Schwangerschaftsdiabetes mit Folgen
Aus der Forschung
Jede zweite Frau, die während der Schwangerschaft vorübergehend Diabetes entwickelt, erkrankt nach der Entbindung innerhalb von acht Jahren dauerhaft an Diabetes Typ 2. Dies ist das Ergebnis einer südkoreanischen Studie, die im Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism veröffentlicht wurde. Fachleute raten deshalb Frauen mit Gestationsdiabetes vorbeugend zur Ernährungsumstellung, zu dreimonatigem Stillen und zu regelmässigen Blutglukosetests nach der Geburt. Mit diesen Massnahmen lässt sich der Ausbruch eines Typ-2-Diabetes in vielen Fällen verhindern oder verzögern.
In der südkoreanischen Studie wurden 843 Frauen nach einem Gestationsdiabetes regelmässig untersucht. Die Langzeituntersuchung ergab, dass jede zweite Frau innerhalb von acht Jahren nach der Entbindung an einem Typ-2-Diabetes (auch „Altersdiabetes“ genannt) erkrankte. Bei 12,5 Prozent waren die Blutzuckerwerte sogar schon bei der ersten Nachuntersuchung nach zwei Monaten erhöht. Diese „early converter“ hatten häufig eine bestimmte Genvariante (HHEX), die die Anfälligkeit für einen Typ-2-Diabetes steigert. Bei den Frauen, die später einen Typ-2-Diabetes entwickelten („late converter“), lag oft eine andere Gen-Variante (CDKAL1) vor. Diese und frühere Studien bestätigen somit eine erbliche Veranlagung für einen Typ-2-Diabetes.
Eine ähnliche Studie wie in Südkorea führt auch das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung (DZD) in Tübingen, München und Düsseldorf durch. Die Deutsche Gestationsdiabetes Studie (PREG) beobachtet eine Gruppe von Frauen in der Schwangerschaft und bis zu zehn Jahre nach der Geburt ihrer Kinder. In Deutschland tritt bei vier Prozent aller Schwangeren ein Gestationsdiabetes auf. In der Schweiz liegt die Häufigkeit in einem ähnlichen Bereich. Von diesen Frauen entwickelt jede zweite innerhalb von zehn Jahren nach der Entbindung einen Typ-2-Diabetes, obwohl sich ihr Blutzuckerspiegel nach der Entbindung zunächst wieder normalisiert hat. Im Unterschied zur südkoreanischen Studie nehmen auch Frauen ohne Gestationsdiabetes an der PREG Studie teil, die aufgrund ihres persönlichen Risikoprofils nach der Schwangerschaft ebenfalls an einem Diabetes erkranken könnten. „Wir erhoffen uns von dieser Studie, das Erkrankungsrisiko in Zukunft besser abschätzen zu können und individualisierte Präventionsmaßnahmen anbieten zu können“, erklärt Studienleiter Prof. Dr. Andreas Fritsche von der Univ.-Klinik Tübingen.
Dennoch sei der Typ-2-Diabetes kein unabwendbares Schicksal. Frauen mit Gestationsdiabetes, die ihr Kind stillen, haben auf lange Sicht ein um 40 Prozent verringertes Risiko, an Typ-2-Diabetes zu erkranken. US-Studien zeigen, dass Ernährungsumstellung und Gewichtsreduktion das Risiko für Typ-2-Diabetes zudem halbieren können.
Unbedingt zu empfehlen ist eine regelmässige Kontrolle des Glukosestoffwechsels nach der Entbindung, auch wenn sich die Blutzuckerwerte zunächst wieder normalisiert haben. Eine erste Blutglukosemessung sollte sechs bis zwölf Wochen nach der Geburt stattfinden. Sind die Blutzuckerwerte unauffällig, sollten die Messungen alle zwei bis drei Jahre wiederholt werden.
Aus der Forschung: S. H. Kwak et al.; J Clin Endocrinol Metab., doi: 10.1210/jc.2012-3324; 2013