Kind­li­cher Sprach­er­werb in den ers­ten bei­den Le­bens­jah­ren

Spre­chen ler­nen und die Sprach­ent­wick­lung för­dern - wie geht das?

Mutter spricht Baby vor
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Gast­bei­trag von Mi­chae­la Da­vi­son

Wenn Kin­der spre­chen ler­nen, er­fah­ren wir Er­wach­se­nen je­den Tag ein biss­chen mehr über ihre klei­nen Per­sön­lich­kei­ten. Es ist eine Zeit vol­ler klei­ner Wun­der. Und ist es nicht un­glaub­lich ver­blüf­fend, wie der Sprach­er­werb schein­bar aus dem Nichts ge­schieht? Wie in­ner­halb nur we­ni­ger Mo­na­te aus dem ers­ten fröh­li­chen „dada­da“ die ers­ten Wör­ter ent­ste­hen? Das Spre­chen­ler­nen ist eine hoch­kom­ple­xe mensch­li­che Fä­hig­keit, die wir im­mer noch nicht ganz ver­ste­hen. Psy­cho­lo­gen und Lin­gu­is­ten dis­ku­tie­ren lau­fend dar­über, wie ge­nau der Sprach­er­werb ei­gent­lich ab­läuft. Denn was so mü­he­los aus­schaut, ist in Wahr­heit eine Höchst­leis­tung des kind­li­chen Ge­hirns.

Doch in wel­chen Pha­sen ver­läuft ei­gent­lich der Sprach­er­werb und was kön­nen El­tern und an­de­re Be­zugs­per­so­nen tun, um die sprach­li­che Ent­wick­lung des Kin­des zu för­dern?

Sprach­theo­rie

Die­se 5 Prin­zi­pi­en müs­sen für den Sprach­er­werb er­füllt sein

  1. Ein Kind braucht einen Grund, um zu kommunizieren. 
  2. Ein Kind beginnt zu sprechen, wenn es verstanden hat, dass es so leichter ein Ziel erreichen kann „Mama, trinken!“ 
  3. Kinder lernen Sprache durch sinnvolle Interaktionen mit Erwachsenen. 
  4. Ein Kind braucht einen Erwachsenen für Wiederholungen und Klärungen, um dekodieren zu können, was gesagt wird. 
  5. Das Kind braucht neben der Sprachfähigkeit kognitive und soziale Fähigkeiten, um die Sprache weiterzuentwickeln. 

(Quelle: Nicola Latey und Tracey Blake in „Small Talk“)

Sprach­er­werb be­ginnt im Mut­ter­leib


Die Wis­sen­schaft ist sich dar­über ei­nig, dass kind­li­cher Sprach­er­werb schon im Mut­ter­leib ge­schieht. Um den 7. Schwan­ger­schafts­mo­nat re­agiert der Fö­tus schon auf Ge­räu­sche wie Glo­cken­läu­ten oder Te­le­fon­klin­geln und kann so­gar un­ter­schied­li­che Klän­ge aus­ein­an­der­hal­ten. Die pro­mi­nen­tes­ten Ge­räu­sche für das Baby sind zu dem Zeit­punkt aber der Herz­schlag und die Stim­me der Mut­ter. Letz­te­re kann es schon früh von an­de­ren Ge­räu­schen un­ter­schei­den und er­kennt sie nach der Ge­burt so­fort wie­der. Auch kann es be­stimm­te Merk­ma­le sei­ner Mut­ter­spra­che er­ken­nen und so­gar be­stimm­te Ge­schich­ten wie­der­erken­nen, die es wäh­rend der Schwan­ger­schaft re­gel­mäs­sig ge­hört hat.

Aus der For­schung

Kathleen Wernke von der Universität Würzburg kam im Rahmen einer Studie zu dem Ergebnis, dass Neugeborene spezifische Wein-Melodien haben. Sie fand heraus, dass die Wein-Melodie eines Babys der Satzmelodie der Muttersprache entspricht, die das Baby im Laufe des letzten Trimesters gehört hat. 

Tipps:

  • Schon wäh­rend der Schwan­ger­schaft kann man sehr viel zur Sprach­ent­wick­lung des Kin­des bei-tra­gen, in­dem man mit ihm spricht, ihm vor­liest, vor­singt oder Mu­sik vor­spielt.

0 bis 6 Mo­na­te: Wei­nen, Kör­per­spra­che und ers­te Bab­bel-Ge­räu­sche 


Ba­bys kom­mu­ni­zie­ren, so­bald sie auf der Welt sind. So ist schon das Wei­nen des Neu­ge­bo­re­nen der ers­te Aus­druck sprach­li­cher Kom­mu­ni­ka­ti­on. Denn durch das Wei­nen drü­cken sie ein Be­dürf­nis aus. Neu­ge­bo­re­ne sind zu­dem in­stink­tiv so­zi­al. Schon nach kur­zer Zeit su­chen sie Au­gen­kon­takt und mus­tern ge­nau das Ge­sicht der Mut­ter. In­ner­halb we­ni­ger Stun­den nach der Ge­burt kön­nen sie er­ken­nen, aus wel­chem Mund die müt­ter­li­che Stim­me kommt. Ne­ben der Bin­dung dient der Au­gen­kon­takt dazu, den Ge­sichts­aus­druck der Mut­ter nach­zu­ah­men und mit dem ei­ge­nen Ge­sicht zu ex­pe­ri­men­tie­ren.

Noch kann das Baby sich nicht mit Wor­ten ver­stän­di­gen, doch es kann sich durch Wei­nen und Kör­per­hal­tung mit­tei­len. Es dreht das Köpf­chen, wenn es an­ge­spro­chen wird, ballt die Fäust­chen, wenn es an­ge­spannt ist. Erst nach ein paar Wo­chen, wenn sich der Kehl­kopf ge­senkt hat, pro­du­ziert das Baby ers­te Gurr­lau­te im hin­te­ren Ra­chen­raum, die sich vom Wei­nen un­ter­schei­den.

An­fangs hört sich Spra­che für das Baby an wie ein ein­zi­ger Wort­schwall. Erst in­ner­halb der nächs­ten Mo­na­te wird es ler­nen, ein­zel­ne Wör­ter von­ein­an­der ab­zu­gren­zen und rich­tig ein­zu­ord­nen. Es lernt mit der Zeit, Re­gel­mäs­sig­kei­ten zu er­ken­nen und Laut­fol­gen, die es im­mer wie­der hört, als in­ter­es­sant ab­zu­spei­chern. Nach und nach ge­win­nen die­se Laut­ket­ten dann an Be­deu-ung. Zeigt der Papa bei­spiels­wei­se auf eine Kat­ze und sagt da­bei „Kat­ze“, und tut er dies über län­ge­re Zeit hin­weg bei vie­len un­ter­schied­li­chen Kat­zen, so wird das Wort „Kat­ze“ mit sei­nem Be­zug in der Welt im kind­li­chen Ge­hirn ab­ge­spei­chert. Die meis­ten Wör­ter al­ler­dings er­schliesst sich das Kind aus dem Kon­text.

Mit etwa drei Mo­na­ten be­gin­nen die meis­ten Ba­bys zu lal­len und zu bab­beln. Und das tun sie nicht um­sonst. Denn alle Ge­räu­sche, die Ba­bys in die­sen ers­ten 6 Mo­na­ten pro­du­zie­ren, sind re­le­van­te Bau­stei­ne für ihre spä­te­re sprach­li­che Ent­wick­lung. Am Ende die­ser Pha­se bab­beln Ba­bys viel und ger­ne. Sie „er­zäh­len“, ah­men uns Er­wach­se­ne nach. Sie gur­ren und krä­hen laut­stark am Kü­chen­tisch mit, wenn wir uns un­ter­hal­ten. Jetzt ver­ste­hen sie be­reits ein­fa­che Wör­ter wie „Tel­ler“ oder „Ball“.

Baby-Talk

Die meisten Erwachsenen ändern ihre Stimmlage und Sprechweise instinktiv, wenn sie mit Babys sprechen. Auch das hat die Natur sich gut ausgedacht. Die höhere Stimmlage, die starke Betonung und das langsamere Sprechtempo, das sogenannte „Baby Talk“ (fachsprachlich „infant directed speech“) ist für Babys hochinteressant. Erik Thiessen von der Carnegie Mellin University hat zudem herausgefunden, dass Babys Wörter schneller lernen, wenn sie auf diese Art angesprochen werden. 

Tipps:

  • Al­les, was El­tern in­stink­tiv und ger­ne in die­ser ers­ten Zeit mit dem Kind tun, för­dert auf na­tür­li­che Wei­se sei­nen Sprach­er­werb. In­dem sie die ers­ten Bab­bel-Lau­te des Ba­bys er­wi­dern, kann be­reits ein klei­nes Bab­bel-Ge­spräch mit dem Kind ent­ste­hen. Sin­gen, spre­chen, spie­len, ein­an­der nach­ah­men und ge­mein­sam Spass ha­ben trägt enorm zum Sprach­er­werb bei.

  • All­tags­be­glei­ten­des Spre­chen: Schon Säug­lin­ge brau­chen von An­fang an all­tags­be­glei­ten­des Spre­chen. Sie sind von Ge­burt an im Tun-Mo­dus, sie ler­nen mit ih­rem gan­zen Kör­per und al­len Sin­nen. Dar­um ist es sinn­voll, alle Hand­lun­gen, in die das Baby in­vol­viert ist, sprach­lich zu be­glei­ten.

  • Hop­pe Rei­ter, Ver­se, Lie­der Fin­ger­spie­le: Kin­der pro­fi­tie­ren hier von der star­ken Rhyth­mik der Ver­se, der deut­li­chen Tren­nung der Sil­ben und Rei­me. Sie ler­nen, wo ein Wort auf­hört und das nächs­te an­fängt, wie die Wör­ter in ih­rer Mut­ter­spra­che be­tont wer­den und in­di­rekt so­gar schon ers­te Satz­mus­ter.

Be­we­gung und Sprach­er­werb

Der Rhythmus des Vor-und Zurückbewegens soll dabei helfen. Worte zu finden und sie spielerisch in neue Zusammenhänge zu stellen. Immer mehr Forscher sind davon überzeugt, dass man Kinder durch Bewegung beim Sprechenlernen unterstützt.

6 bis 12 Mo­na­te: Die Bab­bel-Pha­se 


Nun be­ginnt der Spass so rich­tig. Das Kind lernt zu ni­cken, zu win­ken, zu klat­schen und zu zei­gen. Das Mit­ein­an­der macht ein­fach Spass und ge­mein­sa­mes Ki­chern, Spie­len, Sin­gen und Le­sen sind das Gröss­te. Ba­bys ge­nies­sen die In­ter­ak­ti­on mit ih­ren Be­zugs­per­so­nen sehr, sie lie­ben Rei­me und Bil­der­bü­cher. Sie wer­den nun auch zu­neh­mend so­zia­ler, neh­men ihre Um­welt im­mer mehr wahr und su­chen auch den Kon­takt zu an­de­ren Men­schen. So freu­en sie sich zum Bei­spiel, wenn die net­te Frau an der Su­per­markt­kas­se sie an­lä­chelt.

Die meis­ten Ba­bys fan­gen nun an zu sit­zen, zu krab­beln und mit dem Es­sen zu ex­pe­ri­men­tie­ren. Vie­le be­gin­nen nun auch schon zu lau­fen. Weil aber so vie­le Ver­än­de­run­gen auf kör­per­li­cher Ebe­ne statt­fin­den, hat es oft den An­schein, als ob sprach­lich nicht so viel ge­schieht. Doch der Schein trügt: Un­ter der Ober­flä­che pas­siert auch in Sa­chen Sprach­er­werb eine gan­ze Men­ge!

Wäh­rend die­ser Zeit …

  • per­fek­tio­niert das Baby das Bab­beln (Sil­ben-Ver­dopp­lung).

  • hört es auf­merk­sam zu und dreht das Köpf­chen, wenn je­mand am an­de­ren Ende des Rau­mes spricht.

  • schaut es uns an, wenn wir spre­chen und sei­nen Na­men sa­gen.

  • er­scheint das Bab­beln dif­fe­ren­zier­ter und mehr als „Wort­strang“.

  • macht das Baby Ge­räu­sche, zeigt mit dem Fin­ger und schaut uns an, um un­se­re Auf­merk­sam­keit zu be­kom­men.

  • lä­chelt es zu­rück, wenn es von an­de­ren Men­schen an­ge­lä­chelt wird.

  • be­ginnt es, Wör­ter wie „Ade“ oder „hoch“ zu ver­ste­hen, ins­be­son­de­re, wenn die­se Wor­te mit ei­ner Ges­te be­glei­tet wer­den.

  • er­kennt es Na­men be­kann­ter Ob­jek­te und Per­so­nen wie „Auto“ oder „Papa“.

  • liebt es Lie­der und Rei­me.

  • bab­belt es zu­rück, wenn es an­ge­spro­chen wird und war­tet eine Ant­wort ab. (Mit etwa neun Mo­na­ten er­war­tet es auf Ge­sag­tes eine Ant­wort).

  • er­kennt und ver­steht es im­mer mehr neue Wör­ter.

  • sagt es viel­leicht schon das ers­te Wort, wenn auch oft­mals von Er­wach­se­nen un­be­merkt.

(Quel­le: Ni­co­la La­tey und Tracey Bla­ke in „Small Talk“)

Tipps:

  • Er­mu­ti­gen Sie das Kind, zu bab­beln: Imi­tie­ren Sie die Ge­räu­sche, die Ihr Baby macht und „un­ter­hal­ten“ sie sich mit ihm in Bab­bel-Spra­che.

  • Spiel­zeug­te­le­fo­ne eig­nen sich sehr gut zum ge­mein­sa­men Bab­beln.

  • Be­sor­gen Sie Hand­pup­pen und las­sen Sie sie spre­chen und bab­beln. Aus ei­ner ein­sa­men So­cke lässt sich eine Hand­pup­pe auch ganz leicht selbst her­stel­len.

  • Ur­sa­che-und-Wir­kung-Spiel­sa­chen sind in die­ser Pha­se för­der­lich.

  • Sehr wich­tig sind all­tags­be­glei­ten­des Spre­chen und viel Au­gen­kon­takt.

  • Ma­chen Sie Lärm! Ma­chen Sie Mu­sik in der Kü­che mit Töp­fen und Holz­löf­feln. Dann sei­en Sie ganz lei­se. Die­ser Wech­sel för­dert Kon­zen­tra­ti­on und Hör­ver­mö­gen.

  • Ge­hen Sie raus und lau­schen Sie den Ge­räu­schen der Um­ge­bung.

  • Rei­me, Lie­der, Bü­cher! Je mehr und viel­fäl­ti­ger, des­to bes­ser.

Wann ist ein Wort ein Wort?

Ein Kind muss ein Wort ca. 500 mal hören, bevor es dieses selbst sagen will. Es sagt vielleicht schon Wörter, die Erwachsene, besonders Aussenstehende, noch nicht als solche erkennen, z.B. „ajo“ für „hallo“. 

12-18 Mo­na­te: Die Ein-Wort-Pha­se


Zu Be­ginn die­ser Pha­se ver­ste­hen die meis­ten Kin­der be­reits ein paar ein­fa­che Wör­ter wie „trin­ken“ oder „Schuh“ so­wie ein­fa­che An­wei­sun­gen wie „Kick den Ball!“ oder „Gib mir…!“. Sie zei­gen auf be­kann­te Ob­jek­te und Men­schen und ge­brau­chen selbst etwa 20 ein­fa­che Wör­ter, auch wenn die­se von aus­sen­ste­hen­den Er­wach­se­nen oft­mals schwer zu er­ken­nen sind. Sie be­glei­ten ihre Wör­ter mit Ges­ten und Ge­räu­schen und ver­su­chen zu imi­tie­ren, was wir Er­wach­se­nen sa­gen. Man­che Kin­der be­gin­nen sich be­reits für ein­fa­che Rol­len­spie­le zu in­ter­es­sie­ren.

Ne­ben den an­fäng­li­chen Sub­stan­ti­ven und klei­nen Prä­po­si­tio­nen (da!) kom­men im Lau­fe des zwei­ten Le­bens­jah­res Ver­ben und Ad­jek­ti­ve dazu, z.B. „es­sen“ oder „heiss“

Tipps: 

  • Le­sen Sie viel mit Ih­rem Kind. Ge­mein­sam Bü­cher an­schau­en und nach­er­zäh­len macht jetzt noch mehr Spass. Las­sen Sie Ihr Kind das Buch aus­wäh­len. Na­tür­lich sor­gen auch Rei­me und Lie­der nach wie vor für jede Men­ge sprach­li­chen In­put.

  • All­tags­be­glei­ten­des Spre­chen. Be­glei­ten Sie mit Wor­ten, was Sie tun und was Sie se­hen: Und: was ihr Kind tut und sieht! Bei­spiel: Wenn das Kind rennt, sa­gen Sie: „Renn, renn, renn!“ Wenn es mit Löf­feln auf Töp­fe haut, „Bumm, bumm, bumm!“ Wenn Ihr Kind ein vor­bei­fah­ren­des Auto be­staunt, sa­gen Sie „Auto!“ Be­nen­nen Sie für das Kind, was es in sei­ner Um­welt wahr­nimmt. Die meis­ten El­tern ma­chen das in­stink­tiv so. Es mag ba­nal klin­gen, ist aber enorm wich­tig für den Sprach­er­werb.

  • Be­nen­nen Sie Fa­mi­li­en­mit­glie­der. Kin­der lie­ben es, Fa­mi­li­en­fo­tos an­zu­schau­en und Ge­sich­ter wie­der­zu­ken­nen.

  • Spie­len Sie: Was ist im Beu­tel? Das Kind greift ei­nen Ge­gen­stand aus dem Beu­tel und be­nennt ihn. Hel­fen Sie ihm da­bei.

  • Sei­en Sie aber ge­ne­rell vor­sich­tig mit Fra­gen wie „Wel­che Far­be ist das?“ oder „Wie heisst das?“ Das baut Druck auf und hemmt die Freu­de am Kom­mu­ni­zie­ren.

  • Der prak­ti­sche Um­gang mit Ge­gen­stän­den hat Ein­fluss dar­auf, wie gut man an­schlies­send über Din­ge nach­den­ken und sie be­nen­nen kann. Wenn ein Kind ei­nen Ball nicht nur ge­zeigt be­kommt, son­dern ihn auch an­fas­sen, rol­len und wer­fen kann, wird es die­se Sprach­hand­lun­gen spä­ter auch dif­fe­ren­zier­ter be­nen­nen kön­nen.

Vor­le­sen gilt für je­des Al­ter

Vorlesen fördert nicht nur den Spracherwerb, sondern auch viele weitere Schlüsselkompetenzen. Die Stiftung Lesen schreibt „Vorlesen ist ein hochwirksamer Impuls für die sprachliche Entwicklung, die kognitiven Fähigkeiten und die Bildungserfolge, die persönliche Ent-wicklung und die sozialen Kompetenzen.“ Auch Hörspiele, Fernsehsendungen und Filme können, sinnvoll eingesetzt, den Spracherwerb fördern. Das Vorlesen steht jedoch an oberster Stelle.

18 bis 24 Mo­na­te: Die Zwei-Wort-Pha­se


Schnal­len Sie sich an und set­zen Sie ihre Schutz­bril­le auf, denn in die­ser Zeit wer­den Sie Zeu­ge ei­ner re­gel­rech­ten Sprach­ex­plo­si­on! Am Ende die­ser Pha­se (mit etwa zwei Jah­ren) ver­steht Ihr Kind zwi­schen 200 und 500 Wör­ter, ge­braucht selbst 50 bis 200 Wör­ter. Aber kei­ne Pa­nik, al­les da­zwi­schen ist völ­lig nor­mal. Je­des Kind ist an­ders!

Aus der ge­hör­ten Spra­che sei­ner Um­ge­bung er­schliesst sich Ih­rem Kind die in­ne­re Lo­gik und Struk­tur der Spra­che: Nach und nach lei­tet es nun die Re­geln über den Ge­brauch der Wör­ter und den Satz­bau ab und wen­det sie an. Es be­ginnt, ers­te Ver­ben zu be­nut­zen, Zwei-Wort-Sät­ze zu bil­den (z.B. "Ted­dy schla­fen", "Auto ha­ben", „mehr Was­ser!“) und den Un­ter­schied zwi­schen Ein­zahl und Mehr­zahl zu be­grei­fen (Stift-Stif­te).

Ihr Kind schaut sich Bil­der­bü­cher nun län­ger und kon­zen­trier­ter an und be­tei­ligt sich ak­tiv am Vor­le­sen. Es ver­steht nun auch ver­mehrt ein­fa­che Fra­gen und An­wei­sun­gen wie: „Wo ist dein Schuh?“ oder „Zeig mir dei­ne Nase.“ Es ahmt jede Men­ge Ge­räu­sche und Wör­ter nach.

Tipps: 

  • Viel le­sen, viel spre­chen, viel spie­len und sin­gen!

  • Räu­men Sie je­den Tag Zeit für klei­ne „Small Talks“ ein. Las­sen Sie Ihr Kind abends Re­vue pas­sie­ren, was es den Tag über un­ter­nom­men hat und las­sen Sie es er­zäh­len. Hö­ren Sie auf­merk­sam zu und stel­len Sie Fra­gen zum Er­leb­ten. Die­se klei­nen Un­ter­hal­tun­gen sind so un­glaub­lich wert­voll. 

„Late Tal­ker“

Kinder, die bis zu ihrem 2. Geburtstag weniger als 50 (alle Muttersprachen) Wörter sprechen und keine Wortkombinationen wie „Ball werfen“ bilden, werden als „Late Talker“ bezeichnet. Diese Kinder entwickeln sich generell genau wie andere Kinder, sprechen einfach weniger. Mit 2,5 Jahren haben die meisten Kinder aufgeholt. Wenn Sie Bedenken haben, wenn Ihr Kind in diesem Alter keine oder nur sehr wenige Worte spricht, wenn es unverständlich spricht oder wenn Sie das Gefühl haben, Ihr Kind versteht Sie nicht, sprechen Sie mit Ihrem Kinderarzt. Hören Sie am besten auf Ihr Bauchgefühl.

Wich­tig für alle Sprach­er­werbs­pha­sen!

Die obi­gen Tipps sind An­re­gun­gen die El­tern, die nach ih­nen su­chen. El­tern müs­sen das Spre­chen mit ih­ren Kin­dern nicht üben! Je­des Kind hat sein ei­ge­nes Tem­po beim Spre­chen­ler­nen. Wenn das Kind ge­nug Spra­che in sei­ner Um­ge­bung hört, wenn Sie ihm vor­le­sen, mit ihm sin­gen, spie­len und na­tür­lich viel mit ihm spre­chen (inkl. all­tags­be­glei­ten­des Spre­chen), ist es aus­rei­chend ge­för­dert.

Zur Per­son

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Michaela Davison ist Lektorin und Mutter dreier Kinder. Sie wohnt mit ihrer Familie in der Nähe von Zürich. Zwar liest sie gern die Texte anderer, schreibt selbst aber auch leidenschaftlich gerne. Vor allem übers Elternsein. Weitere Infos unter Leselupe.ch

FAQHäu­fi­ge Fra­gen zum The­ma

Die Sprach­ent­wick­lung ver­läuft bei je­dem Kind un­ter­schied­lich. Die ers­ten Wör­ter, der ers­te Zwei­wort­satz, ver­an­las­sen El­tern häu­fig zu Ver­glei­chen mit gleich­alt­ri­gen Kin­dern, was nicht sel­ten zu Ver­un­si­che­run­gen führt. Im Al­ter von 24 Mo­na­ten spre­chen etwa 20 Pro­zent al­ler Kin­der noch kei­ne 50 …
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Letzte Aktualisierung: 04.02.2022, Michaela Davison, JL