Östradiol fördert weibliche Attraktivität
Aus der Forschung
Seit langem ist bekannt, dass hohe Werte des Sexualhormons Östradiol (ein Östrogen) Frauen fruchtbarer macht. Eine weitere Wirkung hat eine amerikanische Studie ergeben: Frauen mit hohen Östradiol-Konzentrationen im Blut erscheinen attraktiver, selbstbewusster, sind anfälliger für Seitensprünge, haben aber auch längere Beziehungen. In der Presse wurde Östradiol daraufhin gleich als „Fremdgeh-Hormon“ bezeichnet.
Für die Studie untersuchten die Wissenschaftler an der Universität von Texas in Austin (USA) den Speichel von 52 Frauen im Alter von 17 bis 30 Jahren, um Rückschlüsse auf deren Ostradiol-Gehalt im Blut zu ziehen. Dabei wurden die Werte vor und nach dem Eisprung der Frauen gemessen. Die Teilnehmerinnen bewerteten auf einer Skala von eins bis neun, wie attraktiv sie ihren Körper finden und wie sie auf Männer zu wirken glauben. Sie nannten unter anderem die Anzahl ihrer bisherigen Beziehungspartner und schätzten ein, wie bereitwillig sie selbst zu einem Seitensprung wären.
Die Analyse der Daten ergab, dass sich Frauen mit hohen Östradiol-Konzentrationen eher als attraktiv einschätzten und auch von anderen verstärkt so gesehen wurden. Diese Frauen hatten häufiger lange Beziehungen als Frauen mit niedrigen Werten des Sexualhormons und neigten eher dazu, mit einem anderen Mann zu flirten, ihn zu küssen oder eine ernsthafte Affäre mit ihm zu haben. Die Bereitschaft zum One-Night-Stand und die Zufriedenheit in Beziehungen hingen jedoch nicht mit den Östradiolwerten zusammen.
Nach Ansicht der Studienautoren verdeutlichen diese Ergebnisse, dass physiologische Vorgänge möglicherweise eine grössere Rolle beim Werbungsverhalten von Frauen spielen als bisher angenommen. Östradiol ist eines der wichtigsten weiblichen Östrogene und beeinflusst die Ausbildung der primären und sekundären Geschlechtsorgane und die Fruchtbarkeit. Es erreicht Spitzenwerte um den Eisprung herum und in der Mitte der zweiten Zyklushälfte, stimuliert das zyklische Wachstum der Gebärmutterschleimhaut, um diese auf die Aufnahme einer befruchteten Eizelle vorzubereiten. Nur wenn diese optimal aufgebaut ist, kann es überhaupt zu einer Schwangerschaft kommen.
Aus biologischer Sicht überrascht es nicht, dass sich die Fruchtbarkeit einer Frau über bestimmte Signale äussert, auch wenn diese eher subtil sind. Ob Frauen mit viel Östradiol nur deshalb mehr Beziehungen haben und dabei sprunghafter sind, weil sie schöner sind und daher mehr Chancen bei attraktiven Männern haben, oder ob das Hormon auch einen direkten Einfluss auf das Sexualverhalten hat, können die Forscher bisher nicht sicher sagen.
Frühere Untersuchungen hatten bereits gezeigt, dass aufgrund hoher Östradiol-Level weiche Körperteile wie die Brüste, Finger oder Ohren symmetrischer werden. Auch sind die Brüste grösser und es liegt ein - aus männlicher Sicht - günstigeres Verhältnis von Taille zu Hüfte vor. All dies sind Faktoren, die Männer allgemein als attraktiv erachten. Umgekehrt hatte eine Studie kürzlich nachgewiesen, dass Frauen mit hohen Östradiol-Werten Männer bevorzugen, die höhere Testosteron-Werte aufweisen.
Aus der Forschung: K. M. Durante, N. P. Li.: Proceedings of the Royal Society of London: Biology Letters 2009. 5(1): 1-4. doi: 10.1098 / rsbl.2008.0709