Kinder loben - Die Wortwahl ist dabei wichtig
Aus der Forschung
Eine Studie, die im "Journal of Experimental Psychology" veröffentlicht wurde, besagt, dass ein Lob auf Kinder nicht immer einen positiven Effekt hat. Die Forscher um Eddie Brummelman von der Utrecht Universität in den Niederlanden gehen davon aus, dass es vor allem auf die Formulierung ankommt. Wird ein Kind für seine Bemühungen gelobt, werde Wert nicht automatisch mit Erfolg assoziiert. Ein Rückschlag wird dann zwar als solcher empfunden, das Kind zieht aber andere Schlüsse daraus – nämlich dass es sich mehr anstrengen muss.
Erstaunlicherweise werden vor allem Kinder mit einem geringen Selbstwertgefühl von den Eltern oft intuitiv falsch gelobt. Ein Lob, das die Person wertet, z.B. „Du bist ein toller Künstler“, kann bei Kindern mit geringem Selbstwertgefühl zu grossem Schamgefühl umschlagen, wenn etwas mal nicht klappt. Die Kinder bekommen das Gefühl, sich ständig beweisen zu müssen und werten Misserfolge dann sofort als Versagen ab. Das kann auf Dauer dazu führen, dass ihr Selbstwertgefühl noch weiter sinkt. Besser ist es, so die Wissenschaftler, das Verhalten und die Bemühungen der Kinder zu loben: „Das Bild hast du aber schön gemalt“.
Kinder mit einem hohen Selbstbewusstsein dagegen werden von den Eltern, laut Studie, häufiger für ihre Bemühungen gelobt. Das führt dazu, dass das Selbstwertgefühl zusätzlich erhöht wird und diese Kinder Rückschläge besser verkraften können.
Für die Studie wurden insgesamt 357 Erwachsene ins Labor gebeten. Dort wurden ihnen sechs fiktive Kindercharaktere beschrieben: Drei davon mit hohem Selbstwertgefühl, drei mit niedrigerem. Die Erwachsenen mussten den fiktiven Kindern ein Feedback für verschiedene Aktivitäten geben. Ergebnis: Die Kinder mit niedrigerem Selbstwertgefühl wurden mehr als doppelt so oft mit Aspekten der Persönlichkeit gelobt.
Die meisten Eltern denken, dass sie das Selbstbewusstsein ihrer Kinder durch Lob stärken können. Unbewusst wird den Kindern allerdings das Gefühl vermittelt, dass sie nur dann wertgeschätzt werden, wenn sie erfolgreich sind und dies auch ständig unter Beweis stellen. Wenn die Kinder dann einmal scheitern, fühlen sie sich wertlos, und das macht sie emotional sehr verwundbar. Die Wissenschaftler raten daher, Kinder stets für ihre Bemühungen („das hast du toll gemacht“) und nicht für ihre Persönlichkeit („du bist so toll“) zu loben. Ein Rückschlag wird dann zwar als solcher empfunden, die Kinder ziehen aber nicht den Schluss daraus, dass sie versagt haben, sondern dass sie sich beim nächsten Versuch mehr anstrengen müssen.
Auch das konnten Brummelman und seine Kollegen zeigen. In einem zweiten Experiment bekamen 313 Kinder im Alter von acht bis 13 Jahren Feedback von einem Computer, nachdem sie dort ein Reaktionsspiel absolviert hatten. Einige Tage zuvor hatten sie bereits einen Test zum Erfassen des Selbstwertgefühls ausgefüllt. Natürlich waren das Spiel und auch das Spielergebnis manipuliert, und die Kinder wurden völlig zufällig eingeteilt in Gewinner und Verlierer.
Im Feedback, das die Kinder nach einer ersten unentschiedenen Runde bekamen, wurden entweder die Bemühungen des Kindes – "Wow, das hast du toll gemacht!", die Persönlichkeit des Kindes – "Wow, du bist toll!" oder überhaupt nicht gelobt. Dann absolvierten die Kinder eine zweite Runde, in der sie entweder verloren oder gewannen. Die grösste Scham fühlten anschliessend messbar jene, die ein geringes Selbstwertgefühl hatten und ein "Wow, du bist toll!" als Feedback bekommen hatten.
Aus der Forschung: E. Brummelman et al.: Journal of Experimental Psychology: General; online Feb. 26, 2013.