Fakten und Irrtümer rund um die Geburt

Was wirklich stimmt – Einordnung von typischen Vorstellungen darüber, wie ein Kind zur Welt kommen soll.

Über die Geburt kursieren diverse Vorstellungen, die sich hartnäckig halten – manche beruhen auf Erfahrung, andere eher auf Missverständnissen. Ein Blick auf die häufigsten Annahmen rund um die Geburt.

Gebären im Spital ist am sichersten.


Das ist richtig. In einem grossen Spital, wo Tag und Nacht Fachpersonal mit Erfahrung präsent ist, kommt ein Kind tatsächlich am sichersten zur Welt. Falls es dem Kind oder der Mutter schlecht geht, sind sofort diverse Spezialisten verfügbar – und zwar für beide.

Da im Spital bei einer Geburt vor allem mögliche Risiken im Fokus stehen, ist die Atmosphäre dort nicht wohltuend.


Das gilt nicht für alle gebärenden Frauen. Spitäler haben in den letzten Jahren viel dafür getan, dass sich Gebärende auch in einem medizinischen Umfeld wohlfühlen, zum Beispiel mit der Gestaltung der Gebärzimmer. Und das geburtshilfliche Team sorgt auch im Spital dafür, dass die Frau ihr Baby möglichst selbstbestimmt und ohne Intervention zur Welt bringen kann.

Eine möglichst natürliche Geburt ist am besten.


Ja, absolut. Dass die Natur aber auch grausam sein kann, darf nicht ausser Acht gelassen werden. In diesen Fällen ist es mit medizinischen Interventionen möglich, die Natur zu überlisten.

Eine Alleingeburt ist vertretbar.


Aus medizinischer Sicht nicht. Eine zukünftige Mutter, die sich darauf einlässt, sollte sich unbedingt sehr gut darüber informieren und wissen, welche Risiken bestehen und dass sie sich und Ihr Baby einer potenziellen Gefahr aussetzt. Denn auch die beste Vorbereitung und ein unerschütterliches Vertrauen in den eigenen Körper schützen nicht vor Komplikationen.

Jede schwangere Frau profitiert von einem Geburtsplan.


Wenn die Geburt problemlos verläuft, schon. Eine gebärende Frau sollte sich aber bewusst sein, dass davon abgewichen werden muss, wenn die Umstände es nicht zulassen – zum Beispiel wenn es dem Kind unter der Geburt plötzlich nicht mehr gut geht. In einem solchen Fall sollte ihr geburtshilfliches Team – Hebamme und Ärztin – sie über alle Interventionen im Voraus aufklären und ihre Einwilligung einholen.

Eine natürliche Geburt braucht keine Schmerzmedikamente.


Doch, manchmal schon. Viele Erstgebärende sind beispielsweise sehr überrascht über die Intensität der Schmerzen. Ob und welche Schmerzlinderung eine gebärende Frau benötigt, ist also sehr individuell, von diversen Faktoren abhängig und wird auch nicht bewertet.

Der zukünftige Vater sollte bei der Geburt dabei sein.


Nein, das muss nicht sein. Die Entscheidung, wer bei der Geburt dabei sein soll, sollte das Elternpaar gemeinsam treffen. Nicht jede Frau möchte, dass ihr Partner sie in dieser Ausnahmesituation erlebt. Und nicht wenige Männer werden die Bilder, die sie während der Geburt sehen, so bald nicht mehr los.

Durch eine medikamentöse Geburtseinleitung kann auch eine Spontangeburt auf einen gewünschten Termin geplant werden.


Theoretisch ja. Allerdings lässt sich auch bei eingeleiteten Geburten nicht voraussagen, wie lange sie dauern. Und es gilt bedenken, dass der Körper bei einer künstlichen Einleitung der Geburt eigentlich noch nicht bereit dafür ist.

Nach der Geburt sollte das Baby nicht abgenabelt werden, damit es weiterhin die Nährstoffe von der Plazenta erhält.


Das ist nicht belegt. Einen medizinischen Nutzen hat das Baby durch das Erhalten der Nabelschnur mit Plazenta nicht. Nachdem die Nabelschnur aufgehört hat zu pulsieren und erschlafft ist, fliesst kein Blut mehr durch sie hindurch – also auch keine Nährstoffe aus der Plazenta.

Auch bei einer Geburt im Spital muss nicht zwingend ein Arzt dabei sein.


Das ist richtig. Bei einer sogenannten hebammengeleiteten Geburt ist kein Arzt anwesend. Ärztliche Unterstützung kommt dann, wenn die Hebamme diese anfordert, zum Beispiel zur Schmerzlinderung durch eine Periduralanästhesie (PDA). Das Ärzteteam ist stets in Rufbereitschaft, kann also auch bei Komplikationen sehr schnell unterstützen. Kurz vor der Geburt kommt eine zweite Hebamme hinzu.

Nach der Geburt muss das Baby schreien.


Nicht unbedingt. Die meisten Babys schreien tatsächlich direkt nach der Geburt. Damit füllen sie Ihre zuvor flüssigkeitsgefüllte Lunge zum ersten Mal mit Luft. Gleichzeitig stellt sich der Kreislauf des Babys auf das Leben ohne Plazenta und ausserhalb des Mutterleibs um. Es gibt aber auch Babys, die diese Umstellung leise vollbringen und nur tief seufzen.

Letzte Aktualisierung: 25.11.2025, KM