Wie können Sie Ihr Kind beim Eintritt in den Kindergarten unterstützen?

Mit dem Kindergarteneintritt beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Wie Sie Ihrem Kind dabei helfen können, die neue Herausforderung gut zu meistern.

Kind im Kindergarten
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Vorfreude, Aufregung und vielleicht auch ein wenig Angst: Der erste Kindergartentag löst bei Kind und Eltern oft gemischte Gefühle aus. Mit guter Vorbereitung und liebevoller Begleitung können Sie viel dazu beitragen, dass schon bald einmal die Freude überwiegt. 

Was lernt das Kind im Kindergarten?


Beim Eintritt in den Kindergarten sind die Kinder in der Regel vier Jahre alt. Die zwei Kindergartenjahre sind Bestandteil der Primarstufe. In den meisten Kantonen sind diese für alle Kinder obligatorisch; in einigen ist nur das zweite Kindergartenjahr Pflicht. Während in manchen Kantonen Rückstellungsgesuche problemlos bewilligt werden, sind die Vorgaben andernorts sehr strikt. Informieren Sie sich darum frühzeitig über die Bedingungen in Ihrem Wohnkanton, wenn Sie denken, Ihr Kind sei noch nicht reif für den Kindergarten und brauche mehr Zeit.

Erwachsene unterschätzen zuweilen, wie wichtig der Kindergartenbesuch für die kindliche Entwicklung ist. In den ersten zwei Jahren der obligatorischen Schulzeit lernen Kinder unter anderem:

  • sich in eine grössere Gruppe zu integrieren 

  • mehrere Stunden täglich ohne die Hilfe der Eltern auszukommen

  • zwischen den unterschiedlichen Anforderungen in Familie und Kindergarten hin und her zu wechseln

  • sich an eine neue Bezugsperson zu gewöhnen, die gleichzeitig auch noch für andere Kinder da sein muss

  • eine Beziehung zu anderen Kindern aufzubauen und Rücksicht zu üben

  • neue Regeln zu beachten, die sie von zu Hause nicht kennen

  • sich an einen neuen zeitlichen Rhythmus zu gewöhnen

Diese verschiedenen Aufgaben bewältigt jedes Kind anders, denn in diesem Alter bestehen noch grosse Unterschiede im Entwicklungsstand, im Können und in den sprachlichen Voraussetzungen. Auch findet sich nicht jedes gleich gut in einer Gruppe zurecht. Während es dem einen leicht fällt, spontan und freudig auf Neues zuzugehen und ein "Gspänli" zu finden, steht ein anderes schüchtern und ängstlich am Rand und wartet ab. Um die Kinder dort abzuholen, wo sie stehen und sie in ihrer Entwicklung sowie im Lernen zu fördern, kommt dem Spiel eine wichtige Bedeutung zu. Falls nötig, können Kinder schon im Kindergarten durch gezielte Fördermassnahmen unterstützt werden. 

Vorbereitung auf den Kindergarten


Zwischen der Anmeldung und dem Tag, an dem Sie Ihr Kind mit Znünitäschli und Leuchtstreifen ausgestattet in den Kindergarten begleiten, liegen wichtige Monate. Ihr Kind wird in diesem Alter immer selbständiger und orientiert sich vermehrt an Gleichaltrigen. Viele Eltern, die im Februar noch Zweifel hatten, ob ihr Kind schon reif ist für den Kindergarten, stellen im August staunend fest, was sich in dem halben Jahr alles verändert hat. Doch nicht alles lernen Kinder ganz von selbst, manches müssen sie auch üben. Nutzen Sie die Zeit vor dem Kindergarteneintritt, um es ohne Druck zu mehr Selbständigkeit zu führen. Diese sechs Punkte sind dabei besonders wichtig:

  1. Loslassen: Die meisten Vierjährigen hatten in der Kita oder in der Spielgruppe bereits Gelegenheit, das Getrenntsein von Mama und Papa zu üben. Ist dies bei Ihrem Kind nicht der Fall, sollte es spätestens jetzt die Möglichkeit dazu bekommen. Dabei sollte es nicht nur mit Menschen Zeit verbringen, die es schon sehr gut kennt, wie zum Beispiel den Grosseltern. Ein gelegentlicher Spielnachmittag bei den Nachbarn ist eine gute Möglichkeit, die "Welt da draussen" etwas besser kennenzulernen. 

  2. Selber machen: Lassen Sie Ihr Kind kleine Aufgaben im Haushalt alleine bewältigen. Auch beim Anziehen und in der Körperpflege sollte es immer selbständiger werden - wo nötig natürlich mit Ihrer Hilfe. So kann es Selbstvertrauen entwickeln. Dies trägt wesentlich dazu bei, dass es Neuem weniger ängstlich begegnet und sich selber mehr zutraut. 

  3. Vorfreude wecken: Betonen Sie die positiven Seiten des neuen Lebensabschnitts. Dabei helfen nicht nur Worte, sondern auch ganz reale Dinge wie das coole Znünitäschli, die hübsche Znünibox und die neuen Finken. Die meisten Kinder sind unglaublich stolz auf ihre Kindergartenausrüstung und können es kaum erwarten, bis sie diese im Alltag brauchen dürfen. 

  4. Ermutigen: Ihr Kind sollte nicht nur wissen, was im Kindergarten von ihm erwartet wird - es sollte auch die Bestärkung bekommen, dass es diese Dinge Schritt für Schritt lernen kann und nicht alles auf Anhieb können muss. Aussagen wie "Das musst du aber können, wenn du in den Kindergarten kommst" sind sehr verunsichernd. Führen Sie Ihrem Kind lieber vor Augen, was es schon alles gelernt hat. Das stärkt sein Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten und hilft ihm, auch die Dinge in Angriff zu nehmen, die ihm noch schwerfallen. 

  5. Schnuppern: Nehmen Sie sich unbedingt Zeit für Schnupper- und Informationsanlässe. Nutzen Sie diese wichtige Gelegenheit, die Lehrpersonen und die anderen Kinder kennenzulernen, die Räumlichkeiten zu besichtigen und einen ersten Eindruck zu gewinnen. Das hilft, Ängste abzubauen und sich auf den bald beginnenden Kindergartenalltag einzustellen. 

  6. Verkehrssicherheit: Lernen Sie gemeinsam den Weg zum Kindergarten kennen. Legen Sie auch andere Wege vermehrt zu Fuss zurück, um mit Ihrem Kind das korrekte Verhalten im Strassenverkehr zu üben. Zwar wird es kaum vom ersten Kindergartentag an alleine unterwegs sein. Es vermittelt aber sowohl Ihrem Kind als auch Ihnen Sicherheit, wenn es weiss, wie man eine Strasse überquert und an welchen Stellen mehr Vorsicht geboten ist. 

Der erste Kindergartentag


Freude, Aufregung, Unsicherheit - auch Erwachsene erleben Neuanfänge mit gemischten Gefühlen. Warum sollte es den Kleinen anders gehen? Ein Kind mag sich den ersten Chindsgi-Tag noch so sehr herbeisehnen, wenn es ernst gilt, kullern manchmal trotzdem die Tränen.

Für einen gelungenen ersten Kindergartentag ist es wichtig, dass Sie sich dieser Spannung bewusst sind. Auf der einen Seite darf dieser Tag durchaus etwas Besonderes sein. Ein Tag, an dem Ihr Kind ganz im Zentrum steht, an dem es seine Lieblingskleider anziehen darf und vielleicht eine kleine Überraschung bekommt. Auf der anderen Seite sollten Sie allzu viel Aufregung vermeiden. Natürlich ist es schön, wenn auch Grosseltern oder andere liebe Menschen diesen Meilenstein miterleben dürfen. Vergessen Sie dabei jedoch nicht, dass Ihr Kind bei all dem Trubel zwischendurch Ruhe brauchen wird. 

Falls Sie es sich einrichten können, sollten Sie am ersten Kindergartentag möglichst keine eigenen Verpflichtungen haben. So können Sie Ihr Kind ohne Zeitdruck auf dem Hin- und Rückweg begleiten und danach einfach da sein, falls es Nähe oder ein offenes Ohr braucht. Wundern Sie sich jedoch nicht, wenn es zu Hause erst einmal wortkarg und verschlossen ist. Das muss nicht bedeuten, dass es ihm im Kindergarten nicht gefallen hat. Viele Kinder brauchen ein wenig Zeit, um die vielen Eindrücke setzen zu lassen, bevor sie von ihren Erlebnissen berichten können. Meist sprudeln nach einer kurzen Pause die Wörter dann wie ein Wasserfall.

Begleitung während der Eingewöhnungszeit


Kaum hat sich eine gewisse Routine eingespielt, stehen auch schon die Herbstferien vor der Tür. Einige Kinder brauchen danach noch einmal ziemlich viel Unterstützung, um im Kindergartenalltag wieder Tritt zu fassen. Unter Umständen brauchen Sie also einen langen Atem für die Eingewöhnungszeit. In den ersten Wochen und Monaten bewährt es sich, wenn Sie

  • an kindergartenfreien Nachmittagen keine allzu grossen Pläne machen, sondern Ihrem Kind den Freiraum bieten, sich zu erholen und die vielen Eindrücke zu verarbeiten.

  • mit Freizeitaktivitäten noch zuwarten, damit Ihr Kind nicht allzu viel Neues gleichzeitig bewältigen muss. Dies ist auch der Grund, warum in manchen Gemeinden Sportangebote und Schwimmkurse erst im Herbst beginnen. 

  • Ihr Kind immer wieder darin bestärken, dass es seine Anfangsschwierigkeiten überwinden wird. Manchmal muss es vielleicht daran erinnert werden, dass es den Kindergarten besuchen muss, so wie auch später die Schule Pflicht ist.

  • Ihr Kind nicht unter Druck setzen, indem Sie es mit anderen Kindern vergleichen, bei denen die Eingewöhnung schneller zu gehen scheint. 

  • auf dem Kindergartenweg jeden Tag ein Stücklein weniger weit mitgehen. Kinder sollten den Weg mit der Zeit selbständig bewältigen können - und das schaffen sie am besten, wenn sie es nicht von heute auf morgen lernen müssen.

  • Ihr Kind dabei unterstützen, Gspänli einzuladen, falls es dies möchte. Eher schüchterne Kinder sind in der Gruppe meist sehr zurückhaltend. Zu Hause im vertrauten Umfeld gelingt es ihnen besser, mit anderen ins Spiel zu kommen.

Besonders viel Einfühlungsvermögen ist gefragt, wenn Ihr Kind kurz vor Kindergarteneintritt ein Geschwisterchen bekommen hat. Es kann dann leicht das Gefühl haben, es würde zu Hause etwas verpassen und werde in den Kindergarten "abgeschoben". Schenken Sie Ihrem Kindergartenkind darum immer wieder ein paar Momente der ungeteilten Aufmerksamkeit. Vermitteln Sie ihm, wie schön es ist, dass es schon so viel kann und wie gerne Sie ihm zuhören, wenn es von seinen Abenteuern berichtet. 

Kindergarten: Auch für die Eltern eine Veränderung


Mit dem Kindergarteneintritt beginnt auch für Sie als Eltern ein neuer Lebensabschnitt. Ihr Kind wird sich verändern, es wird unabhängiger und selbständiger werden. Damit ändert sich auch die Beziehung zu Ihrem Kind. Dies anzunehmen, das Kind loszulassen und den Schritt in eine neue Lebensumgebung ohne ängstliche Sorge zuzulassen, kann sehr herausfordernd sein. 

Es ist wichtig zu akzeptieren, dass Ihr Kind nun eines von vielen in einer Gruppe ist, neue Regeln befolgen und Rücksicht auf andere lernen muss. Diese Erfahrung ist ein wichtiger Schritt für das soziale Lernen; unterstützen Sie Ihr Kind darin, sich in das neue soziale System einzugliedern. 

Vielleicht haben Sie zuweilen Mühe mit den Regeln, die im Kindergarten gelten und den Entscheidungen, die der Kindergärtner fällt. Äussern Sie Bedenken oder Kritik nicht in Hörweite Ihres Kindes. Was Ihnen nicht gefällt, sollten Sie nicht auf Ihr Kind übertragen, das seine eigenen und vielleicht ganz anderen Erfahrungen macht. Suchen Sie lieber das direkte Gespräch, falls Sie den Eindruck haben, die Dinge würden nicht gut laufen. Bedenken Sie dabei: Kinder verhalten sich auswärts oft ganz anders als daheim. Für eine gute Zusammenarbeit ist es entscheidend, dass Sie nicht nur auf das hören, was Ihr Kind zu Hause erzählt, sondern auch auf das, was die Kindergärtnerin aus dem Unterricht berichtet.  

Letzte Aktualisierung: 08.07.2024, AG / TV