Gegen den Strich
Kugelbauch-Kolumne Woche 26
Die letzten Tage ging mir mein Leben ziemlich gegen den Strich. Zumindest lebe ich zurzeit ziemlich gegen den Strich meines Körpers. Ich stehe früh morgens auf, obwohl ich noch hundemüde wäre. Ich frühstücke ein Marmeladenbrot, obwohl ich Bock auf Salami und Frischkäse hätte. Ich trinke eine Tasse Tee, obwohl ich drei Tassen Kaffee bräuchte. Ich laufe oder stehe den ganzen Tag herum, obwohl ich mich horizontal gerade viel wohler fühlen würde. Abends trinke ich mit meiner Freundin eine warme Schokolade, obwohl wir Grund für eine Flasche Weisswein hätten. Alleine die Tatsache, dass zwei Schichtarbeitende am selben Abend frei haben, wäre Grund genug dafür.
Irgendwann lege ich meinen bleischweren Körper dann ins Bett, meine Gedanken hingegen möchten noch munter kreisen. Ich bin hundemüde und hellwach. Komplett gegen den Strich eben. Und weil ich weiss, dass auch andere Frauen aufgrund ihrer Hormonveränderung nicht schlafen können, rufe ich meine Mutter an. Mit Sicherheit schaut auch sie gerade ihren Gedanken beim Kreisen zu.
Wie schon mein Leben lang, ist es auch jetzt wieder meine Mama, die sich mitten in der Nacht anhört, was mir gerade gegen den Strich geht. "Ich weiss meine Liebe, schwanger zu sein, ist manchmal ganz schön anstrengend. Aber denke daran, auch gegen den Strich führt’s zur schönsten Sache der Welt."
Giulietta Martin ist Hebamme, Mama von drei kleinen Kindern und lebt im Berner Oberland. Unter mama.kritzelei veröffentlicht sie auf Instagram regelmässig humorvolle Szenen aus dem Familienalltag.