Sexualerziehung für Kleinkinder und Prävention von sexueller Gewalt
Die wachsende Sensibilität für sexuelle Gewalt an Kindern hat zu einer grossen Verunsicherung im erzieherischen Alltag geführt. Eltern stellen sich die Frage, wie sie ihre Kinder vor sexuellen Übergriffen schützen, ihnen aber gleichzeitig den notwendigen Raum für eigene Erfahrungen und Entdeckungen gewähren können.
Viele Erwachsene fühlen sich unsicher im Umgang mit der kindlichen Sexualität. Die Furcht davor, etwas falsch zu machen, nicht die richtigen Worte zu finden oder Schamgefühle können dazu führen, dass sie das Thema vermeiden und die Neugier oder sinnliche Spiele der Kinder unterbinden.
Eine neue Broschüre der Stiftung Kinderschutz Schweiz und der Mütter- und Väterberatung Schweiz thematisiert die Sexualität nun auch für Kinder unter sechs Jahren und versucht damit, solchen Unsicherheiten und Berührungsängsten entgegenzuwirken.
Die Broschüre spannt einen Bogen von der Theorie zur Praxis. Sie enthält praxisnahe Informationen darüber, wie Kinder vom Säuglingsalter an ihrem Alter bzw. Entwicklungsstand entsprechend individuell begleitet und wie auf ihre (sexuellen) Bedürfnisse reagiert und eingegangen werden kann. Aufgeteilt nach Lebensjahren erfährt man, wie die psychosexuelle Entwicklung eines Kindes vor sich geht, und erhält dazu Beispiele, wie Sexualerziehung geleistet werden kann – etwa wann Eltern beim Doktorspiel eingreifen (praktisch nie) oder wie sie reagieren sollen, wenn das Kind in seinem Forscherdrang ihre Genitalien berühren möchte (Grenzen setzen).
Menschen sind sexuelle Wesen, bereits vor der Geburt und ihr ganzes Leben lang. Natürlich kann die Sexualität von Kindern nicht mit derjenigen von Erwachsenen gleichgesetzt werden. Was Kinder bezüglich Sexualität von Erwachsenen unterscheidet, ist der Umgang damit. Kinder äussern ihre Bedürfnisse spontan und stellen oft ungeniert Fragen. Sie sind neugierig und mit allen Sinnen auf der Suche nach lustvollen Erfahrungen. Alles was gefällt und interessant ist, wird erforscht und ausprobiert, ohne dass diese Suche auf ein bestimmtes, dem Kind bewusstes Ziel ausgerichtet wäre. Körperkontakte ergeben sich spontan und aus dem Spiel heraus und machen auch vor den Geschlechtsorganen nicht halt.
Die sexuelle Entwicklung von Kindern bedarf in jedem Alter einer aufmerksamen und liebevollen Begleitung. Die Erziehungsbemühungen im Zusammenhang mit Sexualität nennt man Sexualerziehung. Dabei geht es um weit mehr als das Lüften des Geheimnisses der menschlichen Fortpflanzung oder das Vermitteln von Informationen über die Funktion der Geschlechtsorgane, Zeugung, Schwangerschaft und Geburt. Über Sexualerziehung können Eltern Einfluss darauf nehmen, wie sich das Lebensgefühl und die Sexualität ihrer Kinder entwickeln.
Sexualerziehung ist vor allem auch Kinderschutz. Das heisst, sie trägt zum Schutz vor sexueller Ausbeutung bei, indem sie den selbstbewussten und selbstbestimmten Umgang von Kindern mit ihrem Körper und ihrer Sexualität fördert. Sexualerziehung und Prävention von sexueller Gewalt sind Aufgaben aller Erwachsenen, die mit Kindern leben und arbeiten.
Kinder haben ein Recht auf Fürsorge und auf körperliche Unversehrtheit. Deshalb ist es für Eltern und Erziehungsberechtigte eine Pflicht, Kinder vor Gewalt und sexueller Ausbeutung zu schützen. Dazu gehört, dass die Grenzen im täglichen Umgang mit Kindern respektiert und das Selbstbewusstsein und die Abwehrstrategien von Kindern gestärkt werden.
Die Broschüre gibt Antworten zu folgenden Fragen:
Was ist Sexualität und Sexualerziehung?
Wie sieht die psychosexuelle Entwicklung in den ersten 6 Lebensjahren eine Kindes aus und wie können Eltern altersgerechte Sexualerziehung leisten?
Was bedeutet sexuelle Gewalt an Kindern? Was sind die Merkmale und wer die Täter?
Was ist Prävention und was können Eltern selbst zur Prävention beitragen?
Diese 100-seitige Broschüre ist kostenlos erhältlich bei der Mütter- und Väterberatungsstelle der Region oder direkt bei der Stiftung Kinderschutz Schweiz.
(Quelle: Sexualerziehung bei Kleinkindern und Prävention von sexueller Gewalt. Eine Broschüre für Eltern und Erziehende von Kindern zwischen 0 und 6 Jahren, 2009)