6. Woche - "Helden des Alltags"
Am Durchschlafen haben wir tatsächlich gearbeitet. In dieser Woche hat Emil es sogar gleich zweimal hintereinander geschafft, von 22:30 bis 06:00 durchzuschlafen. Als stillende Mutter wacht man dann mindestens einmal mitten in der Nacht plötzlich auf, entweder mit Brüsten, die kurz vor dem Platzen sind, oder auf einer von Milch durchnässten Matratze, weil die Stilleinlagen mal wieder verrutscht sind, und rennt sofort ins Babyzimmer, um sich zu vergewissern, dass der Kleine überhaupt noch atmet. Das war bei meinem Emil gottseidank immer der Fall, und so kann ich diese Nächte bestimmt auch bald wieder schlafend geniessen…
Mit zwei Kleinkindern erlebt man auch tagsüber immer wieder Situationen, die einen fast an die Grenzen bringen. Das Ein- und Aussteigen in Tram und Bus ist so eine Extremsituation, die wahnsinnig viel Geduld und Kraft erfordert. Ich habe mich gegen einen Doppelkinderwagen entschieden, weil ich der Meinung bin, dass Julius mit zwei Jahren problemlos selber laufen kann und nicht mehr ständig chauffiert werden muss. Ich kann gar nicht sagen, wie oft ich diese Entscheidung schon bereut habe, seit Emil auf der Welt ist. Julius KANN zwar problemlos laufen, läuft aber grundsätzlich immer in die falsche Richtung, oder gar nicht mehr, weil er sich lieber mitten auf dem Trottoir hinsetzen und trotzen will. Da ist man dann schon alleine mit dem aufmüpfigen Zweijährigen am Anschlag, das Baby im Kinderwagen oder Tragetuch schränkt die Mobilität und Flexibilität aber noch zusätzlich beträchtlich ein.
Einen Kinderwagen ins Tram oder in den Bus zu schieben, haben wir Mütter ja schnell drauf. Wenn man dann mit einer Hand aber noch ein Kleinkind festhalten muss, damit er beim Einsteigen nicht über die Schwelle stolpert, dann erfordert das Superkräfte, die jeden Comic-Superhelden blass aussehen lassen. Überhaupt finde ich, dass wir Mütter viel zu wenig für das geehrt werden, was wir täglich so leisten. Wie oft liest man in den Zeitungen von irgendwelchen Helden, die andere Menschen aus einem brennenden Haus holen oder ein Flugzeug auf dem Wasser notlanden. Wir Mütter retten unsere Kinder mindestens dreimal täglich vor dem ertrinken, überfahren werden, Treppe hinunter fallen oder Spülmittel trinken.
Wenn man den Ein- und Ausstieg aus öffentlichen Verkehrsmitteln dann trotz aller Schikanen gemeistert hat, kann man ganz tolle Orte ausserhalb der eigenen vier Wände erreichen. Diese Woche führte uns der Weg zurück ins Spital, wo ich die Nachkontrolle bei meiner Frauenärztin hatte. Nach einigen Untersuchungen hat sie mir versichert, dass ich die Geburt und das Wochenbett ohne Nachwirkungen überstanden hatte. Sie gab mir nun auch grünes Licht für die Rückbildung. Nächste Woche besuche ich meinen ersten Kurs und werde selbstverständlich davon berichten.
Caroline Hafner schreibt in den ersten 8 Lebenswochen Ihres Emils wöchentlich, danach monatlich über Ihre Erfahrungen als junge Mutter. Fortsetzung folgt...