Die pro­gram­mier­te Ge­burt: Ent­bin­dung zum Wunsch­ter­min

We­hen­ein­lei­tung mit Me­di­ka­men­ten - schmerz­haf­ter und kom­pli­zier­ter oder ein­fach be­que­mer und pas­sen­der?

Nach der Geburt

Wenn ge­gen Ende der Schwan­ger­schaft eine Kom­pli­ka­ti­on vor­liegt, die für eine ra­sche Ent­bin­dung spricht, muss das nicht im­mer ein ge­plan­ter Kai­ser­schnitt (pri­mä­re Sec­tio) sein. In vie­len Fäl­len kann die Ein­lei­tung der Ge­burt durch we­hen­aus­lö­sen­de Me­di­ka­men­te eine gute Al­ter­na­ti­ve sein.

Im­mer häu­fi­ger wol­len aber auch völ­lig ge­sun­de Schwan­ge­re ohne Kom­pli­ka­tio­nen nicht mehr ge­dul­dig ab­war­ten, bis das Kind das Si­gnal zur Ge­burt gibt und die We­hen spon­tan ein­set­zen. Ein me­di­zi­ni­scher Grund für eine Be­en­di­gung der Schwan­ger­schaft liegt in die­sen Fäl­len nicht vor. Ge­burts­hel­fer spre­chen von ei­nem neu­en Trend zur "pro­gram­mier­ten Ge­burt", der schon stär­ker sei als der zum Wunsch­kai­ser­schnitt.

Ge­burts­ein­lei­tung mit Me­di­ka­men­ten


Die Ein­lei­tung der We­hen mit syn­the­ti­schen Hor­mo­nen kann auf ver­schie­de­ne Wei­se er­fol­gen. Alle Me­di­ka­men­te, die für die Ge­burts­ein­lei­tung ver­wen­det wer­den, ha­ben Ri­si­ken und Ne­ben­wir­kun­gen – oder sind nicht ein­mal of­fi­zi­ell zu­ge­las­sen. Meist wird an­hand der Rei­fe des Mut­ter­mun­des ent­schie­den, mit wel­chem Me­di­ka­ment ein­ge­lei­tet wird. Fak­to­ren wie die Be­schaf­fen­heit des Ge­we­bes, die Län­ge und die Po­si­ti­on des Ge­bär­mut­ter­hal­ses und die Öff­nung des Mut­ter­mun­des spie­len da­bei eine Rol­le.

  • Va­gi­nal. Meist ist der Ge­bär­mut­ter­hals (die Zer­vix) noch er­hal­ten und der Mut­ter­mund ge­schlos­sen. In die­sem Fall wird ein syn­the­ti­sches Hor­mon, das Pro­sta­glan­din (z.B. Mi­so­pro­s­tol), als Zäpf­chen oder Gel in die Va­gi­na ge­ge­ben, wo­durch eine Rei­fung des Mut­ter­mun­des und Ge­bär­mut­ter­kon­trak­tio­nen an­ge­regt wer­den. Auch bei ei­ner na­tür­li­chen Ge­burt ist Pro­sta­glan­din un­ter an­de­rem für die Rei­fung des Mut­ter­mun­des und so in­di­rekt für die We­hen­an­re­gung ver­ant­wort­lich. Ge­wöhn­lich set­zen ei­ni­ge Stun­den nach der Ver­ab­rei­chung die We­hen ein. Es kann aber auch sein, dass sich die Ein­lei­tung mit Pro­sta­glan­di­nen über meh­re­re Tage hin­zieht. Nach­dem das Zäpf­chen ap­pli­ziert wur­de, wer­den Sie ge­be­ten, sich für un­ge­fähr eine Stun­de hin­zu­le­gen, da­mit es in der Schei­de ver­bleibt. Falls das ers­te Zäpf­chen kei­ne Wir­kung zeigt, wird die Ap­pli­ka­ti­on je­weils im Ab­stand von ei­ni­gen Stun­den wie­der­holt. Die Herz­tö­ne des Kin­des wer­den in re­gel­mäs­si­gen Ab­stän­den mit dem CTG über­wacht, auch wenn noch kei­ne We­hen vor­han­den sind.

  • In­tra­ve­nös: Ist der Ge­bär­mut­ter­hals ver­kürzt, das Ge­we­be weich und der Mut­ter­mund so­gar schon et­was er­öff­net, er­folgt die Ein­lei­tung mit syn­the­ti­schem Oxy­to­cin, dem so­ge­nann­ten We­hentropf. Oxy­to­cin ist ein Hor­mon, das auch bei ei­ner na­tür­li­chen Ge­burt für Kon­trak­tio­nen der Ge­bär­mut­ter sorgt. Über eine Arm­ve­ne er­folgt eine lang­sa­me und fein do­sier­te in­tra­ve­nö­se In­fu­si­on, wo­bei Häu­fig­keit und Dau­er der Kon­trak­tio­nen gut kon­trol­liert wer­den kön­nen und im bes­ten Fall den na­tür­li­chen We­hen äh­neln. Oxy­to­cin wird nicht nur zum Ein­lei­ten ei­ner Ge­burt son­dern auch bei We­hen­schwä­che ein­ge­setzt, also zur Un­ter­stüt­zung von We­hen, wenn die Ge­burt et­was zö­ger­lich ver­läuft oder bei ei­ner Ge­burt mit ei­ner PDA. So­bald die Ein­lei­tung mit Oxy­to­zin be­gon­nen hat, wer­den die kind­li­chen Herz­tö­ne kon­ti­nu­ier­lich mit dem CTG ab­ge­lei­tet.

Schmerz­haf­ter und we­ni­ger gut kon­trol­lier­bar


Ein­ge­lei­te­te Ge­bur­ten sind nor­ma­ler­wei­se re­la­tiv schmerz­haft. Das liegt dar­an, dass die in­du­zier­ten We­hen zu schnell an Stär­ke zu­neh­men und die kör­per­ei­ge­nen schmerz­stil­len­den Hor­mo­ne, die so ge­nann­ten En­dor­phi­ne, nicht so schnell in aus­rei­chen­der Men­ge pro­du­ziert wer­den. Aus die­sem Grund wer­den bei ein­ge­lei­te­ten Ge­bur­ten häu­fi­ger Schmerz­mit­tel be­nö­tigt.

So­wohl bei der va­gi­na­len wie auch bei der in­tra­ve­nö­sen Me­tho­de kann es zu ei­ner Hy­per­sti­mu­la­tio­nen, ei­nem so­ge­nann­ten We­hen­sturm, kom­men. Es tre­ten zu star­ke und zu häu­fi­ge We­hen auf und die We­hen­pau­sen sind zu kurz für eine Er­ho­lung. In die­sem Fall wer­den wie­der we­hen­hem­men­de Me­di­ka­men­te ein­ge­setzt - ein Teu­fels­kreis, der Kom­pli­ka­tio­nen wahr­schein­li­cher macht.

Kom­pli­ka­tio­nen sind häu­fi­ger


So er­höht sich die Wahr­schein­lich­keit, dass zu­sätz­li­che Mass­nah­men wie eine Pe­ri­du­ral­an­äs­the­sie (PDA) oder eine Zan­gen­ge­burt durch­ge­führt wer­den müs­sen. Die Kin­der re­agie­ren zu­dem bei Ge­bur­ten, die mit Me­di­ka­men­ten ein­ge­lei­tet wer­den, häu­fi­ger mit Stress und Sauer­stoff­man­gel und müs­sen häu­fi­ger mit ei­nem Kai­ser­schnitt ent­bun­den wer­den als bei na­tür­li­chen Ge­bur­ten. Zu­dem kommt es bei ei­ner ein­ge­lei­te­ten Ge­burt et­was häu­fi­ger zum ge­fürch­te­ten Ge­bär­mut­ter­riss oder zu ei­ner vor­zei­ti­gen Pla­zenta­ab­lö­sung. Blu­tun­gen sind mög­li­cher­wei­se hef­ti­ger, weil die Ge­bär­mut­ter sich nach der Ge­burt nicht aus­rei­chend schnell zu­sam­men­zieht. Dies al­les gilt in ers­ter Li­nie für Erst­ge­bä­ren­de.

Neue­re Stu­di­en zei­gen al­ler­dings auch, dass es bei ei­ner Ein­lei­tung eine Wo­che vor dem Ge­burts­ter­min so­gar we­ni­ger oft zu ei­nem Kai­ser­schnitt kommt.

Frau­en, die be­reits ei­nen Kai­ser­schnitt hat­ten, wird üb­ri­gens in vie­len Kli­ni­ken von ei­ner me­di­ka­men­tö­sen Ge­burts­ein­lei­tung ab­ge­ra­ten. Das Nar­ben­ge­we­be der Ge­bär­mut­ter ist un­ter Um­stän­den we­ni­ger be­last­bar und könn­te zu schwach sein für die zu­sätz­li­chen Be­las­tun­gen ei­ner ein­ge­lei­te­ten Ge­burt.

In neue­ren Stu­di­en konn­te aus­ser­dem nach­ge­wie­sen wer­den, dass die Zu­frie­den­heit der Frau­en mit Ih­ren Ge­burts­er­fah­run­gen bei ein­ge­lei­te­ten Ge­bur­ten schlech­ter war als bei na­tür­li­chen Ge­bur­ten. Auch die Stär­ke der Mut­ter-Kind-Bin­dung soll nach Oxy­to­zin-Ein­lei­tung lei­den: Die Hor­mon­re­zep­to­ren sind durch das künst­li­che "Ku­schel­hor­mon" be­reits be­setzt, das na­tür­li­che Oxy­to­zin kann nicht wir­ken.

Im­mer mehr Ein­lei­tun­gen auf Wunsch


Auf­grund die­ser Ri­si­ken emp­fiehlt die WHO (Welt­ge­sund­heits­or­ga­ni­sa­ti­on) eine ma­xi­ma­le Ein­lei­tungs­ra­te von 10%. In der Schweiz wer­den aber fast dop­pelt so vie­le Ge­bur­ten ein­ge­lei­tet. Wird Ih­nen von Ih­rer Ge­burts­hel­fe­rin, Ih­rem Ge­burts­hel­fer oder Ih­rer Heb­am­me emp­foh­len, eine Ge­burt ein­zu­lei­ten, soll­ten Sie ge­nau über die Grün­de, die zu die­ser Ent­schei­dung führ­ten und über die je­wei­li­gen Vor- und Nach­tei­le in­for­miert wor­den sein. Sie ha­ben in je­dem Fall das Recht, in die Ent­schei­dung ein­be­zo­gen zu wer­den! Las­sen Sie sich aus­ser­dem über die al­ter­na­ti­ven Mög­lich­kei­ten zur Ge­burts­ein­lei­tung in­for­mie­ren.

FAQHäu­fi­ge Fra­gen zum The­ma

Die Mut­ter­mund­deh­nung (auch Ei­pol­lö­sung oder Zer­vix-Strip­ping ge­nannt) ge­hört wie die künst­li­che Er­öff­nung der Frucht­bla­se (Am­nio­to­mie) zu den me­cha­ni­schen Me­tho­den der We­hen­an­re­gung. Er­folg­ver­spre­chend ist sie al­ler­dings nur, wenn die Ge­bär­mut­ter we­hen­be­reit ist. Des­halb wird die­se Form der …
Bei ei­nem We­hen­be­las­tungs­test (auch Oxy­to­cin-Be­las­tungs­test oder OBT) misst man die fe­ta­len Herz­tö­ne wäh­rend künst­lich aus­ge­lös­ter We­hen mit ei­nem CTG. So kann man sehr gut die Leis­tungs­re­ser­ve der Pla­zen­ta be­ur­tei­len und ob die Sauer­stoff­ver­sor­gung Ih­res Kin­des noch aus­rei­chend ge­währ­leis­tet ist. …
Die an­ge­nehms­te Form der We­hen­an­re­gung ist Sex: Pro­sta­glan­di­ne in der Sa­men­flüs­sig­keit wir­ken ge­gen Ende der Schwan­ger­schaft auf­wei­chend auf den Ge­bär­mut­ter­hals, Brust­war­zen­sti­mu­la­ti­on führt zu ei­ner Aus­schüt­tung des We­hen­hor­mons Oxy­to­cin. Zü­gi­ges Trep­pen­stei­gen - wie jede an­de­re Form der …
We­hen­cock­tails sind Ge­trän­ke zur We­hen­för­de­rung, die über eine An­re­gung der Darm­tä­tig­keit We­hen aus­lö­sen kön­nen. Des­halb ist in den meis­ten Re­zep­ten auch eine or­dent­li­che Por­ti­on Rhi­zi­nus­öl ent­hal­ten. Das kann zu schwe­ren Darm­krämp­fen oder Durch­fall füh­ren. Ärz­te ra­ten aus gu­tem Grund von …

Aus der For­schung


Letzte Aktualisierung: 23.11.2021, BH