Auch schwe­re kör­per­li­che Ar­beit (v.a. He­ben und Tra­gen) kön­nen zu ei­ner Ge­bär­mut­ter­hals­schwä­che füh­ren.

Ein Ver­dacht auf Mut­ter­mund­schwä­che be­steht grund­sätz­lich bei Schwan­ge­ren, die in der Vor­ge­schich­te min­des­tens zwei Fehl­ge­bur­ten nach der 15. Schwan­ger­schafts­wo­che bzw. sehr un­rei­fe Früh­ge­bur­ten hat­ten.

Wie er­kennt man, ob die Ge­bär­mut­ter gut ver­schlos­sen ist?


Ein ver­kürz­ter, wei­cher Ge­bär­mut­ter­hals macht kei­ne oder kaum Be­schwer­den. Ge­le­gent­lich sind mens­trua­ti­ons­ähn­li­che, zie­hen­de Schmer­zen oder ein Druck­ge­fühl im Un­ter­bauch, in der Leis­te oder im Rü­cken zu spü­ren. 

Eine Mut­ter­munds­schwä­che wur­de frü­her oft erst nach der ers­ten Fehl­ge­burt bzw. Früh­ge­burt dia­gnos­ti­ziert. Eine gy­nä­ko­lo­gi­sche Tast-Un­ter­su­chung wäh­rend der Schwan­ger­schaft gilt als un­si­che­re Be­ur­tei­lungs­me­tho­de. Heut­zu­ta­ge ist die trans­va­gi­na­le Ul­tra­schall­un­ter­su­chung, mit der die Mes­sung der Zer­vix­län­ge sehr ex­akt ge­lingt, eine zu­ver­läs­si­ge Dia­gno­se­me­tho­de. Da­bei kann man den Ge­bär­mut­ter­hals­ka­nal V-för­mig er­ken­nen ("Trich­ter­bil­dung").

Die Län­ge des Mut­ter­munds steht in Zu­sam­men­hang mit dem Ri­si­ko für eine Früh­ge­burt. Je kür­zer der Mut­ter­mund, des­to hö­her das Ri­si­ko:

  • Bei un­ter 25 Mil­li­me­tern etwa 20 % Früh­ge­burts­ri­si­ko

  • Bei un­ter 20 Mil­li­me­tern etwa 25 % Früh­ge­burts­ri­si­ko

  • Bei un­ter 15 Mil­li­me­tern etwa 50 % Früh­ge­burts­ri­si­ko

Was kann man tun bei ei­ner Zer­vi­x­in­suf­fi­zi­enz?


Zu­nächst ein­mal ist Ruhe und kör­per­li­che Ent­las­tung an­ge­sagt - in Ein­zel­fäl­len so­gar strik­te Bett­ru­he, denn im Lie­gen ist der Druck auf die Zer­vix am ge­rings­ten. Sport und Ge­schlechts­ver­kehr sind tabu. Meist wird die Schwan­ge­re krank­ge­schrie­ben.

Be­stimm­te Me­di­ka­men­te kön­nen die Lun­gen­rei­fe des un­ge­bo­re­nen Kin­des an­re­gen. Das er­höht die Über­le­bens­chan­cen bei ei­ner Früh­ge­burt. Mit Ma­gne­si­um kann man ver­su­chen,  vor­zei­ti­ge We­hen zu ver­hin­dern. Wirk­sa­mer sind al­ler­dings Me­di­ka­men­te zur We­hen­hem­mung, so­ge­nann­te To­ko­ly­ti­ka, wel­che die Früh­ge­burt noch um ein paar Tage her­aus­zö­gern kön­nen. Bei Ver­dacht auf eine In­fek­ti­on wird mit ei­nem An­ti­bio­ti­kum be­han­delt, v.a. wenn nicht aus­zu­schlies­sen ist, dass es zu ei­nem vor­zei­ti­gen Bla­sen­sprung ge­kom­men sein könn­te. 

Wie wirk­sam ist eine Cer­cla­ge?


Wenn Sie schon früh eine Mut­ter­mund­schwä­che ha­ben, kann Ihr Ge­bär­mut­ter­hals un­ter Nar­ko­se un­ge­fähr im 4. Schwan­ger­schafts­mo­nat zu­ge­näht wer­den (Mut­ter­munds­ver­schluss oder Cer­cla­ge). Ein Kunst­stoff­bänd­chen wird mit we­ni­gen Sti­chen um den Ge­bär­mut­ter­hals ge­legt und wie ein Ta­baks­beu­tel zu­ge­zo­gen. Die Naht wird erst un­ge­fähr eine oder zwei Wo­chen vor dem Ent­bin­dungs­ter­min ent­fernt. Neu­er­dings wird oft auch statt der Cer­cla­ge ein Cer­cla­ge-Pes­sar ein­ge­setzt, ein Ring aus wei­chem Gum­mi, der ohne Nar­ko­se ein­fach über den Mut­ter­mund ge­streift wird. Wenn bei Ih­nen eine Cer­cla­ge ge­legt wer­den muss­te, wird vom Ge­schlechts­ver­kehr bis zur Ent­bin­dung ab­ge­ra­ten.

Nach Mei­nung vie­ler Ex­per­ten ist eine Cer­cla­ge nur bei Ein­lings­schwan­ger­schaf­ten, nach ei­ner Früh­ge­burt oder ei­nem Spät­ab­ort (16. bis 36. SSW) und bei ei­ner Zer­vix­län­ge von we­ni­ger als 25 mm von Nut­zen. Ist der Ge­bär­mut­ter­hals schon er­wei­tert und die Frucht­bla­se be­reits in die Schei­de vor­ge­fal­len, kann in man­chen Fäl­len eine Not­fall­cer­cla­ge ef­fek­tiv sein. Bei ei­ner Zer­vi­x­in­suf­fi­zi­enz auf­grund ei­ner In­fek­ti­on ist eine Cer­cla­ge hin­ge­gen mög­li­cher­wei­se ein zu­sätz­li­ches Ri­si­ko. 

Eine in­ter­na­tio­na­le Ar­beits­grup­pe fand 2004 kei­ne wis­sen­schaft­li­chen Be­wei­se für den Wert der Cer­cla­ge bei Frau­en mit Mut­ter­munds­schwä­che bzw. stark ver­kürz­tem Ge­bär­mut­ter­hals. Bei der ei­nen Hälf­te der wer­den­den Müt­ter wur­de eine Cer­cla­ge vor­ge­nom­men, bei der an­de­ren Hälf­te war­te­te man nur ab. Von den ope­rier­ten Frau­en be­ka­men 22 % ihr Kind vor der 33. Schwan­ger­schafts­wo­che, bei den nicht ope­rier­ten wa­ren es 26 %. Dies zei­ge, dass der Ein­griff, der mit­un­ter so­gar eine Spi­nal­an­äs­the­sie (Rü­cken­marksprit­ze) zur Be­täu­bung er­for­dert, nicht sehr wir­kungs­voll ist. Die­se Mei­nung hat sich in­zwi­schen in der mo­der­nen Schwan­ger­schafts­me­di­zin durch­ge­setzt. Eine Cer­cla­ge wird nur noch sel­ten durch­ge­führt. Viel wich­ti­ger zur Ver­mei­dung von Früh­ge­burt­lich­keit sei die kon­se­quen­te Be­hand­lung von Harn­wegs- und Schei­den­in­fek­tio­nen (Quel­le: To, M.S. et al.: Lan­cet 363, S. 1849, 2004).

Gibt es eine Al­ter­na­ti­ve zur Cer­cla­ge?


2017 ist eine gros­se Stu­die ver­öf­fent­licht wor­den mit Schwan­ge­ren des mitt­le­ren Tri­me­nons, bei de­nen ein auf un­ter 25 mm ver­kürz­ter Ge­bär­mut­ter­hals vor­lag. Die Hälf­te der Frau­en be­kam Pro­ges­te­ron als Va­gi­nal­gel ver­ab­reicht. Im Ver­gleich zur an­de­ren Hälf­te, bei der kei­ne Be­hand­lung er­folg­te, re­du­zier­te sich die Rate an Früh­ge­bur­ten deut­lich. Es gab zu­dem we­ni­ger Atem­wegs­pro­ble­me, we­ni­ger Kin­der mit ei­nem Ge­burts­ge­wicht so­wohl un­ter 2500 als auch un­ter 1500 Gramm und we­ni­ger Tot­ge­bur­ten. Mög­li­cher­wei­se kann die­se The­ra­pie in be­stimm­ten Fäl­len eine Al­ter­na­ti­ve oder Er­gän­zung zur Cer­cla­ge bie­ten (Quel­le: http://dx.doi.org/10.1016/j.ajog.2017.11.576)

FAQHäu­fi­ge Fra­gen zum The­ma

Eine Mut­ter­mund­schwä­che kommt am häu­figs­ten zwi­schen dem 4. und 6. Schwan­ger­schafts­mo­nat vor. Der Grund für solch eine Zer­vi­x­in­suf­fi­zi­enz ist in den meis­ten Fäl­len un­be­kannt. Der Mut­ter­mund öff­net sich nicht erst un­ter der Ge­burt son­dern schon vor­zei­tig, manch­mal schon zu Be­ginn des zwei­ten …
Nein, lei­der nicht. Durch ei­nen Mut­ter­munds­ver­schluss (Cer­cla­ge) kann man vor­zei­ti­ge We­hen und eine Früh­ge­burt nicht mit ab­so­lu­ter Si­cher­heit ver­hin­dern. Al­ler­dings kann man da­mit un­ter güns­ti­gen Vor­aus­set­zun­gen ei­ni­ge Wo­chen Zeit ge­win­nen. Vor al­lem Frau­en, die schon ein­mal eine …
Ist die Zer­vix ver­kürzt, heisst das, dass sich der in­ne­re Mut­ter­mund schon trich­ter­för­mig ge­öff­net hat (sog. Fun­ne­ling). Das kann ein An­zei­chen da­für sein, dass bald We­hen zu er­war­ten sind. Je nach Schwan­ger­schafts­wo­che be­steht so­mit ein Früh­ge­burts­ri­si­ko. Die Län­ge des Ge­bär­mut­ter­hal­ses (der …
Letzte Aktualisierung: 03.10.2022, BH

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