Blutungen während oder kurz nach der Geburt
Warum es bei einer Geburt ausserordentlich stark bluten kann und wie solche Blutungen behandelt werden.
Unabhängig davon, ob Sie Ihr Kind vaginal oder mit einem Kaiserschnitt gebären: Blutungen treten bei jeder Geburt auf. In manchen Fällen verliert die Gebärende dabei aber mehr Blut als gewöhnlich.
Normaler Blutverlust während der Geburt
Blutungen während oder kurz nach der Geburt sind normal, schliesslich ist das Kind über die Nabelschnur und die Plazenta mit dem Blutkreislauf der Mutter verbunden. Kurz nach der Geburt löst sich die Plazenta von der Gebärmutterwand und hinterlässt eine grosse blutende Wunde.
In den ersten 24 Stunden nach einer vaginalen Geburt ist ein Blutverlust von bis zu 500 Milliliter normal. Bei einem Kaiserschnitt verliert die Mutter ungefähr 500 bis 1000 Milliliter Blut. Werden diese Werte überschritten, wird von vermehrter peripatalen Blutungen (oder PPH - postpartale Hämorrhagie) gesprochen.
Ursachen für grössere Blutungen bei oder nach der Geburt
Bei ungefähr 10 Prozent aller Geburten kommt es zu einer vermehrten peripartalen Blutung mit mehr als einem halben Liter Blutverlust. Schwere Fälle mit einem Blutverlust von über einem Liter kommen bei 1 bis 2 Prozent der Gebärenden vor.
Die Ursachen dafür können folgende sein:
Bei der häufigsten Ursache, einer Uterusatonie, zieht sich die Gebärmutter nach der Geburt nicht ausreichend zusammen. Dies ist wichtig, weil die grosse Wundfläche, welche entsteht, nachdem sich die Plazenta von der Wand der Gebärmutter gelöst hat, blutet und sich die Gebärmutter zusammenziehen muss, um die Gefässe zu verschliessen.
Eine weitere Ursache ist die Plazentaretention: Wenn sich die Plazenta - oder Teile davon - nach der Geburt nicht selbstständig von der Gebärmutterwand löst, kann diese sich nicht genügend zusammenziehen, um die Blutung zu stoppen.
Wenn sich die Plazenta zu früh - bevor das Kind geboren ist - von der Gebärmutterwand löst, kommt es aus demselben Grund zu Blutungen. In diesem Fall besteht auch für das Kind eine grosse Gefahr, da es nicht mehr mit Sauerstoff versorgt werden kann.
Geburtsverletzungen wie zum Beispiel ein Damm-, Scheiden- oder auch Gebärmutterhalsriss führen zu Blutungen.
Bei Blutgerinnungsstörungen, zum Beispiel beim Auftreten des HELLP-Syndroms, kann der Körper auch eine eher harmlose Blutung nicht selber stoppen.
Ein Riss in der Gebärmutter - meist nach einem vorangegangen Kaiserschnitt oder Operation an der Gebärmutter - oder eine seltene Gebärmutterinversion (die Gebärmutter stülpt sich von innen nah aussen) gehören ebenfalls zu den blutenden Komplikationen unter der Geburt.
Eine weitere Blutungsursache kann die Plazenta praevia sein. Dabei liegt die Plazenta vor dem inneren Muttermund und kann bei Wehen oder Eröffnung des Muttermundes vor der Geburt einreissen. Häufig kommt es bereits im dritten Schwangerschaftsdrittel zu plötzlichen schmerzlosen Blutungen. Diese Komplikation wird aber heute bereits im Rahmen der Ultraschallkontrollen entdeckt. Zur Sicherheit wird in diesen Fällen in der 38. Schwangerschaftswoche ein Kaiserschnitt durchgeführt.
Gefahren von grösseren Blutungen bei der Geburt
Beträgt der Blutverlust mehr als 1500 Milliliter, besteht die Gefahr eines Kreislaufschocks. In diesem Fall werden die Organe nicht mehr genügend durchblutet und es kann zu einem Multiorganversagen kommen.
Behandlung von peripartalen Blutungen
Die Behandlung ist von der Ursache der Blutung abhängig. Allgemein gilt aber, den Kreislauf mit Infusionen zu stabilisieren und wenn nötig den Blutverlust mit Transfusionen zu behandeln.
Bei einer Uterusatonie kann das Zusammenziehen der Gebärmutter medikamentös und durch Druck von aussen auf die Gebärmutter behandelt werden. Ist dies erfolglos, wird versucht, die Blutung mit Tamponaden in der Gebärmutter oder operativ zu stoppen. Im äussersten Notfall muss die Gebärmutter entfernt werden.
Eine Plazentaretention oder Restplazenta nach der Geburt erfordert eine operative Entfernung.
Bei einer vorzeitigen Plazentalösung muss ein notfallmässiger Kaiserschnitt durchgeführt werden.
Geburtsverletzungen werden genäht.
Blutgerinnungsstörungen müssen unter anderem mit Bluttransfusionen und Gerinnungsfaktoren behandelt werden.
Bei einem Gebärmutterriss muss ein Notfall-Kaiserschnitt durchgeführt werden.