Darf man Kinder vegan ernähren?

Bei der veganen Ernährung wird völlig auf tierische Nahrungsmittel verzichtet. Wie bei der vegetarischen Ernährung ist Fleisch tabu, zusätzlich aber auch Milch und alle Milchprodukte, Fisch, Eier, Honig und Gelatine. Rein wissenschaftlich gesehen ist „vegan“ keine artgerechte Ernährung für Menschen. Gebiss und Verdauungstrakt sind auf Mischkost ausgelegt, auf viel Obst und Gemüse und wenig Fleisch und tierische Produkte. Problematisch ist einzig das „Zuviel“ von jedem Lebensmittel. Medizinisch hat vegane Ernährung keine Basis.

In der Schweiz ernährten sich im November 2021 rund 0,6 % der Bevölkerung (52'000 Personen) vegan*. Ein Vorteil der veganen Ernährung ist, dass die tierischen Fette wegfallen, die den Grundstein zur Arteriosklerose legen. Personen, welche sich vegan ernähren, nehmen oft weniger Kalorien zu sich. Dadurch sinkt das Risiko für Übergewicht. Pflanzliche Ernährung liefert außerdem reichlich gesunde Ballaststoffe, Vitamine, sekundäre Pflanzenstoffe und Spurenelemente.

Der vermeintlich gesunde Lebensstil kann aber gefährlich sein. Deshalb rät die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung (SGE) grundsätzlich davon ab, Babys und Kinder vegan zu ernähren. Auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hält in einer Stellungnahme fest: „Eine vegane Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit sowie im gesamten Kindes- und Jugendalter wird von der DGE aufgrund des erhöhten Risikos für eine Nährstoffunterversorgung sowie einen Nährstoffmangel und deren teilweise irreversiblen Konsequenzen weiterhin nicht empfohlen. Eine gut geplante und ausgewogene Lebensmittelauswahl sowie die Supplementation von Vitamin B12 und ggf. weiteren kritischen Nährstoffen können zu einer ausreichenden Nährstoffversorgung und somit zu einer gesundheitsfördernden Ernährung beitragen.“ 

Vor allem die Versorgung mit Eisen, Calcium, Jod, Vitamin D und Vitamin B12 ist nicht ausreichend gewährleistet. Vitamin B12 ist lebensnotwendig für die DNA-Synthese und die Zellteilung und es kommt praktisch nur in Nahrungsmitteln tierischer Herkunft vor, in Fisch, Fleisch, Milchprodukten und Eiern. Ovo-Lacto-Vegetarier haben kein Problem. Wer Milch, Käse und Eier konsumiert, hat Vitamin B12 auf dem Speiseplan. Veganer können den Bedarf an Vitamin B12 mit pflanzlicher Kost nicht decken - auch nicht über fermentierte Lebensmittel wie Soja, Sauerkraut und Bier. 

Folgen eines Mangels dieser bestimmten Nahrungsbestandteile könnten Störungen der Blutbildung (Anämie), Wachstumsverzögerung durch Energie-Protein-Mangelernährung, psychomotorische Einschränkungen beim Laufen oder Sprechen und teilweise irreversible neurologische Störungen wie geistige Entwicklungsverzögerungen durch Jodmangel sein.

Bei gesunden Erwachsenen, die sich bewusst, ausgewogen und abwechslungsreich vegan ernähren, kann das ausgewogen werden. Bei Kindern gelingt dies nur mit sehr guten Kenntnissen im Gehalt und der Zubereitung von Nahrungsmitteln und großem Aufwand. Gemüse, Obst, Getreide, Samen und Nüsse müssen unbedingt kombiniert werden, um den Körper mit allen Nährstoffen zu versorgen, was aber im Allgemeinen nicht unseren mitteleuropäischen Ernährungsgewohnheiten entspricht. Ein Beispiel: Die Kombination von Hülsenfrüchten mit Getreide.

Vegane Lebensmittel werden oft mit zusätzlichen Nährstoffen angereichert. Nahrungsergänzungsmittel sind nötig, um dem Nährstoffbedarf des kleinen Organismus zu entsprechen – was nur in den wenigsten Fällen möglich sein wird. Die Kinderspitäler in Zürich, Aarau, Basel und St. Gallen behandeln jährlich ein Dutzend falsch vegan ernährter Babys und Kinder mit den oben genannten gravierenden Mangelerscheinungen.

Bei vegan ernährten Babys und Kleinkindern sollte jährlich eine Kontrolle der Blutwerte für wichtige Vitamine und Mineralstoffe erfolgen, wie Vitamin B12, Holo-Transcobalamin und Homocystein, Eisen, Zink, Kalzium, Jod, Vitamin B2 und Omega-3-Fettsäuren. Je nach Ergebnis der Untersuchung kann eine Ergänzung mit Nährstoffen sinnvoll sein. Die Versorgung mit Vitamin D ist nicht nur für Veganer ein Problem, sondern auch für Personen, die sich von Mischkost ernähren. Von April bis Oktober kann sie durch häufige kurze Aufenthalte im Freien ohne Sonnencreme gefördert werden. In den Wintermonaten sollte Vitamin D supplementiert werden. 

* gemäss Angaben von Statista Research Department 

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Letzte Aktualisierung: 03.06.2022, BH / JK