Hyperemesis gravidarum
Wenn Sie häufiger als dreimal täglich an drei aufeinander folgenden Tagen erbrechen müssen und mehr als drei kg abnehmen, ist das nicht mehr die normale Schwangerschaftsübelkeit. Sie sollten dann unbedingt mit Ihrem Frauenarzt, Ihrer Frauenärztin oder Ihrer Hebamme sprechen. Diesen Zustand bezeichnet man als Hyperemesis gravidarum, eine ernstzunehmende Schwangerschaftskomplikation, die ungefähr einmal unter 200 Schwangerschaften vorkommt und häufig im Spital therapiert werden muss.
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Eine Hyperemesis gravidarum ist häufiger bei Mehrlingsschwangerschaften. Und die Wahrscheinlichkeit, dass sie bei einer nachfolgenden Schwangerschaft mit demselben Partner wieder auftritt, ist etwa 50 Prozent. Auch hat eine Schwangere, deren Mutter schon unter einer Hyperemesis gelitten hat, ein dreifach erhöhtes Risiko. Ansonsten weiss man relativ wenig darüber, warum eine Frau daran erkrankt. Sicherlich sind mehrere Faktoren beteiligt, von erblichen Voraussetzungen über die seelische Verfassung bis hin zur allgemeinen körperlichen Gesundheit. Keine der bisherigen Studien konnte bei allen Betroffenen eine deutliche gemeinsame Ursache, z.B. eine bestimmte Hormonkonstellation, nachweisen.
Interessant: US-Forscher haben herausgefunden, dass starke Übelkeit mit häufigem Erbrechen in den ersten Monaten der Schwangerschaft eher auf eine Tochter hindeutet. Bei den untersuchten Frauen war die Wahrscheinlichkeit für die Geburt eines Mädchens um 50 %, in Fällen mit Krankenhausaufenthalt von mehr als drei Tagen sogar um bis zu 80 % erhöht. Eine mögliche Erklärung sehen die Wissenschaftler darin, dass weibliche Embryos einen wesentlich erhöhten Östrogenspiegel hervorrufen, der die „normale“ Schwangerschaftsübelkeit verstärkt. (Quelle: Schiff MA et al.: Br. J. Obstet. Gynecol. 111, 27-30, 2004.)
Die bisherige Theorie, dass die Hyperemesis vor allem durch eine psychische Abwehr gegen die Schwangerschaft bedingt ist, wird heute von Fachleuten eher angezweifelt. Die starke Übelkeit sei eher als Grund für die depressive Stimmung, nicht aber als ihre Folge anzusehen. Andererseits: Allein durch einen Ortswechsel und die geschützte stationäre Betreuung stellt sich oft eine Besserung ein, was zeigt, dass psychosomatische Faktoren eine Rolle spielen können. Zur Behandlung wird deshalb auch Psychotherapie eingesetzt.
Bei übermässigem Erbrechen können Sie nicht mehr alle Nährstoffe aufnehmen, die Sie und Ihr Baby benötigen. Es resultiert häufiger ein niedriges Geburtsgewicht oder eine Frühgeburt. Die Behandlung zielt deshalb auf Zufuhr der wichtigsten Vitamine und ausreichend Flüssigkeit. Alternative Behandlungsformen wie Akupressur werden neben Medikamenten eingesetzt, z.B. Vitamin-B6-Präparate, Antihistaminika wie Doxylamin und Meclozin,.
Übelkeit und Erbrechen noch jenseits der 20. Schwangerschaftswoche können aber auch wichtige Alarmzeichen für bestimmte Schwangerschafts-Komplikationen (wie Chromosomenanomalien oder Wassereinlagerungen beim Kind, aber auch eine Präeklampsie) sein und bedürfen der Abklärung. Andererseits kann auch eine Erkrankung dahinterstecken, die nichts mit der Schwangerschaft zu tun hat, wie Gallenblasenerkrankungen, Leber- und Nierenstörungen.