Postpar­ta­le Psy­cho­se

Mutter mit neugeborenem Baby
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Nach der Ge­burt kann es zu ei­ner sel­te­nen, aber ernst­haf­ten Kom­pli­ka­ti­on im Wo­chen­bett kom­men - der postpar­ta­len Psy­cho­se oder Wo­chen­bett­psy­cho­se. Die­se tritt sehr plötz­lich auf, manch­mal be­reits am Tag der Ent­bin­dung, manch­mal in­ner­halb von drei Ta­gen bis ca. vier Wo­chen nach der Ge­burt. In sehr sel­te­nen Fäl­len ent­wi­ckelt sich die Psy­cho­se aus ei­ner un­be­han­del­ten De­pres­si­on. Be­trof­fen sind ca. 1 bis 3 von 1000 Frau­en, die Krank­heit tritt also deut­lich sel­te­ner auf als eine postpar­ta­le De­pres­si­on.

Wel­che Sym­pto­me sind ty­pisch bei ei­ner Wo­chen­bett­psy­cho­se?


Be­merk­bar macht sich eine postpar­ta­le Psy­cho­se durch ein ver­än­der­tes Ver­hal­ten und eine ver­än­der­te Per­sön­lich­keit. Die Mut­ter emp­fin­det star­ke Un­ru­he und Ängs­te, wirkt ver­wirrt und des­ori­en­tiert. Ihr Den­ken, Füh­len und Han­deln wird von ih­rem Um­feld als ir­ra­tio­nal wahr­ge­nom­men, er­scheint in ih­ren ei­ge­nen Au­gen aber als ab­so­lut lo­gisch, weil sie die Rea­li­tät ganz an­ders wahr­nimmt. Die­ser Zu­stand kann un­ter­bro­chen sein von Mo­men­ten, in de­nen die Mut­ter voll­kom­men klar und ra­tio­nal ist. Die Stim­mungs­la­ge un­ter­liegt gros­sen Schwan­kun­gen, wech­selt von eu­pho­risch zu hoff­nungs­los, von ver­zwei­felt zu ge­reizt und ag­gres­siv. Das Schlaf­be­dürf­nis kann stark ver­rin­gert sein und be­trof­fe­ne Frau­en lei­den oft an Ein- und Durch­schlaf­stö­run­gen.

In man­chen Fäl­len macht sich die Psy­cho­se be­merk­bar durch An­triebs­stei­ge­rung. Die Mut­ter fühlt sich über­aus en­er­gie­ge­la­den, be­fin­det sich in ei­ner eu­pho­ri­schen Stim­mung, hat Grös­sen­ide­en und schmie­det hoch­flie­gen­de Plä­ne, die sie aber nicht in die Tat um­setzt.

Bei an­de­ren Müt­tern führt die Psy­cho­se ge­nau zum Ge­gen­teil: An­triebs­lo­sig­keit, Des­in­ter­es­se und Apa­thie. Sie wir­ken wie ge­lähmt oder er­starrt. Oft ha­ben sie mit star­ken Ge­füh­len von Schuld und Un­zu­läng­lich­keit zu kämp­fen, die­se blei­ben je­doch hin­ter ei­ner Mas­ke von Teil­nahms­lo­sig­keit ver­bor­gen.

Viel­fach tre­ten auch Wahn­vor­stel­lun­gen auf. So kann eine Mut­ter bei­spiels­wei­se fel­sen­fest da­von über­zeugt sein, ihr Baby sei ver­tauscht wor­den, man wol­le es ihr weg­neh­men, es sei ein Dä­mon oder Je­sus. Die­se Vor­stel­lun­gen kön­nen auch be­glei­tet sein von Hal­lu­zi­na­tio­nen, die Mut­ter nimmt also Din­ge wahr, die nicht exis­tie­ren. So kann es bei­spiels­wei­se vor­kom­men, dass sie Stim­men hört, die ihr be­feh­len, dem Kind et­was an­zu­tun.

Sui­zid­ge­dan­ken sind ein wei­te­res häu­fi­ges Sym­ptom ei­ner postpar­ta­len Psy­cho­se. Zum Schutz von Mut­ter und Kind ist es da­her aus­ge­spro­chen wich­tig, dass die Mut­ter nicht mit dem Baby al­lei­ne ge­las­sen wird und um­ge­hend in ärzt­li­che Be­treu­ung kommt.

Wo­durch wird eine Wo­chen­bett­psy­cho­se ver­ur­sacht?


Die Ur­sa­chen für das Auf­tre­ten von postpar­ta­len Psy­cho­sen sind nicht ab­schlies­send ge­klärt. Ver­mu­tet wird der Ein­fluss von hor­mo­nel­len Ver­än­de­run­gen nach der Ge­burt so­wie von so­zia­len und psy­chi­schen Fak­to­ren. Ein trau­ma­ti­sches Ge­burts­er­leb­nis gilt eben­falls als Ri­si­ko­fak­tor. Ist bei der Frau selbst oder in ih­rem fa­mi­liä­ren Um­feld be­reits frü­her eine psy­chi­sche Er­kran­kung auf­ge­tre­ten, ist das Ri­si­ko hö­her, nach der Ge­burt an ei­ner Psy­cho­se zu er­kran­ken.

Wie wird eine postpar­ta­le Psy­cho­se be­han­delt?


Bei der Wo­chen­bett­psy­cho­se han­delt es sich um ei­nen Not­fall. Die Be­hand­lung ist in der Re­gel sta­tio­när und wird mit an­ti­psy­cho­tisch wir­ken­den Me­di­ka­men­ten un­ter­stützt. Da­durch bes­sern sich die Sym­pto­me meist in­ner­halb von ei­ni­gen Wo­chen. Nach dem Ab­klin­gen der Krank­heit blei­ben je­doch bei be­trof­fe­nen Müt­tern Ver­un­si­che­rung, Selbst­zwei­fel und Ängs­te zu­rück. Um Si­cher­heit in der Be­zie­hung und im Um­gang mit dem Kind zu ge­win­nen, ist ein Auf­ent­halt in ei­ner Kli­nik für Mut­ter und Kind hilf­reich. Da­mit das ein­schnei­den­de Er­leb­nis bes­ser ver­ar­bei­tet wer­den kann, ist im An­schluss an die sta­tio­nä­re Be­hand­lung eine wei­ter­füh­ren­de Psy­cho­the­ra­pie sehr wich­tig. 

Auch wenn die Sym­pto­me wie­der gänz­lich ver­schwin­den, kann nicht aus­ge­schlos­sen wer­den, dass die Krank­heit zu ei­nem spä­te­ren Zeit­punkt im Le­ben wie­der auf­tritt. Für be­trof­fe­ne Müt­ter stellt sich na­tür­lich ins­be­son­de­re die Fra­ge, ob dies bei ei­ner wei­te­ren Ge­burt der Fall sein könn­te. Dies kann, muss je­doch nicht sein. Eine wei­te­re Schwan­ger­schaft soll­te auf alle Fäl­le gut ge­plant und fach­lich be­glei­tet wer­den. So kön­nen al­len­falls Me­di­ka­men­te zur Vor­beu­gung ver­schrie­ben und für die sen­si­ble Zeit nach der Ge­burt vor­sorg­li­che Mass­nah­men ge­trof­fen wer­den.

Letzte Aktualisierung: 21.01.2021, TV