Achtung, schweizerisch!

Schwangerschaftskolumne Woche 12
©
mama.kritzelei

Kugelbauch-Kolumne Woche 12


Ich bin tatsächlich immer wieder in der Lage, mir selbst einen Schrecken einzujagen. Es sind meine eigenen Gedanken, die mich teilweise wirklich erschrecken. Beispielsweise heute früh:

Meine Mailbox meldet, eine neue E-Mail empfangen zu haben. Yay, Schwangerschafts-Newsletter von swissmom erhalten! Doppel-Yay, ich scheine nun endlich in der zwölften Schwangerschaftswoche angelangt zu sein.

Und Achtung! Nun folgt eben dieser erschreckende Gedankengang: „Ich muss es sofort meinem Chef sagen!“.

Meine Güte!

Da gibt es so viele gute Freunde, welchen ich schon so lange so gerne vom kleinen „Muffin" in meinem Bauch erzählen möchte. Da gibt es Verwandte, die mich seit meinen Kindertagen lieb haben und noch nichts von unserem Glück wissen. Da steht nun endlich diese lang ersehnte zwölfte Schwangerschaftswoche vor der Tür und mein erster Gedanke ist, dass ich meinem Chef sofort von meiner Schwangerschaft erzählen muss.

Natürlich wäre dieser Gedanke weniger erschreckend, wenn mein Chef und ich dicke Freunde wären. Sind wir aber nicht. Keinesfalls. Nein, es ist die Schweizerin in mir, die sich zuerst um unsere Wirtschaft sorgt, bevor sie mit einer frohen Nachricht und einer Hand voll Konfetti um sich wirft.

Denn es sind doch auch wir Schweizerinnen und Schweizer, die einer frischgebackenen Familie keine einzige Woche Vaterschaftsurlaub geben können, weil die Wirtschaft zu stark darunter leiden würde. Es ist doch unser Land, in dem man lieber überarbeitete Papas als gesunde Familien hat. Also muss ich Schweizerin meinen Chef doch umgehend davor warnen, dass ich allenfalls in einigen Monaten keine Nachtschichten mehr schieben, danach Mutterschaftsurlaub beziehen und danach allenfalls nur noch Teilzeit arbeiten werde. Ansonsten sieht die Schweizerin in mir die Existenz ihres Arbeitgebers - wenn nicht gar die Wirtschaft ihres Landes - schnurstracks den Bach runter gehen.

Sarkasmus Ende!

Ganz ehrlich, das ist doch erschreckend! Kaum weiss ich mit Sicherheit, dass ich schwanger bin, brauche ich bereits das „Geschäftliche“ zu regeln.

Und als würde mir mein eigenes Gedankengut nicht schon genug auf den Sack gehen, meint der geehrte Herr Chef als Reaktion auf meine Schwangerschaft, dann auch noch: „Ah, das ist kein Problem! Lässt sich mit der Jahresplanung vereinbaren!“.

Danke, gnädiger Herr! Danke!

Die Kolumnistin

Schwangerschaftskolumne_Portrait_Giulietta

Giulietta Martin ist Hebamme, Mama von drei kleinen Kindern und lebt im Berner Oberland. Unter mama.kritzelei veröffentlicht sie auf Instagram regelmässig humorvolle Szenen aus dem Familienalltag.

Letzte Aktualisierung: 11.06.2021, GM