Kinderbeine: X oder O?
Die Form der Beine verändert sich im Laufe der kindlichen Entwicklung von O über X bis zu schliesslich geraden Beinen.
Vorübergehende X- und O-Beine sind Entwicklungsstadien, die alle Kinder durchlaufen und aus medizinischer Sicht nur selten ein Problem. Für die gesunde Entwicklung der Kinderbeine ist Bewegung unerlässlich, so können sich Knochen und Muskeln optimal entwickeln.
O-Beine bei Babys und X-Beine bei Kleinkindern
Babys werden mit einer O-Stellung der Beine geboren. Dies ist leicht zu erklären: In der Gebärmutter hat es nur wenig Platz. Das Baby muss dort seine Beinchen ständig anziehen und kommt deshalb automatisch mit O-Beinen auf die Welt.
Ungefähr ab dem dritten Lebensjahr verändert sich die Beinform, denn die Beine müssen nun das Körpergewicht tragen. Solange sie O-förmig sind, lastet ein Grossteil des Gewichts auf der Bein-Innenseite. Der Körper reagiert darauf, indem er dort schneller Knochen bildet als an den Aussenseiten. Entsprechend wachsen die Beine innen etwas rascher. Ganz allmählich verwandelt sich dadurch das O in ein X. Nun ruht das Körpergewicht überwiegend auf den Beinaussenseiten.
Wenn das Kind mit geschlossenen Beinen aufrecht steht, sollte der Abstand zwischen den Innenknöcheln der Füsse nur bis zu 5 cm betragen. Bei mehr Abstand ist es sinnvoll, den Kinderarzt zu informieren.
Schulkinder haben gerade Beine
Später reagiert der Körper erneut auf die einseitige Belastung: Diesmal wachsen die Knochen auf der Aussenseite der Beine schneller und strecken sich ganz allmählich. Im Primarschulalter, spätestens jedoch mit zwölf Jahren, haben fast alle Kinder gerade Beine – wobei eine leichte X-Stellung und als Ausgleich dazu ein Knickfuss anfangs noch normal ist.
Fehlstellungen der Beine und Füsse
Die regelmässigen Kontrolluntersuchungen beim Kinderarzt stellen sicher, dass allfällige Probleme frühzeitig genug entdeckt werden. Eine falsche Körperhaltung kann oft mit Physiotherapie korrigiert werden. Echte Fehlstellungen der Beine und Füsse, die häufig angeboren und selten sind, brauchen allerdings mehr als das. Oft sind X-Beine mit einem Knick-Senkfuss verbunden, O-Beine mit Hohlfüssen.
Sollte eine operative Korrektur notwendig sein, wird sie meist erst gegen Ende der Wachstumsphase durchgeführt, weil bis dahin noch eine spontane Korrektur möglich ist. Allerdings müssen die Wachstumsfugen gerade noch offen sein. Das ist bei Mädchen etwa mit 13 und bei Jungen mit 14 Jahren der Fall. Das Knochenalter wird mit einer Röntgenaufnahme der linken Hand bestimmt.
Kinder mit mit O- oder X-Beinen haben meist keine Schmerzen. Instabile Gelenke oder Störungen des Gangbildes treten erst bei starken Abweichungen auf. Weil der Gelenkknorpel im Kniegelenk einseitig belastet wird, kann es aber langfristig zum Gelenkverschleiss führen. Auch Hüfte oder Wirbelsäule können schliesslich in Mitleidenschaft gezogen werden. Eine genaue Ganganalyse ist angebracht.
An den Beinen können – in Kombination mit den Beinachsenfehlstellungen – auch Drehfehlstellungen vorliegen. Man erkennt sie an der Stellung der Füsse: Im Normalfall sollten Füsse ganz gerade nach vorne gerichtet sein, bei der Drehfehlstellung zeigen sie nach innen oder aussen.
Rachitis – gibt es das heute noch?
Krankhafte O-Beine sind heutzutage selten. Sie beruhen auf schlecht verheilten Knochenbrüchen, sind dann aber einseitig oder auf Grund einer Knochenerweichung durch Vitamin-D-Mangel (Rachitis). Die Haut bildet Vitamin D nämlich mithilfe von Sonnenlicht und vor 150 Jahren haben Kinder davon oft zu wenig bekommen. Geschuldet auch durch die Luftverschmutzung in den Zeiten der Industrialisierung. Obwohl das heute anders ist, wird trotzdem allen Kindern im ersten Lebensjahr die zusätzliche Einnahme von Vitamin D empfohlen.
Selten kann eine Rachitis auch durch eine Nierenerkrankung bedingt sein. Eine Überprüfung des Mineralhaushalts und des Vitamin-D-Spiegels kann dies ausschliessen.