Endometriose
Was sind die Anzeichen einer Endometriose, wie wird sie diagnostiziert und welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Das Wichtigste in Kürze
- Bei Frauen mit Endometriose wächst gebärmutterähnliches Gewebe ausserhalb der Gebärmutter, z.B. im Bauchraum.
- Wichtige Leitsymptome sind starke Schwerzen während der Menstruation, starke Unterbauchschmerzen sowie unerfüllter Kinderwunsch.
- Behandlungsmöglichkeiten sind Hormone, Schmerzmittel und allenfalls eine Operation.
Was ist Endometriose?
Endometriose ist eine gutartige Erkrankung, welche schätzungsweise 5-10% aller Frauen im gebärfähigen Alter betrifft. Bei diesen Patientinnen wächst Gebärmutterschleimhaut ausserhalb der Gebärmutterhöhle. Diese Zellgruppen (oder Herde) können vor allem im Bauchraum der Frau auftreten und entsprechende Beschwerden verursachen.
Häufigste Lokalisationen dieser Herde sind in der Gebärmutterwand, an den Eierstöcken, den Eileitern oder an den Bändern der Gebärmutter, im tiefsten Punkt des Bauchraumes, am Enddarm oder an der Blase.
Funktion des Endometriums
Normalerweise wird die Innenschicht der Gebärmutter durch eine Schleimhautschicht (auch Endometrium bezeichnet) ausgekleidet. Diese Schicht wird unter physiologischen hormonellen Einflüssen monatlich zum Aufbau stimuliert, um eine allfällige Schwangerschaft zu empfangen. Wird die Frau in einem Zyklus befruchtet, verschmilzt diese Schleimhautschicht mit der befruchteten Eizelle (auch Einnistung genannt) und bildet daraus den Mutterkuchen (Plazenta), welche diese Schwangerschaft aufrechterhält und stetig mit notwendigen Nährstoffen versorgt. Wird die Frau in dem Zyklus nicht schwanger, so wird diese Schleimhautschicht als Menstruationsblutung ausgeschieden. Der nächste Zyklus beginnt erneut.
Anzeichen einer Endometriose
Die Beschwerden beginnen meist im Alter zwischen 20 und 30 Jahren, oft auch mit der ersten Menstruationsblutung. Die Probleme sind von Frau zu Frau verschieden. Viele Frauen weisen nur leichte Symptome auf, andere sind in ihrem Alltag so beeinträchtigt, dass sie kaum ihren täglichen Verpflichtungen nachgehen können.
Endometrioseherde verhalten sich unter Hormoneinwirkung wie die Gebärmutterschleimhautzellen und können während der gewohnten Periode bluten und das gesunde Gewebe reizen und vernarben lassen. Diese Narben können später Verwachsungen bilden.
Das Leitsymptom der Endometriose sind starke Schmerzen während der Periode. Betroffene beschreiben diese Schmerzen als deutlich stärker als gewöhnliche Krämpfe während der Menstruation.
Anzeichen für eine Endometriose sind:
Starke Schmerzen während der Periode
Schmerzen beim Geschlechtsverkehr
Schmerzen oder Blutungen bei der Blasen- oder Darmentleerung
Unerfüllter Kinderwunsch
Verlängerte und/oder starke Menstruationsblutungen
Teils heftige Unterbauchschmerzen, die von der Monatsblutung unabhängig sein können
Wie entsteht Endometriose?
Die Entstehung der Endometriose ist unklar und noch nicht abschliessend erforscht. Folgende Theorien zur Entstehung der Endometriose sind möglich:
Die Menstruationsblutung wird rückwärts in die Eileiter ausgestossen und verbreiten sich im Bauchraum.
Endometriumzellen werden über Blut- und Lymphbahnen abtransportiert und siedeln sich anderorts an.
Die Endometriumzellen docken bereits während der embryonalen Entwicklung der Gebärmutter an.
Verschleppen und Einwachsen der Endometriumzellen nach einer Operation (zum Beispiel beim Kaiserschnitt).
Diagnose der Endometriose
Manche Beschwerden können auch auf andere Erkrankungen hinweisen. Bis es klar ist, dass eine Endometriose vorliegt, vergehen oft ungefähr zehn Jahre. Bei Verdacht der Endometriose wird eine genaue gynäkologische Untersuchung mit vaginalem Ultraschall durchgeführt. Im Ultraschall sind meist nur grössere Herde sichtbar. Ist der Ultraschall noch nicht zielführend, kann alternativ ein MRI ergänzend durchgeführt werden.
Selten finden sich auch Endometrioseherde an der Lunge, im Zwerchfell oder an Nerven, was die Diagnose deutlich erschwert.
Um eine klare Diagnose der Endometriose stellen zu können, erfordert es in aller Regel eine Bauchspiegelungsoperation. Bei dieser Operation werden Herde ersichtlich und allfällige Endometrioseherde können im gleichen Schritt entfernt und zur mikroskopischen Untersuchung geschickt werden. Die sichere Diagnose erfolgt somit erst unter dem Mikroskop.
Neuerdings gibt es die Möglichkeit, mittels eines Speicheltests eine Endometriose festzustellen. Dieser Test kann mit weiteren Untersuchungsmethoden einen ersten Hinweis auf eine Endometriose-Erkrankung geben. Die Analyse der Speichelprobe dauert ungefähr zwei Wochen. Somit wird viel schneller eine bessere Lebensqualität für die betroffenen Frauen als bis anhin ermöglicht.
Behandlung einer Endometriose
Die Endometriose ist eine dauerhafte Erkrankung. Heilbar ist sie nur in Einzelfällen. Nach den Wechseljahren mit der letzten Periodenblutung verschwinden die Beschwerden üblicherweise von selbst.
Sind keine Beschwerden vorhanden und kein unerfüllter Kinderwunsch besteht, ist eine Behandlung nicht notwendig.
Die Therapie gestaltet sich individuell, doch jede Patientin mit Schmerzen sollte behandelt werden. Zur Linderung der starken Schmerzen können meist Hormonpräparate und Schmerzmittel helfen. Bei Sterilität sollten möglichst alle Endometrioseherde entfernt werden. Dies erfordert eine Operation – allermeist mittels einer Bauchspiegelung. Die Operation sollte durch ein Endometriosezentrum oder spezialisierter Ärztin durchgeführt werden. Lassen Sie sich hierzu von einem Endometriose-Spezialisten beraten.
Welche Behandlung in Frage kommt, richtet sich nach der Schwere der Beschwerden und der jeweiligen Lebenssituation. Da Endometriose häufig wiederkehrt, sind oft wiederholte Behandlungen notwendig.
Hormone
Als Behandlung werden weibliche Hormone eingesetzt. Sie können Beschwerden lindern, indem sie die Menstruationsblutungen schwächen oder sogar für längere Zeit unterdrücken. Dadurch werden die Endometriose-Herde ruhig gestellt. Dafür eignen sich vor allem Gelbkörperhormone (z.B. kontinuierliche Therapie mit Dienogest, einem synthetischen Gestagen). Auch Verhütungsmittel wie die Antibaby-Pille, Hormonspirale oder ein Vaginalring können zum Einsatz kommen. Die Verhütungsmittel sind jedoch nicht zur Behandlung der Endometriose zugelassen und müssen selbst bezahlt werden.
Als weitere Option werden GnRH-Analoge eingesetzt. Diese führen zu einem Wachstumsstillstand und Abnahme der Endometrioseherde. Sie können maximal sechs Monate eingesetzt werden. Wechseljahrbeschwerden wie Hitzewallungen und Knochenstörungen führen dazu, dass immer zusätzlich auch geringe Dosen Östrogen eingenommen werden müssen, um die Nebenwirkungen zu behandeln (sogenannte Add-back Therapie). Diese GnRH-Analoge werden immer weniger aufgrund der beachtlichen Nebenwirkungen eingesetzt. Informieren Sie sich vor der Anwendung bei Ihrer Ärztin über mögliche Vor- und Nachteile sowie Nebenwirkungen.
Operation
Mit einer Operation lassen sich Endometriose-Herde beseitigen. Die Schmerzen nehmen dadurch bei den meisten Frauen nachweislich ab. In der Regel erhalten Sie dafür eine Bauchspiegelung (Laparoskopie): Durch kleine Schnitte werden eine Kamera und Instrumente in den Bauchraum eingeführt, um die Herde zu entfernen. Innerhalb von 5 Jahren nach dem Eingriff kommen die Herde allerdings bei vielen Frauen wieder.
Bei Kinderwunsch
Es gibt wissenschaftliche Belege, dass eine Behandlung mit Hormonen die Fruchtbarkeit nicht verbessert. Wenn Sie sich ein Kind wünschen, kann ein operatives Entfernen der Endometriose-Herde die Aussicht auf eine Schwangerschaft erhöhen. Sollten Sie dennoch nicht schwanger werden, kann eine Kinderwunschbehandlung helfen, etwa eine künstliche Befruchtung. Bei vielen erkrankten Frauen lässt sich damit eine Schwangerschaft erreichen.
Bei starken Schmerzen
Dagegen gibt es Schmerzmittel. Allerdings weiss man nicht genau, wie gut sie gegen Schmerzen wirken, die durch Endometriose verursacht sind. Je nach Bedarf können Sie eine Schmerzbehandlung erhalten. Wenn die Beschwerden sehr belastend sind, kann man Sie zusätzlich auch seelisch und sozial unterstützen. Nach einer grossen Endometriose-Operation oder bei dauerhaften Schmerzen ist häufig eine Auszeit notwendig.
Therapien der Zukunft
Neue Therapien basieren auf einer Immuntherapie. Geschädigtes Gewebe soll so mittels Antikörper abgebaut werden. Die Antikörpertherapie ist eine Art der Immuntherapie. Im Grundprinzip soll das eigene Immunsystem bei der Behandlung von bestimmten Erkrankungen genutzt werden. Dabei werden entweder direkt Antikörper verabreicht oder die Immunabwehr wird durch Medikamente angeregt.
Bei Erkrankungen mit hoher Entzündungsaktivität kann das Immunsystem auch gezielt herunterreguliert werden. Durch Grundlagenforschung zeigte sich, dass die Endometriose mit erhöhten und fehlregulierten Entzündungsvorgängen einhergeht. An den Endometrioseherden wurden vermehrt Zellen des Immunsystems gefunden, sowie eine erhöhte Konzentration an bestimmten Botenstoffen der Immunabwehr (z.B. TNF-alpha, IL-6, IL-8 und andere). Eine neue japanische Studie wies an Makaken nach, dass mit dem Anti-IL-8-Antikörper der Krankheitsverlauf sich signifikant verbesserte. Das Volumen der Knoten am Gewebe wurde verringert, Verhärtungen und Verwachsungen nahmen stark ab. Es bleibt nun zu hoffen, dass dieses Medikament auch zur Behandlung von Endometriose bei Frauen in Zukunft eingesetzt werden kann.
Was Sie selbst unternehmen können
Sprechen Sie mit Ihrer Ärztin offen über Ihre Beschwerden. In spezialisierten Endometriose-Zentren beraten Sie Frauenärzte und finden für Sie die optimale Therapie.
Sie müssen Schmerzen nicht tapfer aushalten. Leichte Periodenschmerzen sind normal. Sind die Schmerzen kaum auszuhalten, sollten Sie mit Ihrer Ärztin darüber sprechen. Schmerzmittel weisen Nebenwirkungen auf. Nehmen Sie nicht eigenständig Schmerzmittel ohne ärztliche Rücksprache über längere Zeit ein.
Sport tut Ihnen gut. Wählen Sie am besten eine körperliche Bewegung aus, die Ihnen Freude bereitet: Walken, Yoga, Pilates oder Beckenbodentraining. Entspannungsübungen, Schwimmen in warmem Wasser können Stress verringern. Auch Akupunktur, chinesische Medizin oder Osteopathie können unterstützen.
Schmerztagebuch: Führen Sie Tagebuch über Ihre Beschwerden und die Behandlung und finden Sie so selbst heraus, was Ihnen hilft und was weniger.
Selbsthilfegruppen: Ein Austausch mit Betroffenen kann helfen und neue Perspektiven finden.
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