Sag das nie zu Mama!

Frau mit Baby auf dem Arm verdreht die Augen
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Gibt es denn ei­nen fried­li­che­ren An­blick als eine Mama mit ih­rem neu­ge­bo­re­nen Baby im Arm? Wer die­ses schö­ne Bild nicht zer­stö­ren will, ach­tet am bes­ten dar­auf, dass die fol­gen­den Be­mer­kun­gen in Ge­gen­wart ei­ner Frau, die vor Kur­zem ge­bo­ren hat, nie über sei­ne Lip­pen kom­men.

"Der Klei­ne ist Gross­on­kel Al­fred wie aus dem Ge­sicht ge­schnit­ten."

Gross­on­kel Al­fred mag ja ganz nett sein und viel­leicht sah er in sei­ner Ju­gend mal ganz gut aus, aber es geht nun mal nicht, ein tau­fri­sches Baby mit ei­nem ver­wel­ken­den al­ten Mann zu ver­glei­chen, mag die Ähn­lich­keit auch noch so frap­pant sein. Oben­drein hat die Mama al­les ge­ge­ben, um die­sem klei­nen Mensch­lein das Le­ben zu schen­ken, also gibt es hier nur eins zu sa­gen: Das Baby ist al­ler­liebst, zu­cker­süss und kommt ganz nach sei­ner Mama, bas­ta!

"Du siehst aus, als könn­te es gleich los­ge­hen. Wann kommt das Baby denn?"

Okay, stel­len wir das mal klar: Neun lan­ge Mo­na­te hat sich das Baby im Bauch breit und brei­ter ge­macht, also braucht das jetzt auch eine ge­wis­se Zeit, bis al­les wie­der halb­wegs so ist, wie es mal war. Und üb­ri­gens ist das Ding auf dem Arm kei­ne Pup­pe, son­dern das Baby, das die Mama ver­gan­ge­ne Wo­che mit letz­ter Kraft aus sich her­aus­ge­presst hat.

"War­um jam­merst du auch? Du hast doch ein Kind ge­wollt."

So­lan­ge der be­geis­ter­te Berg­stei­ger am Mon­tag nach der Wo­chen­end­tour über sei­nen Mus­kel­ka­ter jam­mern darf, darf die Mama auch über ihre ab­grund­tie­fe Mü­dig­keit kla­gen, ver­stan­den? Hat ihn ja auch kei­ner dazu ge­zwun­gen, auf den Berg zu kra­xeln und doch tät­schelt man dem tol­len Hecht auf­mun­ternd die Hand, wenn er voll­kom­men aus­ge­laugt wie­der run­ter kommt.

"Du ar­bei­test ja jetzt nicht, da könn­test du doch ..."

Rund um die Uhr-Pfle­ge, vol­le Win­deln, Wä­sche­ber­ge - wenn das al­les kei­ne Ar­beit ist, was ist es dann? Ach so, stimmt, das nennt sich Mut­ter­glück und dar­um fal­len die paar Stünd­chen, die Mama da­mit be­schäf­tigt ist, nicht ins Ge­wicht.

"So klein sind sie noch her­zig, aber wenn sie erst mal gross sind, wird es rich­tig schlimm ..."

Vie­len Dank auch für die er­mu­ti­gen­den Wor­te. So blickt man doch gleich viel zu­ver­sicht­li­cher in die Zu­kunft.

"Da woll­te ich am Sams­tag doch end­lich wie­der mal rich­tig aus­schla­fen und was tut un­ser Nach­bar? Fängt um halb elf an, den Ra­sen zu mä­hen. So­was von un­sen­si­bel."

Ja­wohl, äus­serst un­sen­si­bel. Also na­tür­lich die Per­son, die ei­ner jun­gen Mut­ter, die seit fünf Uhr früh auf den Füs­sen ist - und zwar nicht, weil um acht der Flug nach Mau­ri­ti­us ging -, über die "ver­früh­te" sams­täg­li­che Tag­wa­che die Oh­ren voll jam­mert.

"Lass dir von der Klei­nen nicht den gan­zen Tag be­stim­men. Du kannst dich doch nicht im­mer nur um sie dre­hen."

Stimmt ge­nau. Mit drei Wo­chen soll­te so ein klei­ner Mensch doch wirk­lich all­mäh­lich in der Lage sein, sich sel­ber et­was zu es­sen zu be­sor­gen und ein we­nig im Haus­halt mit­zu­hel­fen. Es kann nicht sein, dass die Mama sich der­art ver­aus­gabt, wäh­rend das Baby sich rund­um be­die­nen lässt.

"Ich hät­te dich ja ger­ne zu der Frau­en­run­de ein­ge­la­den, aber ich habe mir ge­dacht, dass du dazu so kurz nach der Ge­burt noch kei­ne dazu Lust hast."

Wie schön wäre es doch ge­we­sen, die Mama hät­te die Wahl ge­habt. Okay, mit gröss­ter Wahr­schein­lich­keit wäre es tat­säch­lich ein Nein ge­we­sen, aber die wis­sen ja gar nicht, wie gut es ihr ge­tan hät­te, mal wie­der aus tiefs­tem Her­zen und vol­ler Über­zeu­gung nein zu sa­gen, wo sie doch den gan­zen Tag der voll­kom­men wil­len­lo­se Hand­lan­ger ei­nes win­zi­gen, aber über­aus for­dern­den Ge­bie­ters ist.

"Kön­nen Sie die­sen klei­nen Schrei­hals nicht mal be­ru­hi­gen?"

Aber klar könn­te Mama das. Sie müss­te nur den rich­ti­gen Knopf drü­cken. Doch weil das Ge­schrei Mu­sik ist in ih­ren Oh­ren, lässt sie die Stimm­bän­der ih­res klei­nen Lieb­lings aus pu­rem Ego­is­mus ger­ne noch et­was län­ger auf Hoch­tou­ren lau­fen.

"Wir ha­ben das ja da­mals noch an­ders ge­macht, aber die jun­gen Müt­ter heut­zu­ta­ge sind ja so ..." 

Was auch im­mer sie ge­ra­de sind, die "jun­gen Müt­ter heut­zu­ta­ge", gut ge­nug, um an die Glanz­leis­tun­gen der vor­letz­ten Ge­nera­ti­on her­an­zu­kom­men, sind sie nie. Also könn­te man sol­che Ver­glei­che eben­so gut blei­ben las­sen und schwei­gen.

Letzte Aktualisierung: 25.11.2019, TV