Totimpfstoff oder Lebendimpfstoff - was ist der Unterschied?
Impfstoffe schützen vor Infektionskrankheiten, indem sie das Immunsystem zur Herstellung von Antikörpern und Vermehrung bestimmter Immunzellen anregen. Für den Aufbau des Impfschutzes gegen verschiedene Infektionskrankheiten stehen unterschiedliche Impfstoffarten zur Verfügung. Man unterscheidet dabei zwischen Totimpfstoffen (inaktivierten Impfstoffen) und abgeschwächten Lebendimpfstoffen. Beide können Geimpfte meist für viele Jahre oder sogar lebenslang schützen. Das wird aber häufig erst erreicht, wenn sie zwei oder dreimal nacheinander im Abstand von Wochen oder sogar Monaten gespritzt wurden.
Lebendimpfstoffe
Lebendimpfstoffe enthalten geringe Mengen vermehrungsfähiger Krankheitserreger, die jedoch im Labor auf speziellen Nährböden oder in Zellkulturen so abgeschwächt wurden, dass sie die Erkrankung selbst nicht auslösen (sog. „attenuierte“ Erreger). Der Impfschutz ist in der Regel sehr wirksam und hält nach der Grundimmunisierung meist ein Leben lang.
In seltenen Fällen können Lebendimpfstoffe bei Patienten mit einem geschwächten Abwehrsystem zu einer leichten "Impfkrankheit" führen, die ähnliche Beschwerden wie die Krankheit selbst hervorruft und nicht ansteckend ist. Doch die Symptome fallen meist sehr schwach aus und dauern nur wenige Tage an. Bei Risikopatienten und Schwangeren ist man deshalb mit Lebendimpfstoffen sehr vorsichtig.
Zu den Lebendimpfstoffen gehören beispielsweise Impfstoffe gegen Masern, Mumps, Röteln und Windpocken.
Totimpfstoffe
Ein Totimpfstoff - oder inaktivierter Impfstoff - ist wie ein Lebendimpfstoff ein sogenanntes Ganzvirus-Vakzin. Der Wirkstoff enthält entweder ganze abgetötete Krankheitserreger oder Bestandteile von ihnen. Anders als beim Lebendimpfstoff werden diese durch die Abtötung inaktiv, können sich nicht mehr vermehren und keine Krankheit mehr verursachen. Das Immunsystem erkennt sie aber dennoch als Fremdkörper und reagiert mit einer körpereigenen Antikörperbildung.
Der Vorteil von Totimpfstoffen: Eine Impfkrankheit und schwerwiegende Nebenwirkungen sind sehr selten. Nachteil: Der Impfschutz lässt nach einer gewissen Zeit nach, so dass eine Auffrischung notwendig wird.
Zu den Totimpfstoffen gehören Impfstoffe gegen Diphtherie, Hepatitis A und B, Hib (Haemophilus influenzae Typ b), Kinderlähmung, Keuchhusten und Tetanus, Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), Pneumokokken- und Meningokokkenerkrankungen. Kombinationsimpfstoffe können mit einer Impfung vor mehreren Erkrankungen gleichzeitig schützen (Sechsfachimpfstoff).
Spezielle Formen der Totimpfstoffe:
Subunit- und Spaltimpfstoffe: Sie enthalten keine ganzen abgetöteten Erreger, sondern nur daraus gewonnene oder gentechnisch hergestellte Biomoleküle. Das gilt für die meisten Grippeimpfstoffe und die Impfstoffe gegen Hepatitis B oder Cholera.
Konjugatimpfstoffe sind Subunitimpfstoffe, bei denen die Erregermoleküle nicht direkt in den Impfstoff eingebracht, sondern zuvor an Proteine gebunden werden, die eine Trägersubstanz darstellen. Diese so genannten Konjugate erzielen eine stärkere Immunreaktion und einen länger anhaltenden Schutz als das Antigen allein. Beispiele sind Impfstoffe gegen Hirnhaut- und Lungenentzündung.
VLP-Impfstoffe enthalten Virus-like Particles. Das bedeutet, dass die Antigene nicht einfach ungeordnet im Impfstoff gelöst sind, sondern sich mit weiteren Molekülen zu kleinen Gebilden zusammengelagert haben, die wie Viren aussehen, aber nicht vermehrungsfähig sind. Beispiele sind die Vakzine gegen humanen Papillomviren (HPV).
Genbasierte Impfstoffe
Bei Lebend- und Totimpfstoffen werden dem Körper die abgeschwächten Erreger oder Erregerantigene mit dem Impfstoff zugeführt. Bei genbasierten Impfstoffen müssen Körperzellen hingegen ein Antigen selbst herstellen, nachdem ihm das entsprechende Gen mit dem Impfstoff appliziert wurde.
mRNA-Impfstoffe enthalten hingegen keine Viren, sondern nur das betreffende Erreger-Gen in Form sogenannter Messenger-RNA (Boten-Ribonukleinsäure). Die mRNA-Impfstoffe gegen Covid-19 enthalten die mRNA der sogenannten Spike-Proteine, die sich auf der Hülle des Coronavirus befinden. Nach der Impfung mit der mRNA, die in eine Fetthülle verpackt ist, lesen die Körperzellen den Bauplan aus und stellen die Spike-Proteine her. Das Immunsystem erkennt diese Proteine als fremd und produziert spezifische Antikörper. Damit ist das Immunsystem im Falle einer Infektion mit dem echten Virus gewappnet und kann sofort die Abwehrreaktion starten.
Für Vektor-Impfstoffe wird im Labor eine genetische Sequenz des betreffenden Erregers (z.B. der Coronaviren) harmlosen, nicht krankmachenden Trägerviren mitgegeben. Die befallene Zelle produziert das Erregerantigen, was zur Immunreaktion beim Geimpften führt. Das Erbgut der befallenen Zellen wird dabei nicht verändert. Vektorviren-Impfstoffe werden gegen Dengue-Fieber, Ebola und Covid-19 eingesetzt.