Die taktile Wahrnehmung fördern
Warum sanfte Berührungen, Kitzelattacken, Spielen im Matsch und Barfusslaufen wichtig sind für die kindliche Entwicklung.
Die Haut ist ein wichtiges Sinnesorgan. Mit ihr fühlen wir nicht nur, wie Gegenstände beschaffen sind, sondern auch Temperatur, Feuchtigkeit, Druck und Schmerz.
Warum Körperkontakt so wichtig ist
Die Grundsteine für den Tast- und Fühlsinn werden schon im Mutterleib gelegt. Fertig ausgebildet ist dieser aber erst nach dem 2. Lebensjahr. Deshalb ist es wichtig, das Baby nach der Geburt zu berühren, zu streicheln und zu knuddeln. Denn wenn die Eltern sich dem Neugeborenen körperlich zuwenden, helfen sie ihm nicht nur, seine motorischen Fähigkeiten zu bilden, sie schaffen auch seelische Nähe und stärken das Immunsystem.
Schenken Sie Ihrem Baby viel Hautkontakt, sanfte Berührungen und Massagen. Wenn es signalisiert, dass es eine bestimmte Art von Berührungen nicht mag, respektieren Sie dies. Es gibt genügend verschiedene Möglichkeiten für Zärtlichkeiten.
Auch grössere Kinder mögen Körperkontakt. Vielleicht nicht immer als sanfte Streicheleinheit, sondern zur Abwechslung mal als Kitzelattacke oder Massage, indem man den Rücken des Kindes behandelt, als wäre er ein Pizzateig, der geknetet, belegt und gebacken werden muss.
Saugen, Nuckeln und Erforschen
Da auf Lippen und Zunge überdurchschnittlich viele Hautrezeptoren sitzen, bringt das Baby ein ausgefeiltes Rüstzeug fürs Saugen und Schlucken mit. Und beim Trinken und Nuckeln an der Brust oder am Schoppensauger meisselt das Baby sozusagen sein Feinwerkzeug für die spätere Sprachmotorik.
Babys erforschen Gegenstände nicht nur mit den Händen, sondern auch mit dem Mund. Achten Sie deshalb darauf, dass Spielsachen sicher, stabil und frei von Giftstoffen sind. Eine allzu grosse Auswahl ist nicht nötig. Für das Baby sind nämlich seine Hände und Füsse und später die vielen Dinge, mit denen die Eltern sich beschäftigen, ausgesprochen interessant.
Vielfältige Erfahrungen
Immer nur Plastik ist nicht nur schlecht für die Umwelt, sondern auch langweilig. Das Spiel mit dem kuscheligen Teddy, den eckigen Bauklötzen, seidenweichen Tüchern, schuppigen Tannzapfen und formbarer Knete ist viel spannender, um den Tastsinn zu schulen. Und obschon danach ein Bad nötig ist: Lassen Sie Ihr Kind auch mal im Matsch spielen, in der Erde buddeln und mit Fingerfarben grossflächig malen.
Nicht nur im Kinderzimmer, sondern auch in der Küche kann Ihr Kind eine Vielfalt von taktilen Erfahrungen machen: Bohnenkerne im Wasser einweichen und spüren, wie sie allmählich aufquellen, Teig kneten, bis er geschmeidig ist, herausfinden, ob die Pasta schon al dente ist und noch viel mehr.
Für Vorschul- und Kindergartenkinder sind Ratespiele spannend. Mit verbundenen Augen Gegenstände zu ertasten, zu erraten, was man auf die Zunge gelegt bekommen hat oder herauszufinden, welche Buchstaben, Zahlen oder Wörter man ihnen mit dem Finger auf den Rücken "geschrieben" hat, macht viel Spass.
Da wir meistens mit Schuhen unterwegs sind, kommt das Ertasten mit den Füssen oft zu kurz. Der Besuch eines Barfusspfades ist eine wunderbare Möglichkeit, verschiedene Untergründe mit den Fusssohlen zu erforschen. Ein solcher Pfad lässt sich aber auch im Garten einrichten, zum Beispiel mit Holzschnitzeln, Teppichresten, Sand, abgerundeten Steinen, Kies etc.
Kalt oder warm?
Die taktile Wahrnehmung umfasst auch das Empfinden von Temperaturen. Nicht alle Menschen nehmen Wärme und Kälte gleich wahr. Es kann deshalb durchaus sein, dass Ihrem Kind nicht kalt ist, obschon Sie selber frieren. Lassen Sie darum Ihr Kind bei der Entscheidung, wie warm die Kleidung sein muss, ein Wörtchen mitreden.
Nicht selten kommt es zum Machtkampf, wenn es darum geht, Jacke und Mütze anzuziehen. Die Situation entspannt sich, wenn das Kind für ein paar Momente ohne Jacke nach draussen gehen darf, um zu spüren, warum es besser wäre, sich wärmer anzuziehen. Natürlich nicht, wenn draussen Minustemperaturen herrschen und Ihr Kind gerade von einer Mittelohrentzündung genesen ist.