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                              Tante-Werden macht Lust auf eigene Kinder

                              Aus der Forschung

                              Zwei Frauen und ein Baby
                              ©
                              GettyImages

                              Bekommen Bruder oder Schwester einer Frau im gebärfähigen Alter ein Kind, so steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie selbst mit einem Partner ein erstes Kind zeugt, innerhalb der nächsten zwölf Monate auf über das Doppelte an. Dies wurde in einer Studie mit norwegischen Geschwisterpaaren belegt.

                              Forschern war schon lange klar, dass die Entscheidung für Nachwuchs auch durch das soziale Umfeld, speziell durch die Familie, geprägt wird. Die einzelnen Einflüsse konnte man bisher jedoch nicht nachweisen. Alexia Prskawetz vom Vienna Institute of Demography und Torkild Lyngstad von der Universität Oslo gelang es, den vermuteten Effekt zu belegen.

                              Bei der umfangreichen Untersuchung von 110.000 Paaren mit Angaben zu Geburten, Ausbildung, Einkommen und Familienstand wurde nachgewiesen, dass innerhalb eines Jahres nach der Geburt von Nichte oder Neffe die Wahrscheinlichkeit für ein eigenes erstes Kind auf das 2,3-Fache des Wertes für Frauen mit kinderlosen Geschwistern anwächst. Der Effekt tritt schnell ein, lässt allerdings auch schnell wieder nach: Nach drei Jahren liegt er nur noch etwa ein Drittel darüber. Die Geburt zweiter und folgender Kinder hingegen wird fast gar nicht davon beeinflusst, ob Frauen zuvor Tante geworden sind.

                              Warum die Frauen aus den Geschwisterpaaren auf die Geburt von Neffen und Nichten reagieren, lässt sich aus der Studie zwar nicht direkt folgern. Es wird jedoch vermutet, dass kinderlose Frauen die Unsicherheit bei ihrer eigenen Nachwuchs-Entscheidung abbauen, indem sie beobachten, wie die Geschwister mit ihren Kindern und ihrer Rolle als Eltern umgehen. "Mit ihren Nichten und Neffen machen die Frauen erste eigene Erfahrungen, wie kleine Kinder zu versorgen und zu betreuen sind und welche Anstrengung, aber auch Lebensfreude sie bedeuten", so das Ergebnis der Wissenschaftler.

                              Wissenschaftlich beschreibt einen solchen Effekt die „Theorie sozialer Vergleichsprozesse“: Demnach passen Menschen ihr Verhalten dem von Mitmenschen an, die ihnen sozial ähneln. Da viele Geschwister sich in diesem Sinne gleichen, orientieren sie sich aneinander. Konkret kann das etwa dazu führen, dass das eine Geschwister das andere einfach imitiert. Es kann sich aber auch für ein ähnliches Verhalten entscheiden, weil es vom anderen viel darüber gelernt hat. Oder es könnte demselben sozialen Druck einer dritten Partei nachgeben – im Fall der Geburten etwa dem von Eltern, die sich weitere Enkel wünschen.

                              Dass es für die Geburt des zweiten Kindes kaum eine Rolle spielt, ob vorher eine Nichte oder ein Neffe zur Welt kam, könnte daran liegen, dass die Eltern nun bereits Erfahrung mit ihrem eigenen Kind haben. Sie wissen bereits, worauf sie sich mit einem weiteren einlassen. Die zusätzliche Information durch die Geschwister kann die Unsicherheit vor der Entscheidung für das Kind nur noch wenig reduzieren – denn diese Unsicherheit besteht kaum mehr. In diesem Sinn ist die Geburt des ersten Kindes im Lebenslauf von Frauen ein wesentlich bedeutenderes Ereignis als die Geburt weiterer Kinder.

                              Aus der Forschung: Lyngstad, T.H. et al.:  Demography 47, 4, 923–934, 2011.

                              Letzte Aktualisierung: 01.03.2021, BH

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