Typisch für die Schwangerschaft: Morgenübelkeit und Brechreiz
Warum Übelkeit in der Frühschwangerschaft so häufig ist, was Sie dagegen tun und wie Sie vorbeugen können.
Mehr als der Hälfte der werdenden Mütter kämpfen während der Schwangerschaft mit Übelkeit und Erbrechen. Auch wenn es sehr unangenehm und kräfteraubend ist, ist es bis zu einem gewissen Ausmass leider völlig normal.
Mir ist ja so schlecht...
Übelkeit oder Brechreiz sind häufige und oft sehr belastende Begleiterscheinungen in der Frühschwangerschaft, besonders während der 6. bis 12. Schwangerschaftswoche. Fettige, saure oder stark gewürzte Speisen können Übelkeit auslösen. Auch starke Gerüche wie Zigarettenrauch, Kaffeeduft oder Parfums können dafür sorgen, dass Sie sich nicht wohlfühlen und manchmal reicht sogar nur der Gedanke an Essen. Meistens ist der Spuk aber spätestens nach der 14. Woche vorbei.
Warum Ihnen in der Frühschwangerschaft übel ist
Die Gründe für diese Unannehmlichkeiten sind nicht eindeutig geklärt. Übelkeit und Brechreiz werden wahrscheinlich durch den hohen hCG-Spiegel (humanes Choriongonadotropin) ausgelöst. Dieses Hormon wird in der äusseren Hülle der Fruchtblase gebildet und kurbelt die Ausschüttung von Progesteron und Östrogen in den Eierstöcken und in der Plazenta an. Ab dem zweiten Trimenon übernimmt dann die Plazenta die Aufgaben des hCG, dessen Wert nach der 11. Schwangerschaftswoche allmählich absinkt. Das ist vermutlich der Grund, warum die Übelkeit etwa zu diesem Zeitpunkt nachlässt.
Da auch hohe Östrogenspiegel verstärkt zu Übelkeit führen, ist es kein Wunder, dass es bei Schwangerschaften mit erhöhter hCG-Produktion – zum Beispiel bei Zwillingen, Blasenmole oder Trisomie 21 – häufiger zu Übelkeit kommt. Auch Erstschwangere und übergewichtige Schwangere haben häufiger darunter zu leiden.
Ein kleiner Trost: Diese Reaktion auf die körperlichen Veränderungen zeigt, dass sich die Schwangerschaft normal entwickelt und die Plazenta an Grösse zunimmt. Die Beobachtung, dass die Schwangerschaftsübelkeit bei älteren, mehrfach gebärenden und rauchenden Frauen seltener vorkommt, könnte mit dem kleineren Volumen der Plazenta bei diesen Frauen in Verbindung stehen. Ausserdem haben Frauen, denen während der Schwangerschaft übel ist, statistisch gesehen weniger häufig Fehlgeburten.
Was gegen die Übelkeit in der Schwangerschaft hilft
Ein Wundermittel gegen die Schwangerschaftsübelkeit gibt es leider nicht, aber diverse Tipps, von denen Ihnen vielleicht der eine oder andere hilft:
Malzbier, koffeinfreie Cola oder Orangensaft (Vorsicht bei Magenbrennen)
Mildgesalzene Fleischbouillon
Kartoffelbrei in kleinen Portionen
Kekse mit Ingwer, kandierter Ingwer, Ingwertee, Ingwerpastillen und Ingwerbonbons. Ingwerwasser können Sie sich mit frischem Ingwer selbst herstellen, wenn Sie ihn gehobelt oder geraspelt mit kochendem Wasser überbrühen und etwas ziehen lassen. Oder probieren Sie Ginger-Ale als Getränk, am besten mit etwas Fruchtsaft gemischt.
Pfefferminzbonbons oder eine Tasse Pfefferminztee, ganz dünn aufgebrüht.
Riechen Sie an einer aufgeschnittenen Zitrone, Mandarine oder Grapefruit oder an einem Aroma-Öl, z.B. Basilikum, Kardamom, Fenchel, Lavendel, Melisse, Pfefferminze, Rose, Sandelholz. Die Öle können auf ein "Schnuppertuch" getropft, in eine Duftlampe oder morgens ins Waschwasser gegeben werden.
Legen Sie sich einen Lavendelwickel auf den Magen. 12 Tropfen ätherisches Öl wird in 1 Liter Wasser gegeben und erwärmt, darin dann ein Tuch tränken.
Sanfte Bitterstoffe wie Feldthymian und Hopfen können helfen. Lassen Sie sich in Ihrer Apotheke, Drogerie oder in Ihrem Reformhaus beraten!
Kauen Sie gründlich Mandeln oder Erdnüsse. Manchen Schwangeren hilft auch ein Kaugummi.
Versuchen Sie Akupunktur, Hypnose, Akupressur-Armbänder und Homöopathie (z.B. Nux vomica)
Gut ist auch Brombeerblätter-, Kamillen-, Anis- und Fencheltee. Vorsicht mit Himbeerblättertee: Er soll in der Spätschwangerschaft wehenanregend wirken!
Bestimmte Medikamente sind auch in der Schwangerschaft gegen Übelkeit erlaubt. Sprechen Sie mit Ihrem Frauenarzt oder Ihrer Frauenärztin.
So können Sie bei Schwangerschaftsübelkeit vorbeugen
Schwangerschaftsübelkeit und Erbrechen treten vor allem morgens auf – deshalb die gebräuchliche Bezeichnung „Morgenübelkeit“.
Essen Sie morgens, ein paar Minuten vor dem Aufstehen einen trockenen Toast, Grissini, Knäckebrot, eine Reiswaffel oder Zwieback. Trinken Sie dazu Kräutertee (z.B. Pfefferminztee) in kleinen Schlucken.
Stehen Sie langsam auf, denn ein abrupter Wechsel der Körperhaltung fördert den Brechreiz.
Wenn Ihnen morgens beim Zähneputzen übel wird, kaufen Sie sich eine kleine Kinderzahnbürste. Wenn auch das den Würgreiz nicht verhindert, so können Sie vorübergehend die Zähne mit dem Zeigefinger und ganz wenig Zahnpasta säubern.
Essen Sie häufig, mindestens alle zwei Stunden, aber nur kleine Portionen. So verhindern Sie einen Blutzuckerabfall.
Essen Sie mehr kohlenhydratreiche Speisen, zum Beispiel Bananen, Kartoffeln oder Reis.
Vermeiden Sie stark gewürzte, sehr fetthaltige und saure Speisen.
Gekochtes Gemüse und eingemachtes Obst werden besser vertragen als frische, rohe Produkte.
Trinken Sie viel, mindestens zwei Liter pro Tag – aber nicht während des Essens. Zu empfehlen sind Kräutertees (Pfefferminze, Fenchel, Hagebutte, Malve oder Kamille), Säfte oder Wasser. Wenn sich das Durstgefühl nicht einstellt, kann auch das Lutschen an einem Eiswürfel helfen. Denn Flüssigkeitsaufnahme ist wichtig und lindert die Übelkeit.
Verzichten Sie auf Kaffee, Alkohol und Zigaretten.
Müdigkeit verstärkt die Übelkeit. Gönnen Sie sich viele Ruhepausen, aber liegen Sie immer mit leicht erhöhtem Oberkörper.
Ein Spaziergang an der frischen Luft tut vorsorglich gut.
Ein Übelkeits-Tagebuch hilft herauszufinden, in welcher Zeit und bei welchen Speisen die Übelkeit besonders leicht eintritt.
Warum leiden nicht alle schwangeren Frauen an Übelkeit?
In verschiedenen wissenschaftlichen Studien hat man geprüft, ob vielleicht Helicobacter pylori, ein Keim, der Magengeschwüre verursacht, der Übeltäter sein könnte. Die Studienergebnisse erlauben jedoch keine definitiven Aussagen. Zwar leiden Frauen, die mit H. pylori infiziert sind, häufiger unter Übelkeit und Erbrechen als jene Schwangere, bei denen dieser Keim nicht nachgewiesen wurde. Trotzdem kann man diesen Magenkeim nicht alleine für die Übelkeit verantwortlich machen.
Da Medikamente mit dem Vitamin B-Komplex das Auftreten der Übelkeit zu reduzieren vermag, könnte auch ein Mangel an Vitamin B ein Grund für die Übelkeit sein.
Eine andere Theorie vermutet, dass Übelkeit und Abneigung vor allem gegen Speisen, die leicht verderben oder mit Erregern verunreinigt sein können, die werdende Mutter und ihr ungeborenes Kind vor einer Lebensmittelinfektion schützen sollen. Dazu gehören zum Beispiel Fleisch oder andere tierische Produkte. Zu dieser Theorie würde dann auch passen, dass bei Vegetarierinnen und Veganerinnen Schwangerschaftsübelkeit sehr viel seltener ist.
Auch die Gene spielen eine nicht zu unterschätzende Rolle. Töchter, deren Mutter häufig schlecht war, leiden mit höherer Wahrscheinlichkeit auch an Schwangerschaftsübelkeit.
Die vielen Gedanken, die Sie sich als Schwangere machen, können auch belastend sein und dazu führen, dass Ihnen häufig schlecht ist. Denn auch Stress, sowie Müdigkeit und Hunger können die Schwangerschaftsübelkeit zusätzlich verstärken und einige Frauen so stark belasten, dass es zu einer Depression kommt.
Hyperemesis gravidarium
Dies ist eine extreme Form der Schwangerschaftsübelkeit. Dabei kommt es zu häufigem und heftigem Erbrechen, was zu Dehydrierung, Gewichtsabnahme und einer Verschlechterung des Allgemeinzustands führt. Die Hyperemesis muss unbedingt ärztlich beobachtet und eventuell im Krankenhaus behandelt werden.