Biologisches Parfüm bestimmt Partnerwahl

Aus der Forschung

Paar unter der Bettdecke

Über den Körpergeruch erhalten Menschen, Mäuse, Fische, Vögel und wahrscheinlich auch alle anderen Wirbeltiere Informationen über die Immunausstattung eines potenziellen Partners. Dieser wird dann danach ausgewählt, ob er die optimale Ergänzung zu den eigenen Immungenen darstellt. Ziel ist es, den Nachkommen möglichst unterschiedliche Immungene mitzugeben, so dass diese dann resistent gegen ein breites Spektrum von Krankheitserregern sind.

Nur einige wenige Varianten der Immungene bestimmen den typischen Körpergeruch, das individuelle "Parfüm". Wissenschaftler der Max-Planck-Institute für Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg und für Evolutionsbiologie in Plön haben zusammen mit Kollegen der Universität Dresden die chemische Natur dieses individuellen Parfüms beim Menschen aufgeklärt, es künstlich hergestellt und in einer Gruppe von Versuchspersonen auf ihre Wirksamkeit überprüft.

Schon in den 1990er Jahren hatte eine Forschergruppe mit sogenannten T-Shirt-Experimenten herausgefunden, dass Frauen den Geruch von Männern bevorzugen, die andere Varianten von Immungenen besitzen als sie selbst. "Wir erfassen unbewusst, wie die eigene Immunabwehr beschaffen ist, und können die eines potenziellen Partners am Geruch erkennen", erklärte der Studienleiter Milinski.

In weiteren Experimenten konnte man dann zeigen, dass diese Immungen-Varianten auch bestimmen, welche natürlichen Parfümingredienzien Frauen wie Männer für ihr eigenes Parfüm bevorzugen. In der Auswahl des eigenen Parfüms sind Menschen seit jeher sehr wählerisch, brauchen lange, bis sie es gefunden haben, und bleiben dann viele Jahre dabei. Das Parfüm wird so ausgewählt, das es das eigene immungenetische Geruchssignal verstärkt. "Wenn sie das natürliche Signal maskieren oder verändern würden, hätte die Selektion uns schon längst den Parfümgebrauch vermiest", erklärt der Evolutionsbiologe.

Offenbar kopieren natürliche Parfüm-Inhaltsstoffe die menschlichen immungenabhängigen Geruchssignale. Das erklärt, warum sie oft sonderbaren Ursprungs sind. So wird z.B. Ambra aus den hervorgewürgten Resten der Beute des Pottwals hergestellt. Da natürliche Ingredienzien wegen ihrer allergenen Wirkung immer mehr durch biologisch unwirksame Ersatzstoffe ersetzt werden müssen, wäre es hilfreich, unser natürliches Parfüm zu analysieren, so dass man es synthetisieren und als "Original" in Parfüms verwenden kann. Welches Molekül könnte die Funktion des menschlichen natürlichen Parfüms übernehmen?

In Versuchen mit Mäusen war es den Wissenschaftlern schliesslich gelungen, biologisch wirksame Bestandteile des immungen-abhängigen Körpergeruchs zu identifizieren. Die Sinneszellen der Riechschleimhaut sind tatsächlich in der Lage, bestimmte Eiweissbruchstücke, Peptide genannt, zu erkennen. Sie liefern dem Immunsystem normalerweise Hinweise auf das Eindringen von Krankheitserregern – sind aber zugleich ein Spiegelbild der individuellen Ausstattung mit Immungenen. Die Struktur der Eiweissbruchstücke lässt sich für die Immunmoleküle des Menschen also voraussagen. Die Forscher konnten nun in ihrem aktuellen Experiment die Bestandteile des Körpergeruchs künstlich herstellen und auf Wirksamkeit überprüfen, nachdem sie die Art der Immungen-Varianten bei den Versuchspersonen bestimmt hatten. Dazu wurden diese gebeten, die künstlichen Eiweissbruchstücke mit ihrem Achselschweiss zu vermischen und zu entscheiden, welche der verschiedenen Varianten ihnen am meisten zusagte. Es zeigte sich, dass die Probanden den Achselschweiss dann als besonders angenehm und ihrem bevorzugten Parfümduft entsprechend bezeichneten, wenn er mit einem ihrem eigenen Immungen-Typ entsprechenden Eiweissbruchstück vermischt worden war.

Die Erkenntnisse eröffnen die Möglichkeit, synthetisch neuartige Parfüms herzustellen, die über die Verstärkung des Körpergeruchs potenziellen Partnern das Repertoire der eigenen Immungene besser signalisieren -  ohne Rückgriff auf tierische Produkte.

Aus der Forschung: T. Boehm et al.: Proceedings of the Royal Society B; 2013

Letzte Aktualisierung: 18.02.2021, BH