Notfall: Verschlucken und Einatmen von Fremdkörpern
Alarmsymptome und was Sie dann schnell tun sollten. Und Tipps zur Vorsorge - damit es gar nicht erst zu einer gefährlichen Situation kommt!
Kinder unter drei Jahren erkunden ihre Welt, indem sie möglichst viel in den Mund stecken. Von der Fremdkörperaspiration sind deshalb meist Kleinkinder im Alter zwischen sechs Monaten und vier Jahren betroffen; Knaben etwa doppelt so häufig wie Mädchen.
Wann wird es gefährlich?
Sobald Ihr Kind Symptome zeigt, die auf einen eingeatmeten oder verschluckten Gegenstand hinweisen: plötzlich einsetzender Husten mit Atemnot ohne Anzeichen eines Infekts, Atemnebengeräusche wie Giemen, Pfeifen, Keuchen oder rasselnde Atmung. Auch Heiserkeit, Würgen, unklares Erbrechen, Schluckbeschwerden, Speichelfluss, Unruhe, Schmerzen im Hals und hinter dem Brustbein oder Bauchschmerzen können bei einem verschluckten Gegenstand auftreten.
Eventuell verfärbten sich die Lippen als Zeichen des einsetzenden Sauerstoffmangels bläulich.
Einatmung und/oder Verschlucken von Fremdkörpern bei Säuglingen und Kleinkindern mit der beschriebenen Symptomatik sind ein Notfall und erfordern sofortigen ärztlichen Beistand! Rufen Sie umgehend die Notfallnummer 144 an und erwähnen Sie, dass es sich um einen Säuglings- oder Kindernotfall handelt.
Erste Hilfe / Sofortmassnahmen
Als Eltern müssen Sie Ihrem Kind möglichst rasch helfen, denn das Warten auf den Rettungsdienst dauert zu lange:
Halten Sie das Kind bei vornübergebeugtem Oberkörper und ermuntern Sie es zum Husten.
Säuglinge halten Sie mit dem Bauch auf dem Arm liegend nach unten.
Klopfen Sie nun kräftig mit der Handfläche auf den Rücken zwischen die Schulterblätter.
Wenn Sie das Kind aufgrund seiner Grösse nicht mehr auf dem Schoss kopftief lagern können, bringen Sie es in eine vornüber gebeugte Position und verabreichen Sie so die Rückenschläge.
ACHTUNG: Achten Sie bei Säuglingen im ersten Lebensjahr darauf, dass das Köpfchen genügend gestützt wird.
Kann die Atemverlegung nicht beseitigt werden, drehen Sie das Kind um, legen es sich auf den Oberschenkel und beginnen mit 2-3 Fingern die Brustkorbkompression wie bei einer Herzmassage.
Kann das Kind mit den Rückenschlägen den Gegenstand nicht abhusten, umfassen Sie ab dem zweiten Lebensjahr das Kind von hinten und drücken mit den Fäusten auf den Oberbauch, um mit diesem "Heimlich-Handgriff" das Aushusten des Fremdkörpers zu unterstützen.
Wenn Ihr Kind trotz abgehustetem Gegenstand anhaltend hustet, sollten Sie unbedingt einen Arzt aufsuchen.
Auf keinen Fall sollten Sie versuchen, mit dem Finger einen noch sichtbaren Fremdkörper aus dem Mund zu entfernen. Auf diese Weise schieben Sie ihn nur noch weiter hinein.
Natürliche Ausscheidung unterstützen
Hat Ihr Kind einen Gegenstand verschluckt, aber keinerlei Symptome, bleiben Sie ganz ruhig. Die meisten kleinen Gegenstände, die verschluckt werden, passieren ohne Probleme den Verdauungstrakt. Dies sind zum Beispiel Nahrungsmittel (v.a. Erdnüsse, Weintrauben, Rüeblistücke), Spielzeugteile, aber auch Schrauben und Nadeln, kleine Kunststoffteilchen und Folien (kaputte Luftballons, Plastiklaschen von Taschentüchern).
Ist der Übergang von der Speiseröhre in den Magen geschafft, werden sie mit dem Stuhl innerhalb von einigen Stunden ausgeschieden. Unterstützen kann man diesen Prozess mit faserreicher Nahrung und viel trinken.
Auch wenn sich Ihr Kind beim Essen verschluckt, aber nicht hustet und noch sprechen kann, machen Sie erst einmal nichts. Eventuell lassen Sie das Kind husten, denn so kann es sich am besten selbst helfen. Hilfreich ist es dann, gemeinsam mit dem Kind zu husten.
Wann muss der Fremdkörper endoskopisch entfernt werden?
Gefährlich wird es, wenn der Fremdkörper in den Atemwegen, also Luftröhre oder Lunge, landet. Es kann zur kompletten Verlegung der Luftröhre kommen, das Kind bekommt keine Luft mehr und erstickt. Bereits fünf Minuten ohne Sauerstoff können das Gehirn schädigen.
Aber schon wenn der Fremdköper "nur" im oberen Teil der Speiseröhre in gefährlicher Nähe zur Luftröhre stecken bleibt, kann der Kehlkopf und/oder die Luftröhre einengt werden und so zu Atembeschwerden beitragen oder gar zum Ersticken führen. Im Notfall muss ein Kind in Vollnarkose untersucht und der Gegenstand entfernt werden. Dies geschieht im Spital mit einer Zange oder, bei tieferem Sitz, mit einem Katheter oder flexiblen Endoskop unter Allgemeinanästhesie.
Auch können sich innerhalb von 24 Stunden eine Lungenentzündung oder andere Komplikationen entwickeln. Je länger ein steckengebliebener Fremdkörper an einer Stelle verbleibt, desto grösser ist die Gefahr von Folgeschäden wie Schleimhautverletzung, Blutung und Entzündung.
Gefährliche Batterien und Magnete
Wenn sich die Objekte in der Speiseröhre verkeilen, sind es eher grössere, unregelmässige, spitze oder scharfrandige Fremdkörper, die beim Verschlucken Verletzungen verursachen oder hängenbleiben können. Häufig sind das Knopfbatterien, Münzen, Spielmagnete sowie grössere Nahrungsmittel. Unbedingt entfernt werden müssen:
Knopfbatterien: Nicht die auslaufende alkalische Substanz ist gefährlich, sondern ein Stromfluss, der im Magen-Darm-Trakt in Gang kommen kann. Durch Hydrolyse von Gewebseflüssigkeit kommt es zur Freisetzung negativ geladener Hydroxidionen. Als Erste-Hilfe-Massnahme raten US-Mediziner zur Gabe von Honig, das in experimentellen Studien die Schäden auf der Schleimhaut begrenzt hat.
Zwei oder mehr Spielmagnete: Diese müssen geborgen werden, bevor sie in den Darm gelangen und dann nicht mehr erreichbar sind. Die Magnete können durch ihre Haftung aneinander die Schleimhaut des Darms einklemmen und sie dadurch schädigen. Einzelne Magnete sind unschädlich.
Verschlucken vermeiden!
Mit der Einführung der Beikost wird Verschlucken häufiger. Besonders gefährlich aufgrund ihrer Form und Grösse sind ganze Nüsse, die Kinder deshalb erst ab drei Jahren essen sollten. Blaubeeren, Weintrauben und anderes prallelastisches Obst kann man halbieren. Gekochter Mais, Erbsen und andere Hülsenfrüchte sind in der Regel weich genug und kein Problem.
Am wichtigsten ist es, dass ein Baby den Mahlzeiten nicht unbeaufsichtigt ist. Bleiben Sie immer aufmerksam in der Nähe des Kindes. Eine sichere Essumgebung hilft zusätzlich. Dazu gehört aufrechtes Sitzen (nicht in der Babywippe), Essen in Ruhe und ohne Zeitdruck. Dagegen ist die Kombination aus Aktivität (also Herumumrennen und Spielen) und Essen immer gefährlich.
Damit Sie im Notfall rasch und richtig reagieren können - das Info-Büchlein der Schweizerischen Samariter.