Kinderärzte warnen vor Nasentropfen
Aus der Forschung
Ein Ärzteteam aus der Kinder- und Jugendklinik des Universitätsklinikums Erlangen berichtet in der Fachzeitschrift „Kinderheilkunde“ von den schweren Nebenwirkungen abschwellender Nasentropfen bei einem Neugeborenen.
Abschwellende Nasentropfen mit dem Wirkstoff Xylometazolin (z.B. Otrivin, Rhinosedin, Triofan) sind in der Schweiz wie auch in Deutschland ohne Rezept in Apotheken frei verkäuflich und werden in der Minimalkonzentration (0,05%) bei Säuglingen und Kleinkindern mit verstopfter Nase (Schnupfen, Erkältung) häufig eingesetzt.
Im beschriebenen Fall hatten die Eltern ihre 30 Tage alte Tochter wegen Erbrechen, Atemstillstand und zunehmender Bewusstlosigkeit ins Spital gebracht, wo sie sogleich auf der Intensivstation aufgenommen wurde. Die Eltern hatten den jungen Säugling am Tag zuvor wegen eines „Säuglingsschnupfens“ mit Nasentropfen behandelt. Auf Anraten der Hebamme gaben sie 3-mal täglich jeweils 0,1 ml 0,05%iger Xylometazolinlösung mittels einer Feindosierungsspritze in jedes Nasenloch.
Nachdem mögliche Krankheitsursachen - eine Infektion mit Bakterien oder Viren, andere schädliche Substanzen in Blut, Urin und Gehirnflüssigkeit - negativ getestet wurden, stellten die Ärzte im Urin eine hohe Konzentration von Xylometazolin fest. Das Kind erholte sich 26 Stunden nach der Aufnahme spontan, wurde wach, die Atmung war unauffällig, und es fanden sich keine weiteren Symptome.
Der Fall ist einfach zu erklären: Abschwellende Nasentropfen mit einem sog. Sypathomimetikum als Wirkstoff führen zu einer Verengung der Blutgefässe, was die Schleimhautschwellung vermindert. Sie können aber zugleich die Herzfrequenz senken und betäubend wirken, wodurch es zu einer verlangsamten Atmung und einem komaähnlichen Zustand kommen kann. Schon 2006 berichteten Ärzte aus der Heidelberger Kinderklinik über drei Neugeborene, die nach Dosierungen in der zugelassenen Indikation ins Koma gefallen waren.
In England darf freiverkäufliches Xylometazolin nur bei Kindern ab 6 Jahren eingesetzt werden. In Italien wird vor der Anwendung von Sympathomimetika als Nasentropfen bei Kindern unter 12 Jahren gewarnt. Bedauerlich ist, dass diese Warnung nur in einigen Ländern ausgesprochen wurde.
Aus der Forschung: H.-G. Topf et al., Kinderheilkunde, 2013/6, DOI: 10.1007/s00112-013-2926-3