Listenmenschen
Kugelbauch-Kolumne Woche 25
Wir alle kennen sie, diese Menschen, die für alles eine Liste schreiben. Dabei gilt es aber zwei Arten dieser Listenmenschen zu unterscheiden: Es gibt die Listenmenschen, die unheimlich gut organisiert sind. Sie schreiben sich feinsäuberliche Checklisten, die sie dann akribisch von oben nach unten abhaken. Wahre Organisationstalente - und unglaublich beliebt bei der zweiten Gruppe der Listenmenschen. Bei eben diesen Listenmenschen, die das Schreiben der Liste noch als letzten Rettungsversuch aus dem Chaos in ihrem Kopf zu nutzen versuchen. Zwischen Schuhgestell und Türklinke werden hastig zusammenhanglose Stichworte auf die Rückseite eines Kassenzettels gekritzelt. Es könnte sich dabei auch um Hieroglyphen handeln. Hauptsache, man kann nach Feierabend noch ansatzweise rekonstruieren, was einem am Morgen als besonders dringlich zu erledigen erschien. Dieser Art von Listenmenschen fällt während dem Schreiben der To-do-Liste ein wunderbares Reimwort zu "Feigenbaum" ein, worauf hin dieses sofort notiert und die Liste somit für jegliche Drittpersonen äusserst verwirrend wird.
Die detaillierte Beschreibung dieser absurden Situation lässt es wohl erahnen: Ich gehöre zur zweiten Gruppe von Listenmenschen. Zu denen mit dem Chaos im Kopf. Und trotzdem können auch meine Listen äusserst hilfreich sein. Beispielsweise, wenn es um die Namenssuche für unser "Muffin" geht.
Ich habe bereits vor Jahren eine ganz tolle Namensliste erstellt. Sie enthält zwar eine Mehrzahl an Mädchennamen, es sind allerdings auch ganz viele schöne Bubennamen mit dabei. Schade nur, dass der werdende Papa zu keiner der beiden Gruppen von Listenmenschen gehört. Zudem findet er meine Namensvorschläge bisher nicht sehr ansprechend. Er hat also weder Listen noch Geschmack.
Auf den Geschmack kann ich ihn vielleicht noch bringen, zum Listenmensch wird er jedoch kaum. Er wird dann irgendwann in den nächsten Wochen eine fremde Mutter einen schönen Namen über den Spielplatz rufen hören, er wird sofort wissen, dass sein Sohn genau diesen Namen tragen soll und jegliche Listenarbeit wird überflüssig sein. So stellt er sich das vor. Sein Leben funktioniere eben nach diesem Prinzip. Ich sei ihm schliesslich auch einfach so über den Weg gelaufen. Verliebt, verheiratet, vereltert. Läuft bei ihm, ganz ohne Liste.
Nur gut, dass ich noch eine habe. Eine Liste mit Notfallmassnahmen, falls mir das mit der Namenssuche dann doch zu lange dauert. Massnahme Nummer eins: Verkleidet über den Spielplatz neben Papas Büro rennen und "Louis! Louis!" rufen.
Giulietta Martin ist Hebamme, Mama von drei kleinen Kindern und lebt im Berner Oberland. Unter mama.kritzelei veröffentlicht sie auf Instagram regelmässig humorvolle Szenen aus dem Familienalltag.