Gesundheitsschutz vor und nach der Geburt

Welche Pflichten Arbeitgeber gegenüber schwangeren und stillenden Mitarbeiterinnen haben.

Schwangere Frau unterschreibt ein Dokument
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Im Ar­beits­ge­setz (ArG) sind die entsprechenden Regelungen betreffend die Si­cher­heit und den Ge­sund­heits­schutz am Ar­beits­platz vorzufinden.

Die Pflichten des Arbeitgebers gegenüber schwangeren Mitarbeiterinnen


Der Arbeitgeber ist verpflichtet, schwangere Frauen so zu beschäftigen, dass keine Gefahr für die Mutter und das ungeborene Kind besteht. Der Schutz vor Überbeanspruchung ist im Arbeitsgesetz (Art. 35ff. ArG) sowie in der Mutterschutzverordnung geregelt. Die wichtigsten Bestimmungen betreffen:

  • gefährliche und beschwerliche Arbeiten

  • stehende Tätigkeiten

  • Abend- und Nachtarbeit

  • Überstunden

  • Absenzen

  • Ruheraum

Generell gilt, dass der Arbeitgeber eine vergleichbare Ersatzarbeit anbieten muss, wenn einer schwangeren Arbeitnehmerin eine bestimmte Arbeit aufgrund der gesetzlichen Vorschriften nicht zugemutet werden darf. Dies kann zum Beispiel eine sitzende Tätigkeit sein oder eine Arbeit, die tagsüber ausgeübt wird. Unter anderem definiert die Mutterschutzverordnung, was unter gefährlichen und beschwerlichen Arbeiten zu verstehen ist und legt entsprechende Kriterien auf. Konkret heisst dies zum Beispiel, dass das Versetzen von mehr als 5 kg Lasten für Schwangere bis zum Ende des sechsten Schwangerschaftsmonats als gefährlich oder beschwerlich gelten.

Anlaufstelle für Beschwerden betreffend Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz sind die kantonalen Arbeitsinspektorate.

Hier gilt das Arbeitsrecht für Schwangere nicht


Das Arbeitsrecht gilt jedoch nicht für alle Branchen und Berufsgruppen. Für landwirtschaftliche Betriebe sind die Gesetze nicht 1:1 umsetzbar. Für Arbeitnehmerinnen in höheren leitender Stellung oder Kaderpositionen ist das Arbeitsgesetz ebenfalls nicht generell anwendbar. Die Details finden sich in Art. 2 und 3 ArG.

Gesundheitsschutz vor der Geburt


Schwangere Frauen und stillende Mütter dürfen nicht zu Arbeiten herangezogen werden, die sich auf die Gesundheit und die Schwangerschaft oder das Stillen nachteilig auswirken. Auf ihren Wunsch müssen sie von Arbeiten befreit werden, die für sie beschwerlich und gefährlich sind. Der Arbeitgeber kann gleichwertige Ersatzarbeit zuweisen – ist dies nicht möglich, haben sie Anspruch auf 80% ihres Lohnes.

Grundsätzlich hat ein Betrieb mit gefährlichen oder beschwerlichen Arbeiten eine Risikobeurteilung durch eine fachlich kompetente Person vorzunehmen. Darin muss festgehalten sein:

  • welche Gefahren für eine werdende Mutter bestehen,

  • wie Risiken vermieden werden können,

  • welche Arbeiten während der Schwangerschaft und Stillzeit verboten sind.

Der Arbeitgeber hat die Pflicht, die betroffene(n) Frau(en) über die Ergebnisse der Risikobeurteilung zu informieren. Eine gefährliche und belastende Arbeit kann durch das Ergreifen geeigneter Schutzmassnahmen ausgeschaltet werden. Als Beispiel sei erwähnt, dass Arbeiten unter 10 bis -5 °C als gefährlich für Schwangere gelten. Es sei denn, der Arbeitgeber stellt die entsprechende Schutzbekleidung zur Verfügung, die der thermischen Situation und Tätigkeit Rechnung tragen. Dann sind Arbeiten unter diesen Bedingungen erlaubt.

Beschwerliche und gefährliche Arbeiten für Schwangere


  • Bewegen schwerer Lasten von Hand

  • Bewegungen und Körperhaltungen, die zu vorzeitiger Ermüdung führen

  • Arbeiten, die mit Einwirkungen wie Stössen, Erschütterungen oder Vibrationen verbunden sind

  • Arbeiten bei Hitze, bei Kälte und Nässe

  • Arbeiten bei Überdruck (Druckkammern oder Taucharbeiten)

  • Akkordarbeit und taktgebundene Arbeit, wo die Arbeitnehmerin keine Einfluss nehmen kann

  • Untertagebaustellen

  • Arbeiten unter Einwirkung schädlicher Strahlen oder von Lärm ≥ 85 dB

  • Arbeiten unter Einwirkung schädlicher Stoffe oder Mikroorganismen

Gesundheitsschutz nach der Geburt


Das Arbeitsgesetz (Art. 35-35b ArG) und die Verordnung (Art. 60 ff. ArGV1) beinhalten zahlreiche Schutzbestimmungen bei Schwanger- und Mutterschaft. Während acht Wochen nach der Niederkunft gilt ein zwingendes Beschäftigungsverbot und bis zur 16. Woche nach Niederkunft darf eine Frau nur mit ihrem Einverständnis beschäftigt werden. Der gesetzliche Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung erstreckt sich jedoch nur auf 14 Wochen nach der Geburt. (14-wöchigen Mutterschaftsurlaub mit 80-prozentiger Lohnzahlung (max. jedoch Fr. 196.- / Tag). 

Bei Bedarf finden Sie hier zusätzliche Hinweise:

Im ersten Lebensjahr des Kindes ist stillenden Müttern die Zeit für das Stillen oder Milch abpumpen als bezahlte Arbeitszeit angerechnet. Stillende Mütter dürfen nur mit ihrem Einverständnis beschäftigt werden (Art. 35a Abs.1 ArG). Auch für eine Stillende gilt, dass sie keine gefährliche oder beschwerliche Arbeit ausführen darf. Wenn der Arbeitgeber keine gleichwertige Ersatzarbeit anbieten kann, muss er ihr 80% des Grundlohns bezahlen. Wenn die Mutter also nach Beendigung ihres Mutterschaftsurlaubes noch stillt und deshalb ihre Arbeit nicht wieder aufnehmen möchte, kann sie der Arbeitgeber nicht dazu verpflichten. Dies gilt auch nach der 16. Woche, wenn sie noch zu Hause bleiben möchte, sie erhält dann aber auch keinen Lohn.

Kehrt die stillende Mutter wieder an ihren Arbeitsplatz zurück, ist ihr im ersten Lebensjahr des Kindes dafür die nötige Zeit, die sie zum Stillen braucht, zu geben und zu entlöhnen. Die rechtlichen Bestimmungen zur Entlöhnung von Stillpausen während der Arbeitszeit sind einheitlich geregelt. Die Entlöhnung ist nicht davon abhängig, ob die Mutter den Betrieb zum stillen verlässt oder nicht. Für die Dauer der zu entlöhnenden Pausen gelten einheitliche Mindestregeln in Abhängigkeit von der täglichen Arbeitszeit (bis 4 h Arbeitszeit 30 Min. bezahlte Stillpause, ab 4 h Arbeitszeit 60 Min, ab 7 h Arbeitszeit 90 Min.). Die Stillpausen dürfen aber entsprechend den Bedürfnissen des Kindes angepasst werden. Die Stillzeit darf weder vor- noch nachgeholt und auch nicht anderen gesetzlichen Ruhezeiten angerechnet werden und der Arbeitgeber muss einen geeigneten Ruheraum mit bequemem Stuhl zur Verfügung stellen.

Was ausserdem für Schwangere und stillende Mütter gilt


  • Schwangere Frauen und stillende Mütter dürfen auch ausserhalb der Grenzen der Tagesarbeit, jedoch keinesfalls über die normale Dauer der täglichen Arbeit hinaus (Überstunden), beschäftigt werden. Die tägliche Arbeitszeit sollte also höchstens 9 Stunden betragen.

  • Ab der 8. Woche vor der Entbindung sind Arbeiten zwischen 20 Uhr abends und 6 Uhr morgens nicht erlaubt.

  • Ab dem 4. Schwangerschaftsmonat bis zur Geburt bei hauptsächlich stehender Tätigkeit: 12 Stunden tägliche Ruhezeit und 10 Minuten zusätzliche Pausen alle 2 Stunden.

  • Ab dem 6. Schwangerschaftsmonat bis zur Geburt ist hauptsächlich stehende Tätigkeit nur noch maximal 4 Stunden pro Tag möglich.

  • Falls die Arbeitnehmerin Nachtarbeit leistet: Anrecht auf gleichwertige Arbeit zwischen 06.00 und 20.00 Uhr. Falls nicht möglich: Anrecht auf 80% des Lohnes.

  • Schwangere Frauen können nur mit ihrem Einverständnis beschäftigt werden. Sie dürfen nach Meldung von der Arbeit fernbleiben oder diese verlassen.

  • Wenn die schwangere Arbeitnehmerin aus gesundheitlichen Gründen an der Arbeit verhindert ist, namentlich aus solchen die mit der Schwangerschaft zusammenhängen, ist dafür ein ärztliches Zeugnis notwendig. Ansonsten erfolgt keine Lohnfortzahlung. Diese ist auch nur für eine gesetzlich vorgeschriebene Zeit garantiert, die von der Dauer des Arbeitsverhältnisses abhängig ist. 

  • Es gilt ein Kündigungsverbot des Arbeitgebers während der gesamten Schwangerschaft bis 16 Wochen nach der Geburt.

  • Das Nicht-Einstellen einer Frau, weil sie schwanger ist oder es werden könnte, stellt eine Diskriminierung dar.

  • Bei stillenden Müttern sind Überstunden generell ausgeschlossen und die tägliche Arbeitszeit ist auf 9 Stunden beschränkt. Bei gefährlichen oder beschwerlichen Arbeiten gelten für stillende Mütter dieselben Schutzbestimmungen wie bei schwangeren Frauen. Weiter Informationen dazu finden Sie auf der Homepage der der Stillforderung Schweiz.

Häufige Fragen zum Thema

Ja. Schwangere und stillende Frauen dürfen nur dann beschäftigt werden, wenn ihre Gesundheit und auch diejenige des Kindes nicht beeinträchtigt werden. Innerhalb der "Verordnung 1" des Arbeitsgesetzes werden dazu konkrete Beschäftigungserleichterungen für Schwangere vorgesehen. So hat zum Beispiel …
Nein, Arbeitgeber dürfen Schwangere und Stillende nur mit ihrem Einverständnis beschäftigen. Schwangere haben den Anspruch auf Arbeitsbedingungen, welche die Gesundheit von Mutter und Kind nicht gefährden. Ab 8 Wochen vor der Geburt dürfen Schwangere keine Abend- oder Nachtarbeit leisten. Der …
8 Wochen vor der Geburt dürfen schwangere Frauen nicht zwischen 20 und 6 Uhr arbeiten. Während der ganzen Schwangerschaft und von der 8. bis zur 16. Woche nach der Niederkunft muss der Arbeitgeber auf Ihren Wunsch hin eine gleichwertige Tagesarbeit anbieten. Falls eine gleichwertige Tagesarbeit …
Wenn eine gesundheitliche Belastung für Sie oder Ihr ungeborenes Kind vorliegt, ist Ihr Arbeitgeber dazu verpflichtet, diese durch Schutzmassnahmen auszuschalten oder Ihnen eine Alternative anzubieten. Ist dies nicht möglich, kann mit einem ärztlichen Zeugnis ein Beschäftigungsverbot erteilt …
Nein, Überstunden dürfen nicht von Ihnen verlangt werden, denn Sie dürfen nur bis zur vereinbarten täglichen Arbeitszeit beschäftigt werden. Diese tägliche Arbeitszeit darf 9 Stunden nicht überschreiten.
Letzte Aktualisierung: 29.09.2022, AS / NK