Ge­nü­gend Zärt­lich­keit

Mutter und Kind fröhlich bei Weihnachtsbeleuchtung
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Ei­nes ist si­cher: je­des Kind braucht Nähe und Zu­wen­dung, zu al­ler­erst von sei­nen El­tern. Es braucht sie, um sich wahr­ge­nom­men und ge­liebt zu füh­len. Zärt­lich­keit ist ein Teil die­ser Zu­wen­dung. Bei Ba­bys ist  die­ser phy­si­sche Weg der ein­zi­ge, ih­nen Lie­be zu ge­ben. Kör­per­li­che Nähe ist für das Baby zen­tral.

Je äl­ter Kin­der wer­den, des­to viel­fäl­ti­ger wer­den auch die Mög­lich­kei­ten, ih­nen Ihre Zu­nei­gung zu zei­gen. Der Wunsch nach kör­per­li­cher Nähe, nach Ku­scheln und Be­rüh­rung, ist bei al­len Men­schen un­ter­schied­lich – auch bei Kin­dern! Und Ihre Kin­der wer­den Ih­nen deut­lich zei­gen, was sie wol­len und mö­gen und was nicht.

Ru­hi­ge­re Kin­der su­chen und ge­nies­sen wo­mög­lich die Nähe stän­dig. Ak­ti­ve­re Kin­der aber hal­ten es in der Re­gel nicht lan­ge auf dem Arm oder dem Schoss aus. Auch wenn Sie sich per­sön­lich viel­leicht nach Strei­chel­ein­hei­ten Ih­res Kin­des seh­nen, for­dern oder er­zwin­gen Sie nichts! Ihre Auf­ga­be ist es pri­mär, zu be­ob­ach­ten, was Ihre Kin­der brau­chen und wol­len – und sich da­nach dar­auf ein­zu­stel­len. Denn auch wer kein „Schoss­kind“ ist, wünscht sich Nähe und Zu­wen­dung, aber eben viel­leicht auf eine an­de­re Wei­se. Viel­leicht wird ein sol­ches Kind eher auf wil­de Spie­le und ge­mein­sa­me Ak­ti­vi­tä­ten an­spre­chen und so­mit die Bin­dung zu den El­tern stär­ken. 

Oft fehlt El­tern die Zeit oder die Ge­duld, auf die Zei­chen ih­rer Kin­der ein­zu­ge­hen. Wo­mög­lich et­was über­for­dert mit der Si­tua­ti­on, kön­nen oder wol­len El­tern manch­mal die ge­such­te Nähe nicht ge­ben. Meist ist es der All­tags­stress, der die­se Gabe hemmt. Und wenn dann Kin­der um Zärt­lich­keit und Auf­merk­sam­keit buh­len, ist es für man­che El­tern viel­leicht der fal­sche Zeit­punkt – und die Kin­der wer­den ab­ge­wie­sen und auf spä­ter ver­trös­tet.

Ge­le­gent­li­che Zu­rück­wei­sun­gen sind kein Dra­ma, sie ge­hö­ren zum Le­ben und zu den Er­fah­run­gen, die ein Her­an­wach­sen­der ma­chen muss. Ver­wei­gern El­tern ih­rem Kind Nähe und Zärt­lich­keit aber zu oft, ist das pro­ble­ma­tisch. Denn Kin­der kön­nen auf Zu­wen­dung und Zu­nei­gung nicht ver­zich­ten. Sie wer­den dar­um wo­mög­lich nach Men­schen su­chen, die ih­nen mehr ge­ben als ihre El­tern. Lei­der ist da­bei aber nicht aus­zu­schlies­sen, dass das Kind da­bei auch an ei­nen Men­schen ge­ra­ten kann, der selbst be­dürf­tig ist und sich nach Zu­nei­gung sehnt – und die Ge­fahr könn­te dann be­stehen, dass das Kind plötz­lich aus­ge­nutzt oder im schlimms­ten Fall so­gar miss­braucht wird.

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Wenn Sie als El­tern also im All­tag zu we­nig Ge­le­gen­heit fin­den, um sich auf Ihre Kin­der ein­zu­las­sen, dann ist es sehr wich­tig, dass Sie sich be­wusst die Zeit neh­men, Ih­rem Kind die ge­for­der­te Zu­wen­dung und An­er­ken­nung zu ge­ben. Die Stun­de nach dem Es­sen, ein Vor­le­se-Ri­tu­al, ein re­gel­mäs­si­ger Aus­flug in den Wald – das kön­nen die Mo­men­te sein, in de­nen es zärt­lich zu­geht und das Be­dürf­nis des Kin­des nach Nähe ge­stillt wird. 

An­de­rer­seits gibt es von Sei­ten der Er­wach­se­nen auch im­mer wie­der Zu­nei­gungs­be­kun­dun­gen, die Kin­der gar nicht schät­zen. Die Vor­stel­lun­gen von Zärt­lich­keit und die Wün­sche da­nach ver­än­dern sich im Lau­fe der kind­li­chen Ent­wick­lung stän­dig. Was für Klei­ne gut ist, kann Grös­se­ren un­an­ge­nehm wer­den und ih­nen pein­lich er­schei­nen. Auch wenn Ihr Kind Zu­nei­gung sucht, sei­en sie auf der Hut, dass Sie es si­cher nicht zu Zu­nei­gungs­be­kun­dun­gen ge­gen­über Drit­ten drän­gen oder das her­an­wach­sen­de Kind ge­gen sei­nen Wil­len in der Öf­fent­lich­keit her­zen und auf den Schoss neh­men.  Für vie­le El­tern mag eine Zu­rück­wei­sung in solch ei­ner Si­tua­ti­on viel­leicht ver­let­zend sein - aber sie soll­ten die Zu­rück­hal­tung re­spek­tie­ren, auch wenn Ihr ei­ge­ner Wunsch nach Nähe viel­leicht dar­un­ter lei­det. Denn je­des Kind muss selbst be­stim­men und aus­drü­cken dür­fen, wo sei­ne Gren­zen sind. 

Wie viel Zärt­lich­keit Ihre Kin­der brau­chen, lässt sich also nicht ge­ne­rell be­ant­wor­ten. Wenn Sie aber Ihre Kin­der auf­merk­sam und lie­be­voll be­glei­ten, wird zwi­schen bei­den ein Aus­tausch statt­fin­den. Und Sie als El­tern wer­den spü­ren, was Ihr Kind braucht. Das wäre dann das rech­te Mass an Zu­nei­gung und Zärt­lich­keit.

Letzte Aktualisierung: 03.02.2020, VZ, JL

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