Gewaltfreie Erziehung - Das geht!
Jedes Kind hat ein Recht darauf, frei von jeder körperlichen und psychischen Gewalt aufzuwachsen. Dafür müssen wir Erwachsenen sorgen.
Der erste Klaps oder die erste Ohrfeige passiert oft in einer stressbeladenen Situation. Mutter oder Vater haben einen schlechten Tag, die Kinder quengeln fortwährend herum, einer nimmt dem anderen etwas weg, es folgen Streit und ein Gerangel. Der Lärmpegel wird unerträglich. Und dann fällt auch noch das Sirupglas auf den Boden ... und schon hat der 3-jährige seine erste Ohrfeige.
Köperstrafen sind nach wie vor verbreitet
Gewalt in der Erziehung von Kindern ist in der Schweiz nach wie vor ein weit verbreiteter Missstand mit hoher Dunkelziffer. Körperstrafen und andere Formen von Gewalt gehören zum Alltag vieler Kinder. Die meisten Eltern lehnen körperliche Strafen zwar grundsätzlich ab, dennoch „rutscht“ ihnen offensichtlich das eine oder andere Mal die Hand aus, und dieses eine oder andere Mal wiederholt sich vielleicht schon bald.
Jeder weiss: Kinder provozieren und sie können ihre Eltern zur Weissglut bringen. In solchen Situationen Ruhe zu bewahren ist ohne Zweifel nicht immer einfach. Und dass Erziehende dabei hin und wieder an ihre natürlichen Grenzen stossen, ist menschlich. Dennoch ist die Körperstrafe als Erziehungsmittel weder wirksam noch akzeptabel.
Natürlich kann sich eine erwachsene Person mit Hilfe einer Ohrfeige oder eines Klapses kurzfristig durchsetzen. Doch Körperstrafen wie Ohrfeigen oder Schläge sind eine Form von Gewalt an Kindern, und Kinder haben ein Recht darauf, körperlich unversehrt aufzuwachsen.
Die Gewalt hat Folgen
Auch wenn körperliche Gewalt in der Erziehung keine sichtbaren körperlichen Verletzungen verursacht, kann sie vor allem bei wiederholtem Einsatz zu schweren psychosozialen Auffälligkeiten wie Ängstlichkeit, Kontaktarmut, Drogensucht, Aggressivität oder fehlendem Einfühlungsvermögen führen.
Eine Studie zeigte gar, dass Kinder, die als Kind misshandelt wurden, nicht nur psychische Narben zurückbehalten, sondern dies sich auch durch biologische Veränderungen im Gehirn nachweisen lässt. Noch Jahrzehnte nach dem Missbrauch zeigten die Opfer in der Studie eine erhöhte Aktivität des Angstzentrums und mehrere verkleinerte Gehirnareale.
Erwachsene müssen sich bewusst sein, dass körperliche Gewalt gegenüber Kindern keinesfalls ein Zeichen von Stärke und Überlegenheit ist, sondern von Hilflosigkeit und Überforderung der Erziehenden.
Grenzen ohne Einschüchterung
Selbstverständlich brauchen Kinder Grenzen. Eltern schützen ihre Kinder, indem sie ihnen Grenzen setzen. Durch Regeln und Grenzen werden sie vor heissen Herdplatten, steilen Treppen oder den Gefahren im Strassenverkehr geschützt.
Regeln und Grenzen bedeuten für Kinder aber auch Halt, Sicherheit, Orientierung und Geborgenheit. Indem die Regeln und Grenzen klar, direkt und konkret sind, dienen sie dem Kind als Anleitung, wie es sich verhalten und wie es handeln soll. Regeln und Grenzen sind für ein Kind also nicht bloss Verbotsschilder, sondern vielmehr Wegweiser im Leben.
Doch Kinder überschreiten die gesetzten Grenzen wiederholt und es gibt täglich unzählige Gründe, sich über das Verhalten der Kinder zu ärgern. Kinder vergessen zuvor getroffene Abmachungen oder sie verletzen Regeln in grobem Masse. Und manchmal sind die Belastungen im Leben der Erwachsenen so hoch, dass ihre Geduld und ihr Verständnis nicht grenzenlos sind und sie mit der Situation schlichtweg überfordert sind. Doch einem Kind mittels Gewalt seine Grenzen aufzuzeigen, darf nicht geschehen.
Quelle: Stiftung Kinderschutz Schweiz