Irrtümer und richtige Verhaltensweise der Ersten Hilfe bei Kindern
Im Notfall ist schnelles Handeln gefragt. Doch nicht alle gängigen Sofortmassnahmen sind auch tatsächlich hilfreich. Manche können gar schaden. Welches sind die am weitesten verbreiteten Irrtümer der Ersten Hilfe – und wie handelt man in diesen Situationen korrekt?
Nur Nichtstun ist falsch!
Irrtum: Aus Angst, etwas falsch zu machen und dafür auch noch haftbar gemacht zu werden, unterlassen viele Menschen die Erste Hilfe an einem Unfallort. Das ist falsch. Denn wenn jemandem bei der Ersten-Hilfe-Massnahme ein Fehler unterläuft, macht er sich nicht strafbar, da nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt wurde. Nur bei unterlassener Hilfeleistung kann man zur Rechenschaft gezogen werden.
Richtig: Zeigen Sie Zivilcourage! Jede Hilfe ist besser als keine Hilfe und kann im Ernstfall sogar Leben retten. Denn die Minuten bis zum Eintreffen des Krankenwagens können sinnvoll genutzt werden und sind oft entscheidend.
Massnahmen am Unfallort
Irrtum: Kommt man als Ersthelfer an einen Unfall heran, so wird aus der Intuition heraus oft zuerst den Opfern geholfen. Dabei geht schnell vergessen, dass der Unfallort erst gesichert werden sollte, um die Verunfallten und sich selber zu schützen.
Richtig: 1. Begeben Sie sich bei der Ersten Hilfe in keine selbstgefährdende Situation. 2. Sichern Sie den Unfallort ab. 3. Leisten Sie Erste Hilfe 4. Verständigen Sie, falls nötig, den Notruf 144.
Achtung: Beenden Sie den telefonischen Notruf 144 erst, wenn man Ihnen bestätigt, Sie verstanden zu haben.
Wundversorgung von starken Blutungen
Irrtum: Es herrscht die Meinung vor, schwere Blutungen könne man am besten durch Abbinden der Gliedmassen stoppen. Das ist nicht ganz richtig. Denn dies korrekt durchzuführen, ist nicht so einfach und durch eine unsachgemässe Anwendung können Nerven oder Gewebe verletzt werden.
Richtig: Jede sichtbare Blutung kann durch genügend Druck auf die Wunde gestillt werden. Diese Massnahme kann man an jedem Körperteil vornehmen. Dabei drücken Sie, vorzugsweise mit einer sterilen Kompresse, einer nicht ausgerollten Verbandrolle, Ihrer Hand, einem T-Shirt oder einem Handtuch, fest auf die Wunde. Bei starkem Blutverlust ist die Blutstillung eine der wichtigsten Erste-Hilfe-Massnahmen, denn rascher und hoher Blutverlust kann zum Kreislaufstillstand führen.
Nasenbluten stoppen
Irrtum: Um eine Nasenblutung zu stoppen, wird oft empfohlen, den Kopf nach hinten in den Nacken zu legen. Dabei läuft das Blut jedoch in den Rachen und wird geschluckt. Es kann zu Übelkeit, Erbrechen oder Verschlucken kommen.
Richtig: Nasenbluten ist in den meisten Fällen harmlos. Bei Nasenbluten soll sich das Kind aufrecht hinsetzen, den Kopf leicht nach vorne beugen und beide Nasenflügel 5 bis 10 Minuten zusammendrücken. Legen Sie einen kalten Waschlappen in den Nacken. So werden die Blutgefässe der Nase verengt, der Druck und die Blutung lassen nach. Verwenden Sie wegen der Frostbeulen-Gefahr keine Eiskompressen. Das Blut im Mund soll das Kind ausspucken und nicht schlucken.
Achtung: Hält das Nasenbluten länger als 30 Minuten an oder leidet das Kind an häufigem Nasenbluten, ist es ratsam, einen Arzt aufzusuchen.
Verschlucken und Erstickungsgefahr
Irrtum: Verschluckt sich ein Kind, liegt es nahe, den noch sichtbaren Fremdkörper mit dem Finger aus dem Kindermund zu entfernen. Solange sich der Gegenstand noch im Mundraum befindet, ist es sicher korrekt, diesen so rasch als möglich zu entfernen. Befindet er sich jedoch bereits im Rachen, sollten Sie nicht versuchen, ihn herauszufischen. Dadurch schiebt man den Fremdkörper nur noch tiefer hinein.
Richtig: Der verschluckte Fremdkörper muss tatsächlich so schnell wie möglich ausgestossen werden. Dies erreicht man mit husten, husten und nochmals husten. Den Hustenreiz lösen Sie aus, indem Sie das Kind mit dem Gesicht nach unten auf den Oberschenkel oder den Unterarm legen, sodass sein Kopf unter der Brustkorbhöhe liegt. Beim Säugling und Kleinkind 5 Schläge mit der flachen Hand auf den Rücken zwischen die Schulterblätter geben.
Sind die Atemwege noch nicht befreit, mit zwei Fingern 5 Mal in der Brustmitte, knapp unter der Brustwarzenline, drücken. Bei Kindern im Schulalter kann die Kompression des Oberbauches, das sog. Heimlich-Manöver, angewandt werden. Wiederholen Sie die Massnahmen bis zu 5 Mal.
Achtung: Schütteln Sie niemals Ihr Baby, wenn es etwas verschluckt hat! Da es seinen Kopf noch nicht selber halten kann, kann dies dies zu einem Schütteltrauma mit schweren Hirnverletzungen führen.
Verbrennungen behandeln
Irrtum: Der geläufige Rat, Verbrennungen mit Eis oder Butter zu kühlen, ist ein Trugschluss. Bei Eispackungen besteht das Risiko von lokalen Erfrierungen. Butter ist die falsche Massnahme, weil Fette die Hitze in der Wunde festhalten können. Ein weiterer Irrtum ist, dass Brandblasen besser heilen, wenn sie geöffnet sind. Das Gegenteil ist der Fall. Bei einer offenen Brandblase können Keime in die Wunde geraten.
Richtig: Kühlen ja, aber nicht eiskalt. Kleinflächige Verbrennungen sollten so schnell wie möglich mindestens 10 Minuten mit kaltem Wasser gekühlt werden. Um eine Unterkühlung zu vermeiden, sollte das Wasser aber nicht zu kalt sein (ca. 20 Grad). Brandblasen sollten nicht geöffnet und mit einem sterilen Verband versorgt werden.
Achtung: Besondere Vorsicht ist bei der Kühlung von Verbrennungen bei Säuglingen oder Kleinkindern geboten, um keine Unterkühlung auszulösen.
Vergiftungen
Irrtum: Isst oder trinkt ein Kind etwas Giftiges, ist man versucht, die Substanz durch Erbrechen mit Salzwasser möglichst schnell wieder aus dem Körper zu schaffen. Das ist gefährlich. Denn bei ätzenden Substanzen würde beim Erbrechen ein zweites Mal die Speiseröhre angegriffen. Hat das Kind giftige Beeren, Pilze oder Pflanzen gegessen, besteht die Gefahr, dass durch das Übergeben Teilchen in die Atemwege gelangen.
Häufig wird auch Milch zum Runterspülen verabreicht. Auch das ist falsch, denn das Fett der Milch beschleunigt die Aufnahme der Gifte im Körper.
Richtig: Bei Verdacht auf eine Vergiftung sollten Sie auf keinen Fall Erbrechen herbeiführen. Stellen Sie fest, was eingenommen worden ist und rufen Sie so rasch wie möglich Tox Info Suisse (145) an.
Ertrinken
Irrtum: Ein fataler Irrtum ist es zu denken, dass man Kinder hört, wenn Sie ertrinken. Dem ist häufig nicht so. Kleinkinder ertrinken oft lautlos, ohne vorherige eindeutige Anzeichen.
Richtig: Behalten Sie Ihr Kind am Wasser unablässig im Auge. Schon die kleinste Unachtsamkeit kann dazu führen, dass etwas schief geht. Dies gilt auch in der Badewanne und an flachen Gewässern, denn ein kleines Kind kann schon bei einer Wassertiefe von 10 cm ertrinken. Bleiben Sie ausserdem stets in Griffnähe, damit Sie Ihr Kind zurückhalten können, wenn es dem Wasser allzu nahe kommt.
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