Erst­ge­bo­re­ne

Eltern mit ihrem erstgeborenen Baby
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Die Aus­gangs­la­ge:


Die frisch ge­ba­cke­nen El­tern be­tre­ten Neu­land, brin­gen aber meist ziem­lich vie­le Vor­stel­lun­gen mit, wie die­ses Neu­land aus­se­hen soll und wel­che Re­geln dar­in gel­ten. Man möch­te al­les rich­tig ma­chen, ist zu­gleich aber un­si­cher und über­for­dert, weil die Er­fah­rung fehlt. Die El­tern ha­ben meist viel Zeit, auf die Be­dürf­nis­se des Kin­des ein­zu­ge­hen und je nach Ver­wandt­schaft sind da auch noch an­de­re Er­wach­se­ne, die ihm ganz viel Auf­merk­sam­keit schen­ken. Je­der Ent­wick­lungs­schritt ist ein Er­eig­nis, das be­ju­belt und im Fa­mi­li­en­al­bum fest­ge­hal­ten wird. Ei­nen gros­sen Teil sei­ner Zeit ver­bringt das erst­ge­bo­re­ne Kind in Ge­sell­schaft von Er­wach­se­nen, de­nen es na­tür­lich auch nach­ei­fert, denn sie sind sei­ne Vor­bil­der. 

Die Chan­cen:


  • Das erst­ge­bo­re­ne Kind pro­fi­tiert von viel Auf­merk­sam­keit und be­kommt Din­ge er­klärt, für die bei ei­nem zwei­ten oder drit­ten Kind meist we­nig Zeit bleibt.

  • Der An­sporn, Er­wachs­nen nach­zu­ei­fern ist gross. Stu­di­en be­le­gen, dass Erst­ge­bo­re­ne ei­nen leicht hö­he­ren IQ ha­ben, frü­her lau­fen und spre­chen ler­nen und spä­ter im Le­ben öf­ter eine ver­ant­wor­tungs­vol­le Po­si­ti­on inne ha­ben. 

  • Erst­ge­bo­re­ne ler­nen schon früh, Ver­ant­wor­tung zu über­neh­men und ha­ben oft ei­nen aus­ge­präg­ten Be­schüt­zer­in­stinkt. 

  • Die An­lie­gen der äl­tes­ten Kin­der wer­den meis­tens be­son­ders ernst ge­nom­men, da je­der neue Le­bens­ab­schnitt auch für die El­tern neu ist.  

Die Her­aus­for­de­run­gen:


  • Viel Auf­merk­sam­keit durch Er­wach­se­ne kann auch viel Druck aus­lö­sen, kei­ne Feh­ler ma­chen zu dür­fen. Erst­ge­bo­re­nen wird des­halb oft nach­ge­sagt, sie sei­en Per­fek­tio­nis­ten. 

  • Die An­kunft ei­nes jün­ge­ren Ge­schwis­ters und der da­mit ver­bun­de­ne Ver­lust der ein­zig­ar­ti­gen Stel­lung in der Fa­mi­lie kann ein erst­ge­bo­re­nes Kind hart tref­fen. 

  • So­bald ein zwei­tes Kind da ist, ist das Erst­ge­bo­re­ne "gross", un­ab­hän­gig da­von, wie klein es ei­gent­lich noch ist. Oft wird des­halb er­war­tet, dass es ver­nünf­tig ist und ein Vor­bild für sei­ne klei­nen Ge­schwis­ter ab­gibt. Nie ein Ge­schwis­ter­kind vor sich zu ha­ben, das ei­nem den Weg bahnt, kann ganz schön an­stren­gend sein. 

  • In vie­len Fa­mi­li­en müs­sen Erst­ge­bo­re­ne mehr hel­fen als ihre jün­ge­ren Ge­schwis­ter. Häu­fig wer­den sie un­ge­fragt dazu ein­ge­spannt, auf die Klei­ne­ren auf­zu­pas­sen. 

Erst­ge­bo­re­ne er­zie­hen:

  • Be­rei­ten Sie das ers­te Kind gut auf die Ge­burt des Ge­schwis­ter­chens vor, zei­gen Sie ihm, dass sie es noch im­mer gleich lieb ha­ben wie vor­her und schaf­fen Sie Mög­lich­kei­ten, auch nach der An­kunft des Ba­bys Zeit al­lei­ne mit ih­rem Erst­ge­bo­re­nen zu ver­brin­gen.

  • Ge­ben Sie auch dem äl­tes­ten Kind die Mög­lich­keit, klein und ver­letz­lich zu sein. Im Ver­gleich zu sei­nen Ge­schwis­tern mag es schon gross sein, von sei­nem Al­ter her ist es aber im­mer noch klein. 

  • Wenn Sie Ih­ren Kin­dern Auf­trä­ge er­tei­len, ach­ten Sie dar­auf, dass nicht im­mer das Erst­ge­bo­re­ne am meis­ten auf­ge­bür­det be­kommt. Auch klei­ne­re Kin­der kön­nen zu Hau­se mit­hel­fen und Ver­ant­wor­tung über­neh­men. Das Äl­tes­te soll­te auch mal et­was dür­fen, was den Klei­ne­ren noch nicht er­laubt ist.

  • Ein Ge­schwis­ter­kind im Krab­bel­al­ter ist eine zünf­ti­ge Her­aus­for­de­rung für ein Erst­ge­bo­re­nes, das bis jetzt al­les für sich ge­habt hat. An­dau­ernd macht es ei­nem die Sa­chen ka­putt und wenn man des­we­gen böse wird, schimp­fen die El­tern. Ein Be­reich, zu dem das klei­ne­re Kind kei­nen Zu­gang hat, kann die Si­tua­ti­on ent­span­nen. 

  • Ist das Erst­ge­bo­re­ne deut­lich äl­ter als die klei­ne­ren Ge­schwis­ter, span­nen Sie es nicht un­ge­fragt zum Ba­by­sit­ten ein. Es spricht nichts da­ge­gen, das Äl­tes­te hin und wie­der zum Hü­ten zu en­ga­gie­ren, dann aber mit vor­he­ri­ger Ab­spra­che. Man­che El­tern zah­len ih­rem äl­tes­ten Kind auch mal ein an­ge­mes­se­nes Ba­by­sit­ter-Ho­no­rar, wenn es den gan­zen Abend auf zwei oder drei klei­ne Ge­schwis­ter auf­pas­sen muss. 

  • Ab ei­nem ge­wis­sen Al­ter mi­schen Erst­ge­bo­re­ne sich kräf­tig in der Er­zie­hung der klei­ne­ren Ge­schwis­ter ein und sind da­bei nicht sel­ten stren­ger, weil sie fin­den, die El­tern lies­sen "den Klei­nen" al­les durch­ge­hen. Über­las­sen Sie Ihre jün­ge­ren Kin­dern also nicht ein­fach dem mäch­ti­gen gros­sen Ge­schwis­ter und grei­fen Sie kor­ri­gie­rend ein, wenn das Äl­tes­te zu hart ist.

  • Falls Ihr erst­ge­bo­re­nes Kind ei­nen Hang zum Per­fek­tio­nis­mus hat, ist es be­son­ders wich­tig, es nicht an­dau­ernd zu kri­ti­sie­ren, son­dern zu be­to­nen, dass Feh­ler er­laubt sind und dass Ihre Zu­nei­gung nicht von der Leis­tung des Kin­des ab­hängt. Ste­hen Sie zu Ih­ren ei­ge­nen Feh­lern, denn von Ih­nen schaut sich das äl­tes­te Kind am meis­ten ab. 

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Letzte Aktualisierung: 18.03.2020, TV