Die Hebamme
Expertin vor, während und nach der Geburt
Während der Schwangerschaft, unter der Geburt, zu Hause im Wochenbett – in all diesen Situationen steht die Hebamme werdenden Müttern und Vätern als Gesundheitsfachperson zur Seite. Dabei behält sie nicht nur die Gesundheit von Mutter und Kind im Blick, sondern berät die Eltern möglichst ganzheitlich in den verschiedensten Fragen rund ums Elternwerden.
Die Hebamme: Gesundheitsfachperson mit breitgefächerten Aufgaben
Das Aufgabengebiet einer Hebamme ist äusserst vielfältig. Ob sie werdende Mütter und Väter im Geburtsvorbereitungskurs mögliche Geburtspositionen lehrt, einer Gebärenden hilft, die Geburt aus eigener Kraft zu bewältigen oder die die frischgebackenen Eltern zu den Schlaf- und Wachrhythmen des Babys berät: Neben grosser Fachkompetenz ist stets auch sehr viel Einfühlungsvermögen und eigenständiges Handeln gefragt.
Hebammen sind Fachfrauen für Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett, Stillzeit und Familienwerdung bis zum ersten Geburtstag des Kindes. Das Fachhochschulstudium beinhaltet darum einerseits die Vermittlung von wissenschaftlich fundiertem Fachwissen, andererseits die praktische Ausbildung in verschiedenen Institutionen (Spitäler, Hebammenpraxen und Geburtshäuser). Zudem sind sie kompetente Beraterinnen in Sachen Familienplanung und Frauengesundheit. Sie sind ausserdem geschult und erfahren in der Früherkennung von psychischen Erkrankungen im Zusammenhang mit der Mutterschaft.
Hebammenbetreuung während der Schwangerschaft
Während der Schwangerschaft werden der Gesundheitszustand der Mutter und die Entwicklung des Babys regelmässig überprüft. Diese Vorsorgeuntersuchungen können Schwangere bei der Hebamme oder bei der Gynäkologin durchführen lassen. Es wird empfohlen, dass vor der 16. Schwangerschaftswoche eine erste ärztliche Kontrolle stattfinden sollte. Vorsorgeuntersuchungen werden dann oft abwechselnd einmal von der Hebamme, einmal vom Arzt durchgeführt. Schwangerschaftskontrollen bei der Hebamme sind auch in einer Risikoschwangerschaft möglich und sinnvoll. Enge Absprachen zwischen der Gynäkologin und der Hebamme sind in diesem Fall besonders wichtig.
Hebammen sind dazu ausgebildet, alle wichtigen Untersuchungen wie Blutuntersuchungen, Vaginalabstriche und die Überwachung der kindlichen Herztöne eigenverantwortlich durchzuführen. Ultraschalluntersuchungen werden jedoch stets von einem Arzt vorgenommen. Im Zentrum der Schwangerschaftskontrollen steht einerseits das Medizinische, andererseits beraten Hebammen Sie beispielsweise in der Wahl des Geburtsorts, der Stillvorbereitung, der Planung des Wochenbetts und der Organisation des neuen Familienalltags. Ihre Hebamme kann Ihnen auch Therapieangebote vermitteln oder Sie auf kantonale Beratungsstellen und weiteren Fachstellen aufmerksam machen und Sie so dabei unterstützen, ein tragfähiges Netzwerk zu knüpfen.
Eine vertiefte Vorbereitung auf die Geburt und das Leben mit dem Baby bieten Hebammen ausserdem in Geburtsvorbereitungskursen. Das Angebot an unterschiedlichen Kursen ist riesig: Geburtsvorbereitung im Wasser, mit Einführung in die Geburtshypnose, für werdende Mehrlingseltern, für Migrantinnen; Kompaktkurse für Paare, Einzelkurse für Risikoschwangere, Vorbereitungskurse auf die Elternschaft, Bewegung in der Schwangerschaft etc. Die Vermittlung von Fachwissen rund um Schwangerschaft, Geburt, Stillen und Wochenbett gehören ebenso zum Kursprogramm wie das Einüben von Entspannungs- und Atemtechniken, die während der Schwangerschaft und insbesondere unter der Geburt hilfreich sind.
Die Hebamme als Geburtsbegleiterin
Dank ihrer umfassenden Ausbildung haben Hebammen in der Schweiz die Kompetenz, Geburten, die ohne Auffälligkeiten verlaufen, in eigener Verantwortung zu leiten. Bei der Spitalgeburt ist die diensthabende Hebamme Ihre erste und wichtigste Ansprechperson. Sie bespricht mit Ihnen Ihre Wünsche für die Geburt und allfällige Ängste, die Sie haben. Sie leitet die Geburt und unterstützt Sie in den verschiedenen Geburtsphasen, beispielsweise mit verschiedenen Methoden der natürlichen Schmerzlinderung. Bei einer länger dauernden Geburt kann es vorkommen, dass Sie nacheinander von verschiedenen Hebammen betreut werden.
Während der letzten Phase der Geburt ist üblicherweise eine Ärztin anwesend, die Leitung der Geburt liegt aber weiterhin bei der Hebamme. Je nach Situation übergibt die Hebamme aber die Verantwortung in ärztliche Hand.
Schweizer Spitäler bieten vermehrt das Angebot der hebammengeleiteten Geburt an. Hierbei leitet die Hebamme die Geburt eigenverantwortlich, erst in der letzten Phase der Geburt kommt eine zweite Hebamme hinzu. Ärzte werden nur dann beigezogen, wenn während der Geburt Komplikationen auftreten. So kann die Geburt in einem sicheren und geborgenen Umfeld stattfinden und einen weitgehend ungestörten Verlauf nehmen.
Manchen werdenden Eltern ist es ein grosses Bedürfnis, während Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett von der ihnen vertrauten Hebamme begleitet zu werden. In diesem Fall ist es sinnvoll, sich eine Klinik zu suchen, die mit Beleghebammen zusammenarbeitet. Dies sind frei praktizierende Hebammen, die mit einem Geburtsspital einen Vertrag abgeschlossen haben, um dort Geburten eigenverantwortlich zu leiten.
Wenn Sie sich eine Geburt im Spital so gar nicht vorstellen können, sollten Sie das Gespräch mit einer Hausgeburtshebamme suchen. Diese bespricht mit Ihnen, welche Voraussetzungen für eine Hausgeburt gegeben sein müssen und ob dies eine Option für Sie wäre. Möglicherweise gibt es auch ein Geburtshaus in der Nähe, wo die Geburt in einem etwas intimeren Rahmen unter der Leitung einer Hebamme stattfinden kann. Geburtshäuser stehen unter der fachlichen und organisatorischen Leitung von Hebammen; die Selbstbestimmung der werdenden Mutter während Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett ist hier besonders zentral.
Hebammenbetreuung nach der Geburt
Das Baby ist da! Neben unendlich vielen schönen Momenten bringt der Alltag mit dem Neugeborenen auch viel Unsicherheit mit sich. Die Wochenbettbesuche durch die Hebamme sind in dieser Zeit eine wertvolle Unterstützung für die Eltern. Dabei steht die Gesundheit von Mutter und Baby im Zentrum: Wie wird das Baby richtig angelegt und was hilft bei Stillproblemen? Welche Beckenbodenübungen sind bereits kurz nach der Geburt geeignet? Wie können Sie und Ihr Partner damit umgehen, wenn das Baby viel schreit? Wo bekommen Sie Unterstützung? Wer hilft Ihnen weiter bei Überforderung und Einsamkeit?
Ein Geburtsnachgespräch mit Ihrer Hebamme kann Ihnen helfen, das Erlebte einzuordnen, sodass Sie das Geburtserlebnis besser verarbeiten können. Sie kann Ihnen auch weiterführende Informationen empfehlen oder den Kontakt zu Fachpersonen vermitteln.
Die Nachkontrolle, die sechs bis zehn Wochen nach der Geburt stattfinden sollte, kann ebenfalls von der Hebamme durchgeführt werden. Dabei untersucht sie nicht nur, ob die Rückbildung erwartungsgemäss verlaufen ist und ob allfällige Geburtsverletzungen gut verheilt sind. Ebenso zentral sind die Nachbesprechung der Geburt und die Frage, wie es Ihnen psychisch geht. Der Umgang mit der Sexualität nach der Geburt sowie die Wahl einer passenden Verhütungsmethode sind weitere wichtige Aspekte, die Sie bei dieser Gelegenheit mit Ihrer Hebamme besprechen können.
Manche Hebammen haben eine Zusatzausbildung als Still- und Laktationsberaterin. Sie bieten nicht nur wertvolle Unterstützung in der Anfangszeit, sondern sind während der ganzen Stillzeit kompetente Beraterinnen bei Stillproblemen aller Art. Hier finden Sie auch Unterstützung in besonderen Situationen, beispielsweise, wenn Sie eine Brustoperation hatten und stillen möchten oder wenn Ihr Kind mit einer Lippen-, Kiefer- oder Gaumenspalte geboren worden ist.
Sechs bis acht Wochen nach der Geburt ist es Zeit, mit der Rückbildungsgymnastik anzufangen. Dies ist wichtig, da Beckenboden und Rumpfmuskulatur durch Schwangerschaft und Geburt stark belastet wurden und wieder gekräftigt werden müssen. Viele Hebammen, die Geburtsvorbereitungskurse durchführen, bieten ebenfalls Rückbildungskurse an. Auch hier gibt es ganz unterschiedliche Angebote wie zum Beispiel Rückbildung mit Baby, Pilates oder Yoga.
Die Hebamme als Ansprechperson für Frauengesundheit
Hebammen sind nicht nur Fachfrauen für Schwangerschaftsbetreuung und Geburtshilfe, sondern auch für Frauengesundheit. Daher sind sie kompetente Ansprechpersonen für Fragen rund um Familienplanung, Verhütung, Sexualaufklärung und Wechseljahre. Viele Hebammenpraxen führen auch Kurse zu diesen Themen durch. Manche frei praktizierenden Hebammen verfügen über weiterführende Ausbildungen in Sexualpädagogik oder Komplementärmedizin und bieten entsprechende Therapie- und Kursangebote an.
Welche Kosten übernimmt die Krankenkasse?
Fast alle Leistungen, die Hebammen im Zusammenhang mit Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett erbringen, sind über die Grundversicherung der Krankenkasse gedeckt.
Schwangerschaft:
Sieben Kontrolluntersuchungen während der Schwangerschaft, falls nötig weitere ärztlich angeordnete Kontrolluntersuchungen.
Ein Beitrag von Fr. 150 beim Besuch eines Geburtsvorbereitungskurses oder für ein individuelles Beratungsgespräch.
Geburt:
Die vollen Kosten für die Geburt im Spital, im Geburtshaus oder zu Hause ohne Kostenbeteiligung der Mutter.
Wochenbett:
In den ersten 56 Tagen nach der Geburt können Hebammen für die Nachbetreuung Hausbesuche durchführen. Folgende Kosten werden ohne Selbstbehalt übernommen:
Bei Erstgebärenden, nach einer Frühgeburt, einer Mehrlingsgeburt oder einem Kaiserschnitt maximal 16 Hausbesuche durch die Hebamme.
In allen anderen Fällen maximal 10 Hausbesuche durch die Hebamme.
In den ersten 10 Tagen nach der Geburt können Hebammen zusätzlich höchstens fünfmal einen zweiten Besuch am selben Tag machen.
Die Nachkontrolle bei der Mutter sechs bis 10 Wochen nach der Geburt.
Drei Stillberatungen während der gesamten Stillzeit.
Sind innerhalb dieses Zeitraums weitere Hausbesuche notwendig, müssen diese ärztlich verordnet werden. Hausbesuche nach dem 56. Tag sind möglich, Sie müssen sich allerdings über die Franchise oder den Selbstbehalt an den Kosten beteiligen.
Die Grundversicherung beteiligt sich nicht an den Kosten von Rückbildungskursen. Erkundigen Sie sich bei Ihrer Zusatzversicherung, ob diese allenfalls einen Beitrag leistet.
Bei einer Hausgeburt oder einer Beleghebammengeburt und auch für die Wochenbettbetreuung leisten frei praktizierende Hebammen Bereitschaftsdienst. Das heisst, dass sie oder eine Vertretung rund um die Uhr auf Abruf für Sie da sind. Als Abgeltung für diesen Pikettdienst wird das sogenannte Pikettgeld erhoben. Diese Kosten sind nicht durch die Grundversicherung gedeckt. Manche Kantone und einzelne Gemeinden übernehmen diese Kosten, zuweilen sind sie auch über die Zusatzversicherung der Krankenkasse gedeckt. In vielen Fällen bezahlen jedoch die Eltern das Pikettgeld selber. Informieren Sie sich daher rechtzeitig, damit Sie nicht von den zusätzlichen Kosten überrascht werden. Damit niemand aus Kostengründen auf die Begleitung einer frei praktizierenden Hebamme verzichten muss, sind Hebammen gerne dazu bereit, nach einer individuellen Lösung zu suchen.
Bildquelle: SHV_Aliz_Künzler