Krebs­er­kran­kung in der Schwan­ger­schaft

Bös­ar­ti­ge Tu­mo­ren sind sel­ten in der Schwan­ger­schaft, aber oft schwer zu dia­gnos­ti­zie­ren. Bei der Be­hand­lung gibt es al­ler­dings gros­se Fort­schrit­te. Das Bei­spiel Brust­krebs.

Schwangere untersucht ihre Brust
©
GettyImages

Eine neu auf­ge­tre­te­ne Krebs­er­kran­kung ist in der Schwan­ger­schaft zwar sel­ten, trifft aber im­mer mehr Frau­en. Ein we­sent­li­cher Grund ist das hö­he­re Al­ter der wer­den­den Müt­ter, denn mit dem Al­ter steigt auch das Ri­si­ko, an Krebs zu er­kran­ken. Me­di­zi­ner ge­hen von durch­schnitt­lich ei­ner Krebs­er­kran­kung pro 1000 Schwan­ger­schaf­ten aus. Zu den häu­figs­ten For­men zäh­len Ge­bär­mut­ter­hals­krebs (Zer­vix­kar­zi­nom), Brust­krebs (Mam­ma­kar­zi­nom), schwar­zer Haut­krebs (Me­la­nom), das Hodg­kin-Lym­phom, Ei­er­stock­krebs (Ova­ri­al­kar­zi­nom), Darm­krebs und Leuk­ämie (Blut­krebs). Hier das Bei­spiel Brust­krebs: 

Schwer zu er­ken­nen ...


Die Dia­gno­se ei­nes bös­ar­ti­gen Tu­mors ist in der Schwan­ger­schaft oft er­schwert: Brust­krebs wird bei Schwan­ge­ren zwei bis 15 Mo­na­te spä­ter ent­deckt als bei Nicht­schwan­ge­ren. Ein we­sent­li­cher Grund sind die schwan­ger­schafts­be­ding­ten Ver­än­de­run­gen der Brust. Die Hor­mon­schwem­me führt zu ei­nem ra­san­ten Tu­mor­wachs­tum. Die an­schwel­len­den Milch­drü­sen er­schwe­ren den Tast­be­fund und bild­ge­ben­de Ver­fah­ren wie die Mam­mo­gra­phie lie­fern nur un­zu­ver­läs­si­ge Bil­der, auf de­nen Krebs­ge­schwü­re kaum von den reich­lich vor­han­de­nen Milch­drü­sen zu un­ter­schei­den sind. Gleich­zei­tig ist das müt­ter­li­che Im­mun­sys­tem to­le­ran­ter ge­gen­über Krebs­zel­len, sonst wür­de es das un­ge­bo­re­ne Kind als ge­ne­tisch frem­des Ge­we­be ab­stos­sen. Des­halb wer­den vie­le der bös­ar­ti­gen Tu­mo­ren erst spät ent­deckt. Das Ri­si­ko, dass sich der Brust­krebs be­reits im fort­ge­schrit­te­nen Sta­di­um be­fin­det, ist bei Schwan­ge­ren zwei­ein­halb Mal so hoch wie bei Nicht­schwan­ge­ren.

... aber heu­te gut zu be­han­deln


Noch um 1940 gal­ten Schwan­ge­re mit Brust­krebs als nicht be­han­del­bar. In der Re­gel wur­de ih­nen nahe ge­legt, die Schwan­ger­schaft durch ei­nen Ab­bruch vor­zei­tig zu be­en­den. Heu­te weiss man, dass die Über­le­bens­chan­ce von krebs­kran­ken Frau­en un­ab­hän­gig da­von ist, ob sie schwan­ger sind oder nicht. Auch die Tu­mor­cha­rak­te­ris­ti­ka schwan­ge­rer und nicht schwan­ge­rer Mam­ma­kar­zi­nom-Pa­ti­en­tin­nen sind ver­gleich­bar.

Die The­ra­pie bleibt je­doch ein Ba­lan­ce­akt zwi­schen dem Wohl der Mut­ter und dem des Kin­des. Je nach Schwe­re des Be­falls muss bei schwan­ge­ren Brust­krebs­pa­ti­en­tin­nen die Brust ent­fernt wer­den. Die Ope­ra­ti­on wirkt sich nicht ne­ga­tiv auf die vor­ge­burt­li­che Ent­wick­lung des Kin­des aus, nur im ers­ten Tri­me­non steigt das Ab­ort­ri­si­ko leicht. Ob die Brust voll­stän­dig ab­ge­nom­men wer­den muss oder brust­er­hal­tend ope­riert wer­den kann, ent­schei­det sich nach den­sel­ben Kri­te­ri­en wie bei Nicht­schwan­ge­ren, eben­so die Me­tho­dik der Lymph­kno­ten­ent­fer­nung aus der Ach­sel­höh­le. Die Be­hand­lung mit Zy­to­sta­ti­ka (zellt­ö­ten­den Arz­nei­mit­teln) bzw. Che­mo­the­ra­pie bei Schwan­ge­ren ist auch durch­aus an­ge­bracht – und nicht schäd­li­cher für das Un­ge­bo­re­ne als ein Ver­zicht auf die The­ra­pie, vor­aus­ge­setzt, man war­tet die voll­ende­te 13. Schwan­ger­schafts­wo­che ab. Die zy­to­sta­ti­sche The­ra­pie scheint die Fehl­bil­dungs­ra­te nicht zu er­hö­hen. Das zu­min­dest be­le­gen die Er­fah­run­gen der ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­te. Die Ent­bin­dung soll­te al­ler­dings min­des­tens drei Wo­chen nach der letz­ten Be­hand­lung statt­fin­den, um das Ri­si­ko ei­ner schwe­ren Blu­tung bei Mut­ter und Kind zu ver­mei­den. Und es darf nach der Ge­burt wäh­rend ei­ner Che­mo­the­ra­pie nicht ge­stillt wer­den. Strah­len­be­hand­lun­gen (Ra­dio­the­ra­pie) wer­den erst nach der Ent­bin­dung durch­ge­führt. Bei der üb­li­chen Stan­dard­the­ra­pie mit neoad­ju­van­ter oder ad­ju­van­ter Che­mo­the­ra­pie kann sie, ohne Nach­tei­le be­fürch­ten zu müs­sen, um bis zu sechs Mo­na­te ver­scho­ben wer­den.

Sind Schwan­ge­re emp­fäng­li­cher für Tu­mo­ren?


Eine Schwan­ger­schaft und vor al­lem die Still­zeit senkt grund­sätz­lich das Ri­si­ko, an Brust­krebs zu er­kran­ken. Al­ler­dings gilt das nicht für die ers­ten zwei bis zehn Jah­re nach der Ge­burt, denn in die­sem Zeit­raum ist das Ri­si­ko er­höht. Am stärks­ten ge­fähr­det sind Frau­en in den zwei Jah­ren nach der Schwan­ger­schaft. Wird in die­ser Zeit Brust­krebs ent­deckt, ist die Ster­be­ra­te um das Dop­pel­te er­höht.

Kin­der­wunsch nach er­folg­rei­cher Krebs­be­hand­lung


Und wie ist es mit ei­ner Schwan­ger­schaft nach Ab­schluss der The­ra­pie? Be­trof­fe­nen Frau­en muss nicht von ei­nem Kin­der­wunsch ab­ge­ra­ten wer­den. Die Be­fürch­tung, dass spä­te­re Schwan­ger­schaf­ten durch die ver­mehr­te Bil­dung von Hor­mo­nen das Ri­si­ko von Spät­re­zi­di­ven för­dert, fand in ei­ner wis­sen­schaft­li­chen Aus­wer­tung von 14 Stu­di­en mit 1.417 Pa­ti­en­tin­nen kei­ne Be­stä­ti­gung. Das gilt so­gar für Frau­en mit hor­mon­sen­si­ti­ven Tu­mor­for­men. Sol­che ER-po­si­ti­ven Tu­mo­ren, die An­dock­stel­len für Ös­tro­gen be­sit­zen, wer­den durch das weib­li­che Ge­schlechts­hor­mon in ih­rem Wachs­tum be­feu­ert. Die Be­fürch­tung war bis­lang, dass er­höh­te Hor­mon­spie­gel in der Schwan­ger­schaft Tu­mor­zel­len, die die The­ra­pie nicht be­sei­ti­gen konn­te, zur Bil­dung neu­er Tu­mo­ren an­re­gen könn­te, was sich aber in Stu­di­en über 10 Jah­re nicht be­stä­tig­te. Eine wei­te­re Sor­ge ist, dass die für die Emp­fäng­nis nö­ti­ge Un­ter­bre­chung der Anti-Hor­mon-The­ra­pie, die sol­chen Pa­ti­en­tin­nen nor­ma­ler­wei­se er­hal­ten, ris­kant sein könn­te. Im Ide­al­fall emp­feh­len Me­di­zi­ner, die Anti-Hor­mon-The­ra­pie fünf, mit­un­ter noch zehn Jah­re nach Ab­schluss der Krebs­be­hand­lung fort­zu­füh­ren.

Bei Frau­en mit Ös­tro­gen­re­zep­tor-ne­ga­ti­vem Krebs könn­te eine Schwan­ger­schaft die Pro­gno­se so­gar güns­tig be­ein­flus­sen: Ihr Ster­be­ri­si­ko lag im Ver­lauf ei­ner Stu­die so­gar um 42 Pro­zent nied­ri­ger als das der schwan­ge­ren Frau­en, de­ren Tu­mor durch Ös­tro­gen zum Wach­sen an­ge­regt wor­den war. Das müs­se je­doch noch im Rah­men wei­te­rer Un­ter­su­chun­gen ge­klärt wer­den. Un­ge­klärt ist auch noch, ob Stil­len ei­nen Ein­fluss auf die Pro­gno­se von Brust­krebs­pa­ti­en­tin­nen hat. Dies wird der­zeit im Rah­men ei­ner wei­te­ren Stu­die un­ter­sucht.

Aus der For­schung


Letzte Aktualisierung: 23.11.2022, BH

Mehr zum The­ma

Ak­tu­el­les

kurz&bündigkurz&bündig
6/1/2023
Weinglas

Fin­ni­sche Al­ko­hol­wir­kung

Eine dras­ti­sche Preis­sen­kung für al­ko­ho­li­sche Ge­trän­ke hat in Finn­land zu ei­nem An­stieg von Ge­burts­kom­pli­ka­tio­nen und …

Neu­es­te Ar­ti­kel

Unsere Partner