Bär­lauch - Ach­tung, Ver­wechs­lungs­ge­fahr!

Bärlauch und Maiglöckchen
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Bär­lauch wächst bei uns über­all an feuch­ten Stel­len in hu­mus­rei­chen Laub­wäl­dern und wird auch ger­ne ge­sam­melt und für die Früh­jahrs­kü­che ver­wen­det. Die Blät­ter ha­ben eine lan­zet­ten­för­mi­ge Ge­stalt, ent­sprin­gen di­rekt aus dem Wald­bo­den und sind ganz­ran­dig. Aus der Mit­te die­ser Blät­ter­bü­schel ent­spries­sen meh­re­re blatt­lo­se Sten­gel, die bis zu 50 cm gross wer­den kön­nen. An der Spit­ze die­ser Sten­gel leuch­ten spä­ter weis­se stern­för­mi­ge Blü­ten, die in ei­ner Schein­dol­de zu­sam­men­ge­fasst sind. Zer­reibt man das Blatt ent­strömt ein ty­pi­scher knob­lauch­ar­ti­ger Ge­ruch, und beim Ge­nuss ent­wi­ckelt sich der schar­fe und wür­zi­ge Ge­schmack.

Für die Kel­ten war der Bär­lauch eine „Pflan­ze des Bä­ren“. Sie ha­ben die Na­tur gut be­ob­ach­tet. Im Früh­ling er­wacht die Bä­rin aus dem Win­ter­schlaf und ge­bärt da­nach ihre Jun­gen. Die­ser Vor­gang war bei den Kel­ten Sinn­bild für das Schlum­mern und Er­wa­chen von Bä­ren­kräf­ten. Sol­che Kräf­te be­nö­tigt auch die Bär­lauch­pflan­ze, wenn sie zur sel­ben Zeit mit den kräf­ti­gen Blät­tern den noch laub­lo­sen Wald be­grünt und da­durch die Na­tur aus dem Win­ter­schlaf weckt. Dar­um glaub­ten die Kel­ten, dass so bä­ren­star­ke Früh­lings­kräf­te in ih­rem Kör­per beim Ver­zehr des Bär­lauchs wach­ge­rüt­telt wer­den. Auch der Kräu­ter­pfar­rer Künz­le be­stä­tig­te die rei­ni­gen­de Kraft des Bär­lauchs, der bä­ren­stark und of­fen für das Neue macht. Heu­te wird vor al­lem auf des­sen po­si­ti­ve Wir­kun­gen auf die Haut, die Ver­dau­ung und das Blut auf­merk­sam ge­macht.

Die Bär­lauch­blät­ter (im Bild rechts) kön­nen je­doch mit den stark gif­ti­gen Blät­tern der Herbst­zeit­lo­se oder des Mai­glöck­chens (im Bild links) ver­wech­selt wer­den. Glück­li­cher­wei­se er­kennt man aber die Bär­lauch­blät­ter am ty­pi­schen Knob­lauch­ge­ruch, der an Schwe­fel er­in­nert. Die Blät­ter der Herbst­zeit­lo­se und des Mai­glöck­chens hin­ge­gen rie­chen bit­ter und sind klei­ner. Also nur Blät­ter ver­zeh­ren, die auch wirk­lich stark nach Knob­lauch schme­cken!

Das Mai­glöck­chen (Con­vallaria ma­ja­lis) oder Maieries­li wird in vie­len Lehr­bü­chern als hoch­gif­tig be­zeich­net. Alle Pflan­zen­tei­le ent­hal­ten grös­se­re oder klei­ne­re Men­gen von Herz­gly­ko­si­den. Die wich­tigs­ten Zei­chen ei­ner Ver­gif­tung nach Ein­nah­me meh­re­rer Blät­ter sind Er­bre­chen und Durch­fäl­le, so­wie ein ver­lang­sam­ter oder un­re­gel­mäs­si­ger Puls. Dazu kommt es vor al­lem, wenn die Blät­ter mit Bär­lauch ver­wech­selt und als Sa­lat ge­ges­sen wer­den. Im Som­mer wer­den die ro­ten Früch­te oft von Klein­kin­dern ver­schluckt. Sie ha­ben sich je­doch als we­nig to­xisch er­wie­sen. In der Schweiz wur­de in­nert 30 Jah­ren kein schwe­rer Fall be­kannt. Das Tox-Zen­trum hat aber bis heu­te über 1000 An­fra­gen zum Mai­glöck­chen er­hal­ten. In den USA sind un­ter 2639 Zwi­schen­fäl­len mit ir­gend­ei­nem Teil der Pflan­ze kei­ne To­des­fäl­le auf­ge­tre­ten, und nur drei Pa­ti­en­ten hat­ten erns­te­re Stö­run­gen.

Die Herbst­zeit­lo­sen (Col­chi­cum sp.) ent­hal­ten ein hoch­wirk­sa­mes Zell­gift, das Col­chi­cin, von dem schon we­ni­ger als 1 mg pro kg Kör­per­ge­wicht le­bens­ge­fähr­lich sind. Dem Schwei­ze­ri­schen To­xi­ko­lo­gi­schen In­for­ma­ti­ons­zen­trum sind von 1966 bis Ende 2004 über 200 Un­fäl­le mit Herbst­zeit­lo­sen ge­mel­det wor­den. Fünf Ver­gif­tun­gen en­de­ten töd­lich, wei­te­re neun ver­lie­fen schwer.

Soll­ten Ue­bel­keit, Er­bre­chen und hef­ti­ge Durch­fäl­le ei­ni­ge Stun­den nach Ge­nuss ei­ner Bär­lauch­mahl­zeit auf­tre­ten, ru­fen Sie am bes­ten so­fort das Tox-Zen­trum an, denn bei ei­ner all­fäl­li­gen Col­chi­cin­ver­gif­tung darf kei­ne Zeit ver­lo­ren wer­den.

Letzte Aktualisierung: 26.04.2021, BH