Ernährungstipps für Kinder, die vegetarisch essen

Mit einer gut geplanten ovo-lacto-vegetarischen Ernährung bekommt Ihr Kind alles, was für seine gesunde Entwicklung wichtig ist.

Kind hält Zwiebelringe vor die Augen
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Dass Kinder verkünden, kein Fleisch mehr zu essen, kommt häufig vor. Bei manchen ist dies nur eine vorübergehende Phase, bei anderen eine Entscheidung, die ein Leben lang hält. So oder so ist es wichtig, dass Ihr Kind auch mit vegetarischer Ernährung alles bekommt, was es braucht. 

Eignet sich vegetarische Ernährung für Kinder?


Die Gründe, warum Kinder sich vegetarisch ernähren wollen, sind unterschiedlich: Manche mögen Fleisch ganz einfach nicht, andere empfinden Mitleid mit den Tieren und verzichten darum auf Würstchen, Plätzli und Schinkensandwich. Bei Teenagern spielt zudem oft die Sorge ums Klima oder um die bedrohten Regenwälder eine Rolle. Mit zunehmendem Alter erwacht dann auch allmählich das Bewusstsein für gesunde Ernährung.

Alle diese Beweggründe, auf Fleisch und Fisch zu verzichten, sind kein Anlass, sich Sorgen zu machen. Mit einer gut geplanten ovo-lacto-vegetarischen Ernährung sind Kinder und Jugendliche bestens mit allen Nährstoffen und Vitaminen versorgt. Zudem haben Studien gezeigt, dass sie seltener an Übergewicht leiden. Somit liegt auch das Risiko tiefer, an Diabetes mellitus oder anderen chronischen ernährungsbedingten Krankheiten zu erkranken. Verkündet also Ihr Kind, dass es ab jetzt vegetarisch leben will, sollten Sie es nicht daran hindern, diesen Entschluss in die Tat umzusetzen. Unterstützen Sie es vielmehr dabei, sich abwechslungsreich und vollwertig zu ernähren. 

Etwas anders sieht es aus, wenn nicht übergewichtige Jugendliche ihre Ernährung umstellen, um abzunehmen oder das Gewicht zu halten. Vegetarisch zu essen kann in diesem Fall eine Methode sein, ein ungesundes Essverhalten oder eine Essstörung zu kaschieren. Wer hungert, erntet von anderen Kritik - wer aber auf Fleisch und Fisch verzichtet sowie auf gesunde Ernährung achtet, ist gesellschaftlich akzeptiert und wird möglicherweise auch bewundert. Studien haben gezeigt, dass insbesondere bei jungen Frauen ein Zusammenhang zwischen Essstörungen und Vegetarismus bestehen kann. Auch wenn Ihr Kind gewisse Lebensmittel oder ganze Lebensmittelgruppen meidet, ist Wachsamkeit angezeigt. Nahrungsmittel sollten nie einfach weggelassen werden, sondern müssen mit gleichwertigen vegetarischen Alternativen ersetzt werden. Ansonsten besteht das Risiko einer Mangelernährung. 

Unser Kind isst vegetarisch - worauf müssen wir achten?


Bei Kindern gelten erst einmal die gleichen Grundsätze wie bei Erwachsenen: möglichst frisch, abwechslungsreich und vollwertig essen. Fleisch und Fisch sollten nicht einfach weggelassen, sondern durch andere proteinreiche Lebensmittel ersetzt werden. Gut geeignet sind Milch, Eierspeisen, Tofu, Seitan, Tempeh, Hülsenfrüchte und Käse. Was bei vegetarischer Ernährung ausserdem wichtig ist:

  • Der Körper nimmt das in tierischer Kost enthaltene Eisen besser auf als dasjenige aus pflanzlichen Lebensmitteln. Durch die Kombination mit Vitamin C wird die Eisenaufnahme verbessert. Damit Ihr Kind gut mit Eisen versorgt ist, kombinieren Sie darum eisenreiche pflanzliche Lebensmittel wie Vollkorngetreide, Hülsenfrüchte und Nüsse immer mit Vitamin C-reichen Lebensmitteln wie Peperoni, Zitrusfrüchten, Kiwi etc. Falls bei Ihrem Kind ein Eisenmangel festgestellt wird und es ein Präparat einnehmen muss, sollte es dies mit einem Glas Orangenjus tun. Milch, Kakaogetränke, Schwarztee, Kaffee, Cola und Energydrinks hemmen die Eisenaufnahme. Die Eisentablette mit einem Milchkaffee runterzuspülen, ist daher keine gute Idee.

  • Beim Zink verhält es sich ähnlich wie beim Eisen: Der Körper kann es aus tierischen Lebensmitteln besser aufnehmen. Werden Getreide und Hülsenfrüchte eingeweicht, verbessert dies die Verfügbarkeit von Zink. Für eine ausreichende Versorgung sollte Ihr Kind regelmässig Vollkornprodukte, Haferflocken, Käse, Hülsenfrüchte, Nüsse und Samen essen. Limonaden, Kaffee, Schwarz- und Grüntee hemmen die Zinkaufnahme. 

  • Um die Jodversorgung zu gewährleisten, sollten Sie beim Kochen stets jodiertes Speisesalz verwenden. Achten Sie bei Fertigprodukten darauf, dass auch diese jodiertes Salz enthalten. 

  • Von April bis September ist die Versorgung mit Vitamin D in der Regel kein Problem, wenn sich Ihr Kind viel im Freien aufhält. Täglich 10 bis 15 Minuten Sonnenlicht auf Gesicht, Armen und Händen (ohne Sonnencreme) reichen, damit der Körper das notwendige Vitamin D bilden kann. Um die Haut vor Sonnenbrand zu schützen natürlich nicht dann, wenn die Sonne am höchsten steht, sondern am Vormittag oder am späten Nachmittag. Von Oktober bis März ist es in unseren Breitengraden schwieriger, den Bedarf zu decken. Für Vegetarier ist die Auswahl an Vitamin D-reichen Lebensmitteln eingeschränkt, denn es ist vorwiegend in fettreichem Fisch und Austern enthalten. Vegetarische Lebensmittel mit vergleichsweise hohem Vitamin D-Gehalt sind Hühnereier, in der Natur gewachsene Pilze wie Steinpilze, Eierschwämme und Champignons, Avocados, Gouda, Vollmilch und Vollrahm. In den Sommermonaten ist der Vitamin D-Gehalt in Milchprodukten höher als im Winter.

  • Kinder, die täglich 3 Portionen Milchprodukte und gelegentlich Eier konsumieren, sind in der Regel gut versorgt mit Vitamin B12. Falls Ihr Teenager Kuhmilchprodukte häufig mit pflanzlichen Alternativen ersetzt, ist es wichtig, dass diese mit Vitamin B12 angereichert sind. 

  • Bei Milchalternativen ist es allgemein wichtig, die Zutatenliste genau zu studieren. Nicht jedes Produkt ist gleich gut geeignet, um den Bedarf an Protein, Kalzium und Vitaminen zu decken. Sojaprodukte beispielsweise können im Proteingehalt sehr gut mit Kuhmilch mithalten, enthalten jedoch weniger Kalzium. Pflanzliche Alternativen, die aus Getreide oder Nüssen hergestellt sind, sind von Natur aus protein- und kalziumarm, weshalb sie den Bedarf nicht decken können. Oft werden sie deshalb mit Kalzium, Vitamin B12, Vitamin B2 und Vitamin D angereichert. Achten Sie unbedingt auch darauf, ob die Produkte mit Zucker oder Süssstoffen gesüsst sind. "Pflanzlich" kann leider nicht immer mit "gesund" gleichgesetzt werden.

  • Geben Sie Ihrem Kind nicht einfach auf gut Glück ein Nahrungsergänzungsmittel. Wenn Sie das Gefühl haben, es nehme nicht genügend Vitamin B12-haltige Lebensmittel zu sich, leide an einem Eisenmangel oder brauche Vitamin D-Tropfen, lassen Sie ärztlich abklären, ob tatsächlich ein Mangel besteht. Informieren Sie sich in der Apotheke, welche Präparate für Kinder geeignet sind und halten Sie sich an die empfohlene Dosierung. 

Gesund vegetarisch essen: Was und wie viel?


Jeden Tag ausgewogen und vollwertig zu essen, ist kaum möglich - schon gar nicht mitten im Familienalltag. Dies ist aber auch nicht das Ziel. Wichtig ist, dass Ihr Kind insgesamt bekommt, was es für ein gesundes Gedeihen braucht. Dabei ist es hilfreich, in Lebensmittelgruppen zu denken und nicht in einzelnen Nährstoffen. Für eine ausgewogene vegetarische Ernährung können Sie die Empfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung (SGE) als Richtlinie nehmen:

Mengenempfehlungen für 10- bis 12-jährige Kinder

  • 1 l Was­ser oder un­ge­süss­ter Früch­te- oder Kräu­ter­tee
  • 3 Por­tio­nen Ge­mü­se à 80 g und 2 Por­tio­nen Früch­te à 120 g in verschiedenen Farben
  • 3 bis 4 Por­tio­nen Ge­trei­de, Kar­tof­feln und Hül­sen­früch­te, z. B. 100 g Voll­korn­brot; 65 g Hül­sen­früch­te (Tro­cken­ge­wicht); 270 g Kar­tof­feln; 60 g Knä­cke­brot, Cra­ckers, Flo­cken, Mehl, Reis, Mais oder Pas­ta (Trockengewicht)
  • 3 Por­tio­nen Milch­pro­duk­te, z. B. 2 dl Milch; 150 - 200 g Jo­ghurt, Quark oder Cot­ta­ge Chee­se; 30 g Hart- oder 60 g Weich­kä­se
  • Zu­sätz­lich 1 Por­ti­on (90 g) eines weiteren proteinreichen Lebensmittels wie Käse, Tofu, Seitan, Quorn, Quark oder Ei (2 - 3 Stk.)
  • 4 KL Pflan­zen­öl, die Hälf­te da­von Raps­öl; 20 g un­ge­sal­ze­ne Nüs­se; evtl. 2 KL But­ter, Mar­ga­ri­ne oder Rahm

Gemäss Angaben der SGE kann eine Früchte- oder Gemüseportion am Tag durch 1 - 1,5 dl Frucht- oder Gemüsesaft ohne Zuckerzusatz ersetzt werden. 

Süssigkeiten, salzige Snacks und Süssgetränke sind nicht Teil einer ausgewogenen Ernährung. Strikte Verbote bewirken jedoch oft, dass der Reiz umso grösser wird. Sie fahren darum wohl besser damit, wenn diese Dinge erlaubt sind. Mehr als eine Portion am Tag sollte es jedoch nicht sein. Eine Portion entspricht z. B. einer Reihe Schokolade, drei Guetzli, 20 g Chips oder 2 dl Limonade. 

Wie viel Ihr Kind effektiv essen mag, hängt natürlich stark davon ab, wie gross es ist, wie viel es sich bewegt, welchen Aktivitäten es nachgeht etc. Je nachdem fallen die Portionen, die es isst, daher kleiner oder grösser aus. Die Mengenempfehlungen für kleinere Kinder finden Sie im Merkblatt "Ernährung für Kinder" der SGE

Sind Fleischersatzprodukte nötig?


Mit dem Fleischersatz ist es ähnlich wie bei den Milchalternativen: Nicht alles ist gesund, bloss weil es vegetarisch oder vegan ist. Darum ist es auch hier wichtig, sich die Zutatenliste genau anzuschauen. Basisprodukte wie Tofu, Seitan, Tempeh etc. kommen meist ohne Zusatzstoffe aus und eignen sich gut als Ersatz, wenn Sie beliebte Gerichte in einer fleischlosen Version auf den Tisch bringen möchten. Sie tragen dazu bei, den Proteinbedarf zu decken und erleichtern Ihnen die Umstellung, falls Sie mit vegetarischer Küche noch wenig vertraut sind. Dadurch lassen sich vielleicht sogar Familienmitglieder zum Probieren verleiten, die vom fleischlosen Essen weniger begeistert sind.

Etwas anders sieht es mit Vegi-Schnitzel, Nuggets, Würstchen und Aufschnitt aus. Dabei handelt es sich um hoch verarbeitete Fertigprodukte, die oft viel Salz, Zucker, Fett und Zusatzstoffe enthalten. Meistens kommen sie auch mit ziemlich viel Verpackung daher, was die Umwelt unnötig belastet. Sie eignen sich daher nicht für die Alltagsküche. Dennoch gibt es Situationen, in denen solche Produkte nützlich sein können:

  • Manchen Kindern macht es gar nichts aus, auf der Schulreise ein Käsesandwich zu essen, während alle anderen eine Wurst über die Glut halten. Andere hingegen wollen um keinen Preis auffallen und schätzen es dann sehr, dass sie etwas Vegetarisches zum Grillieren mitnehmen können.

  • Wenn Sie für den Rest der Familie vorwiegend Fleisch mit Beilagen zubereiten, besteht ein gewisses Risiko, dass Ihr vegetarisches Kind sich nur noch von Gemüse- und Stärkebeilagen ernährt. Falls Sie genügend Zeit haben zum Kochen, ist ein Geschnetzeltes aus Fleischersatz schnell zubereitet. Aber im Familienalltag müssen Mahlzeiten zuweilen im Nullkommanix auf den Tisch kommen und dann haben vegetarische Fertigprodukte durchaus ihre Berechtigung.

  • Keine Frage - gesundes Essen ist wichtig. Aber auch Kinder, die auf Fleisch verzichten, haben nichts dagegen einzuwenden, wenn es ab und zu mal Pommes mit Burger gibt - sofern die Produkte vegetarisch sind. Ernährt sich Ihr Kind vegetarisch, weil es Fleisch nicht mag, wird es jedoch sehr wahrscheinlich den "blutigen" veganen Burger nicht mögen. Mit einem Grillkäse oder einem Gemüseburger ist es dann besser bedient. 

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