Auf ins Abenteuer!

Schwangerschaftskolumne Woche 40 Nestchen
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mama.kritzelei

Kugelbauch-Kolumne Woche 40


In den vergangenen Tagen hatte ich mehrmals das Gefühl, als würde das kleine „Muffin“ in meinem Bauch mit einer fiesen Nadel in meine Scheide stechen. Ich zuckte zusammen und verharrte, weil ich ihn kaum erwarten konnte. Ich wünschte ihn mir so sehr, diesen „Pflätsch-Moment“. Dieser Moment, den man aus all den Geburtserzählungen frischgebackener Mütter und aus all den Hollywoodfilmen kennt. Der Moment, in dem einem leisen „Plopp“ ein riesiger Schwall Fruchtwasser folgt. Die schwangere Frau blickt überrascht an sich herunter und steht in einer grossen Pfütze Fruchtwasser.

Ich wünschte mir diesen Moment so sehr, weil die offene Fruchtblase ein sonnenklares Zeichen für den Geburtsbeginn ist. In diesem Moment würde ich mit Sicherheit wissen, dass ich in den nächsten zwei Tagen unser Kind gebären werde.

Kein: „Hm, sind das jetzt echte Wehen oder nur unregelmässige Kontraktionen?“

Kein: „Äh, ist das da auf meiner Damenbinde der Schleimpfropf oder schon etwas Fruchtwasser?“

Einfach ein „Pflätsch, jetzt geht's los!“

Ich habe die letzten Tage so einiges unternommen, um dieses „Pflätsch“ endlich hören zu dürfen.

Ich bin viel gelaufen. Sogar ohne Schuhe über Kieselsteine.

Ich habe Entspannungsübungen gemacht, tief ein- und ausgeatmet und im Geiste „losgelassen“.

Meinem Körper habe ich verschiedenste Tropfen, Tees und Öle auf den verschiedensten Wegen zugeführt.

Ich habe vorgeschlafen, vorgeputzt und sogar Essen vorgekocht.

Mich würde dieser „Pflätsch-Moment“ nicht einmal mehr überraschen.

Und gestern Abend war es dann soweit. Ein fieser Stich, ein Zusammenzucken, ein leises „Plopp“ und dann:

Nichts.

Oder zumindest nicht viel.

Ein kleines Rinnsal an Fruchtwasser. Und dann wieder Ruhe. Keine nasse Hose, keine Kontraktionen, nur weiterhin munteres Geturne im Bauch. Unsere Beleghebamme meinte, ich solle schlafen gehen und dann heute früh zur Kontrolle in den Gebärsaal kommen. Gesagt, getan. Ich schlief die ganze Nacht und hatte kaum Kontraktionen.

Also weder ein „Pflätsch“ noch ein „Jetzt geht's los.“

Die Sache mit der Planung kann ich wohl vorerst an den Nagel hängen. Von nun an scheint das Söhnchen das Tempo zu bestimmen. Und er scheint wohl nicht auf „Pflätsch und los!“ die Rutschbahn hinunter rutschen zu wollen.

Bis anhin geht da noch alles ganz friedlich vonstatten. Ich trinke meinen Morgenkaffe, ziehe mir dann bequeme Kleider an und denke mir dabei: „In dieser Unterwäsche wirst du gebären.“ Ein bequemes, aber schickes Bustier. Ja,  sogar Antirutschsocken sollen es sein.

Kein „Pflätsch und los geht's“, dafür alles ganz bewusst und noch mit Bedacht. So gehe ich los zu dieser letzten Schwangerschaftskontrolle, von welcher ich hoffentlich mit Baby im Arm zurückkommen werde. In der Türe drehe ich mich ein letztes Mal um und schaue in unsere Wohnung. Ich betrachte das Nest, welches der Papa und ich die letzten Wochen vorbereitet haben. Alles wartet nur noch auf das Küken. Grinsend denke ich: „Tschüss, du liebe Wohnung. Wenn ich wiederkomme, bringe ich einen neuen Mitbewohner mit.“

Ich schliesse die Türe hinter mir und ziehe los.

Freudig nervös in das Abenteuer meines Lebens.

Die Kolumnistin

Schwangerschaftskolumne_Portrait_Giulietta

Giulietta Martin ist Hebamme, Mama von drei kleinen Kindern und lebt im Berner Oberland. Unter mama.kritzelei veröffentlicht sie auf Instagram regelmässig humorvolle Szenen aus dem Familienalltag.

Letzte Aktualisierung: 30.01.2020, GM